Bergkarabach: UN-Mission stellt "keine Schäden" fest

    Zivile Infrastruktur:UN-Mission: "Keine Schäden" in Bergkarabach

    |

    Eine UN-Mission hat zivile Einrichtungen in Stepanakert begutachtet und dabei keine Schäden festgestellt. Es gibt jedoch auch Kritik an der Qualität des UN-Berichts.

    Die erste UN-Mission in Bergkarabach seit drei Jahrzehnten hat eigenen Angaben zufolge keine Anzeichen von Zerstörung in der mittlerweile von fast allen Armeniern verlassenen Kaukasusregion festgestellt.
    In den "besuchten Teilen" der Gebietshauptstadt Stepanakert habe das UN-Team "keine Schäden an öffentlicher ziviler Infrastruktur" einschließlich Krankenhäusern, Schulen und Wohnungen gesehen, sagte der Sprecher von UN-Generalsekretär António Guterres, Stéphane Dujarric, am Montag.

    UN: Keine Information über Gewalt gegen Zivilbevölkerung

    Die UN-Mitarbeiter seien "betroffen" gewesen von der "überstürzten Flucht" der mehrheitlich armenischen Bewohner und von dem "Leid, das ihnen diese Erfahrung bereitet" habe, sagte der UN-Sprecher. Allerdings habe das UN-Team "weder von der Bevölkerung noch von anderen Informationen über Gewalt gegen Zivilisten nach dem letzten Waffenstillstand" erhalten. Die Mission habe zudem die Notwendigkeit unterstrichen, "das Vertrauen wiederherzustellen".
    Auch an der kulturellen und religiösen Infrastruktur seien keine Schäden festgestellt worden. "Allerdings schienen keine Geschäfte geöffnet zu haben", fügte der UN-Sprecher hinzu. Auch hätten die UN-Mitarbeiter weder zerstörte landwirtschaftliche Infrastruktur noch tote Tiere gesehen.
    Karte: Armenien - Aserbaidschan - Bergkarabach
    Bergkarabach ist eine Region in Aserbaidschan, dem Nachbarland Armeniens.
    Quelle: ZDF

    ZDF-Korrespondentin: UN-Bericht "nur Ausschnitt der Wahrheit"

    Die UN-Mission sieht sich aber auch Vorwürfen ausgesetzt, kein vollständiges Bild der Lage zu liefern. ZDF-Korrespondentin Nina Niebergall ist aktuell vor Ort in Armenien und berichtet:

    Die Beobachter durften erst dann nach Bergkarabach als praktisch alle Armenier*innen schon geflohen waren. Sie waren einen Tag dort und es handelt sich um UN-Mitarbeitende aus Baku.

    ZDF-Korrespondentin Nina Niebergall

    Schäden an Wohnhäusern und kulturellen Orten seien in den sozialen Medien dokumentiert, sagt Niebergall. "Es ist schwer, sich einen Eindruck von der Lage vor Ort zu machen, weil internationale Journalist*innen keinen freien Zugang nach Bergkarabach bekommen. Aber dieser UN-Bericht kann, nach allem was wir wissen, nur ein Ausschnitt der Wahrheit sein."
    Bergkarabach: "Massenflucht"
    "Die größte Mehrheit hat die Flucht ergriffen", berichtet ZDF-Reporter Sebastian Ehm.02.10.2023 | 3:26 min

    Mission zur Einschätzung des humanitären Bedarfs

    Nach UN-Angaben beteiligten sich an der eintägigen Mission Vertreter mehrerer UN-Organisationen. Der aserbaidschanischen Regierung zufolge sollten sie vor allem den humanitären Bedarf vor Ort einschätzen.
    Aserbaidschan hatte am 19. September eine groß angelegte Militäroffensive in der Kaukasusregion gestartet. Die pro-armenischen Kräfte mussten nach ihrer Kapitulation bereits einen Tag später die Auflösung ihrer selbst ernannten Republik Bergkarabach akzeptieren.

    Fast alle Armenier aus Bergkarabach geflüchtet

    Bergkarabach gehört völkerrechtlich zu Aserbaidschan, es lebten dort bisher aber überwiegend ethnische Armenier. Nach der aserbaidschanischen Militäroffensive sind fast alle der vormals rund 120.000 armenischen Bewohner der Region ins Nachbarland Armenien geflüchtet.
    Armenien wirft dem autoritär geführten Aserbaidschan eine "ethnische Säuberung" vor. Baku weist die Anschuldigungen nachdrücklich zurück und sicherte bleibewilligen Armeniern "Reintegration" zu.

    Flucht aus Bergkarabach
    :Ende eines Staats, den es nie geben durfte

    International war Bergkarabach nie anerkannt. Nach dem Massenexodus soll es offiziell aufhören, zu existieren. Was das bedeutet und welche Rolle Russland dabei spielt.
    von Nina Niebergall
    Armenien: Kinder auf einem LKW in Goris.
    Analyse
    Quelle: AFP, Reuters, dpa

    Mehr zum Konflikt in Bergkarabach