Individual-Asylrecht ändern? Kritik an CDU-Politiker Frei
Vorstoß von CDU-Politiker:Individual-Asylrecht ändern? Kritik an Frei
von Kristina Hofmann
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Das individuelle Grundrecht auf Asyl gehört abgeschafft, fordert CDU-Politiker Thorsten Frei. Es sei "eine Lüge". Kritik kommt prompt. Ministerin Baerbock spricht vom "Sommerloch".
Das europäische Asylrecht? Ein "Konstruktionsfehler". Die deutsche Asylpraxis? Eine "Lüge". Überhaupt ziemlich viel "Heuchelei" beim Thema Migration? Die Kritik von Thorsten Frei, Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, ist drastisch. Er fordert in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", das individuelle Recht auf Asyl abzuschaffen.
Bei Krieg wie in Ukraine hätten andere Pech
Laut Frei gebe es derzeit zwar das individuelle Recht auf Asyl als Grundlage. Es werde aber nicht umgesetzt. Europa tue "alles dafür, dass möglichst wenige dieses Recht in Anspruch nehmen". Gemeint sind die Abkommen mit der Türkei oder Tunesien etwa. Zum einen lasse man sich also mit zweifelhaften Autokraten ein, schreibt Frei.
Zum anderen ist der Antrag auf Asyl an die Bedingung geknüpft, dass er nicht vom Ausland aus, sondern auf europäischen Boden gestellt werden muss.
Damit werde ein "viel zu oft tödlich verlaufender Wettlauf" ausgelöst, bei dem das Recht des Stärkeren gelte, so Frei. Denn nur wer Geld hat und den schweren Weg schafft, gelangt bis nach Europa.
Die meisten jedoch, so Frei, seien nicht Verfolgte, sondern Wirtschaftsflüchtlinge. Und wer es einmal bis nach Europa geschafft habe, könne bleiben.
Für Frei bedeutet das: Für den Antrag muss man nicht erst nach Europa kommen. Den Bezug von Sozialleistungen und Arbeitsmöglichkeit will er ausschließen. Europa solle stattdessen ein Kontingent von 300.000 bis 400.000 Menschen aufnehmen und jeweils entscheiden, aus welchen Ländern sie einreisen dürfen.
Bei Krisen in einem Land, wie etwa in der Ukraine, soll Europa den Zuzug aus anderen Ländern streichen. Damit, glaubt der CDU-Politiker, hätten Europa wieder die Kontrolle über die Migration. Und nebenbei auch "den Rechtspopulisten den Boden entzogen".
Expertin: EU-Asylrecht wird man nicht "einfach los"
Derzeit ist es so: Das individuelle Grundrecht auf Asyl hat seine Wurzeln im Menschen- und Völkerrecht, wie etwa in der Genfer Flüchtlingskonvention, den UN-Menschenrechtsverträgen oder der Europäischen Grundrechtecharta. Die EU-Mitgliedstaaten sind daran gebunden.
Anuscheh Farahat, Professorin für Öffentliches Recht an der Universität Nürnberg-Erlangen, hält Freis Vorschlag deswegen für "populistisch". Denn das individuelle Asylrecht werde man "nicht so einfach los".
Zusätzlich gewähren die einzelnen Staaten ein Grundrecht auf Asyl. In Deutschland steht es im Art 16a des Grundgesetzes. Es sichert jedem politisch Verfolgten zu, dass er Asyl bekommen kann. Die Antragsteller müssen selbst betroffen sein. Das heißt: Sie müssen selbst wegen ihrer Herkunft, politischen Überzeugung oder Religion etwa von ihrem Herkunftsstaat verfolgt werden.
Asyl: Einzige Grundrecht für alle
Es ist das einzige Grundrecht, das auch für Menschen aus dem Ausland gilt. Es schützt die Menschenwürde, die allen Menschen zugestanden wird. Allerdings: Es gilt schon lange nicht mehr ohne Einschränkungen. Diese wurden immer dann beschlossen, wenn die Zahl der Zuwanderungen besonders hoch waren.
1993 wurde eingeführt, dass der Anspruch auf Asyl automatisch verfällt, wer über Europa einreist. Ebenfalls gilt es nicht mehr für diejenigen, die über so genannte sichere Drittstaaten nach Europa kommen. Jüngst kam Georgien dazu.
Derzeit wird in der EU diskutiert, Auffanggrenzen an den EU-Außengrenzen einzurichten, um die Asylverfahren dort abzuwickeln. Eine Einigung aber gibt es bislang nicht. Die Ampel-Koalition hat diese befürwortet. Derzeit kommen allerdings die wenigsten Zugewanderten auf Grundlage des Asylrechts. Deswegen würde, so Rechtswissenschaftlerin Farahat, eine Änderung auch wenig nutzen:
Kritik an Frei von Grünen und Pro Asyl
Freis Vorstoß stößt bei den Grünen auf wenig Resonanz. Außenministerin Annalena Baerbock sagte:
Parteichef Omid Nouripour sagte dem Sender RTL/ntv, ein Grundrecht "einfach wegzugeben" sei "rechtlich hoch zweifelhaft". Es sei statt dessen nötig, die Kommunen bei der Integration und Unterbringung der Geflüchteten besser zu unterstützen. "Die Fragen, wie man hemdsärmelig Probleme löst, sind deutlich wichtiger als Parolen, die am Ende sowieso nicht tragen."
Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl wirft der Union vor, sie übernehme "die Positionen der Rechtsextremen und Europafeinde", so ihr Sprecher Karl Kopp. Denn mit Freis Vorschlägen lege die "Axt" an den internationalen Flüchtlings- und Menschenrechtsschutz.
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