AfD streitet über Israel-Unterstützung nach Hamas-Terror

    Terrorangriff der Hamas:AfD streitet über Israel-Unterstützung

    David Gebhard
    von David Gebhard
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    Durch die AfD geht ein tiefer Riss bei der Frage, wie Israel auf den Hamas-Terror reagieren sollte. Manch einer vermutet gar, die USA hätten den Impuls für die Anschläge gegeben.

    Tino Chrupalla
    Die AfD streitet über den Umgang mit Israel. Mittendrin: Parteichef Tino Chrupalla (Archivbild).
    Quelle: dpa

    Der Höhenflug der AfD hat viele Gründe. Als ein Hauptgrund wird parteiintern die neue Geschlossenheit ausgemacht. Anders als in früheren Phasen der Parteigeschichte wird öffentlich seit Monaten kaum noch gestritten.
    Das ist seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel vergangenen Samstag, bei dem mehr als 1.300 israelische Zivilisten und Soldaten brutal getötet wurden, vorbei. Die Parteispitze versucht am Polit-Marketing der AfD als "Friedenspartei" festzuhalten, das sie seit dem russischen Angriff auf die Ukraine für sich entdeckt (und dabei gerne auch Argumentationsmuster aus dem Kreml übernommen) hat.
    Doch seit dem Angriff der Hamas-Terroristen auf Israel geht ein tiefer Riss durch die AfD: Kann man weiter als "Friedenspartei" auftreten, während die Videos brutal getöteter jüdischer Frauen und Kinder in den sozialen Netzwerken tausendfach geteilt werden?

    Gauland: Angriff galt auch uns

    Der AfD-Ehrenvorsitzende Alexander Gauland stellte sich im Bundestag an die Seite Israels: "Der Angriff galt nicht nur dem jüdischen Staat, er galt auch uns. Israel, das ist der Westen in einer Umgebung, die den Westen ablehnt und bekämpft. Wenn wir uns an die Seite Israels stellen, verteidigen wir auch unsere Art zu leben (…)."
    Der aktuelle AfD-Chef Tino Chrupalla dagegen setzte auf X (früher Twitter) einen anderen Ton: "Der Angriff der Hamas auf Israel ist zu verurteilen. Ich trauere um alle Kriegstote. Jetzt müssen die Staaten der Region auf Deeskalation setzten, um einen Flächenbrand abzuwenden. Diplomatie ist das Gebot der Stunde." Das Ziel müsse eine tragfähige Lösung für alle Seiten sein.

    Kritik an Parteichef Chrupalla

    "Was ist das für ein sinnbefreiter, dummer Tweet", schreibt dazu Georg Pazderski, Oberst a. D., Ex-Fraktionschef der AfD im Berliner Abgeordnetenhaus. "Die über 1.200 bestialisch ermordeten israelischen Kinder, Frauen und Männer sind keine Kriegstoten, sie sind Mordopfer der Schlächter der Hamas."
    Auch die kleine Vereinigung "Juden in der AfD" zeigt sich entsetzt über den eigenen Vorsitzenden: "Sind die massakrierten jüdischen Kleinkinder Kriegstote? Trauert er auch um die gefallenen Mörder der Kleinkinder? Und wie sieht Diplomatie mit islamischen Terroristen aus?"
    Angriff auf Israel (Karte Israel, Gazastreifen etc.)

    ZDFheute Infografik

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    Der AfD-Bundestagsabgeordnete Norbert Kleinwächter richtet sich gar direkt an seinen Parteichef: "Als du in die AfD eingetreten bist, war diese noch gegen islamistischen Terror. Den unterbindet und vernichtet man." Die Betonung liegt offensichtlich auf dem Wort "war".
    Doch Chrupalla erhält auch Unterstützung aus der AfD. Der Kandidat für die Europawahl, Siegbert Droese, der schon für die AfD im Bundestag saß (und einst mit einem Foto an Hitlers Wolfsschanze mit Hand auf dem Herzen Schlagzeilen machte) fordert, dass die deutschen "Schreihälse, die nun die volle Härte im Gaza-Konflikt verlangen, mal anfangen nachzudenken und ab sofort leiser plärren." Er fürchtet weitere Gaza-Flüchtlinge auch in Deutschland.

    Offener Streit zwischen den AfD-Verteidigungspolitikern

    Auch Hannes Gnauck, der für die AfD im Verteidigungsausschuss des Bundestags sitzt, springt Chrupalla bei: "Jetzt muss es darum gehen, dass weiteres Sterben ein Ende hat, auch wenn emotionale Reaktionen verständlich sind. Am Ende muss die Diplomatie siegen!"
    "Noch sind nicht alle Kinder-Leichen in Israel geborgen, da sprießen in Deutschland die 'Diplomaten’ (…) und Beide-Seiten-Versteher wie Knollenblätterpilze aus dem Boden. Alles bekannt. Alles feige. Alles falsch", kritisiert dagegen der verteidigungspolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, Rüdiger Lucassen. "Auf einen Angriff antwortet man nicht mit Diplomatie." Er wünscht den israelischen Streitkräften bei der Suche nach Hamas-Führern: "gute Jagd und fette Beute". Deutlicher kann man sich vom eigenen Parteichef und dessen Unterstützern kaum absetzen.
    "Hände weg von Chrupalla" fordert währenddessen der AfD-Bundestagsabgeordnete Jürgen Pohl in einem Online-Artikel für das extrem rechte Magazin "Info-Direkt": "Politik mit Verstand statt mit Schaum vor dem Mund. Wem der Erfolgskurs der Partei nicht passt, steht es frei, sie zu verlassen: Transatlantische Parteien und Konflikteinheizer gibt es ja genug."
    14. AfD Parteitag 2023 in Magdeburg
    Bericht vom Parteitag der AfD in Magdeburg29.07.2023 | 16:50 min

    USA wird Beteiligung am Hamas-Terror unterstellt

    "Transatlantisch" gilt in der AfD vielen mittlerweile als Schimpfwort, Antiamerikanismus als schick. Die USA sind Israels engster Verbündeter. Trotzdem: Für manche in der AfD stehen ausgerechnet die Amerikaner im Verdacht, am Mord an jüdischen Frauen und Kindern durch die Hamas irgendwie im Hintergrund beteiligt zu sein.
    Der stellvertretende AfD-Landes- und Fraktionschef in Sachsen-Anhalt, Hans-Thomas Tillschneider, sagt in einem Interview mit dem rechten Magazin "Freilich": "Beweisbar ist so etwas natürlich nicht, aber wenn ich über die Hintergründe der aktuellen Auseinandersetzung spekuliere, über Motive und Möglichkeiten, so würde ich doch die Vermutung wagen, dass die USA über ihre klandestinen Hamas-Kontakte zumindest einen Impuls für den Angriff gegeben haben könnten. Das ist in meinen Augen die wahrscheinlichste Erklärung."
    Die USA als Impulsgeber für die Hamas-Morde - dafür gibt es keinerlei belastbare Belege oder Anhaltspunkte. Dennoch: Zu denen, die dem verlinkten Interview auf X ein "Gefällt-mir"-Herz hinterlassen, gehört Maximilian Krah - Mitglied im AfD-Bundesvorstand und Spitzenkandidat der AfD für die Europawahl.

    Weidel-Sprecher: "Weder Verschwörungstheorien noch martialische Kriegsrhetorik helfen"

    Im eskalierenden Streit meldet sich nun auch Alice Weidels Sprecher Daniel Tapp zu Wort. Er mahnt die Partei: "Der furchtbare Krieg ist vollkommen ungeeignet, um ihn für eine innerparteiliche Auseinandersetzung um einen außenpolitischen Kurs zu nutzen. Weder Verschwörungstheorien noch martialische Kriegsrhetorik helfen im Augenblick weiter."
    Die beschworene Einheit der Partei bröckelt - der eskalierende Nahostkonflikt reißt in der AfD alte Gräben wieder auf.
    David Gebhard ist Redakteur bei Frontal.

    Nahost-Konflikt
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    Menschen und Retter tragen den bedeckten Körper eines Gefangenen, der aus den Trümmern eines Hauses gezogen wurde, aufgenommen am 18.11.2024
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