Roth: Aktionsplan gegen Machtmissbrauch in Kulturbranche

    Kulturbranche:Roth: Aktionsplan gegen Machtmissbrauch

    |

    Besonders die Kulturbranche ist anfällig für sexualisierte Übergriffe und Machtmissbrauch. Kulturstaatsministerin Claudia Roth will stärker dagegen vorgehen.

    Kulturstaatsministerin Claudia Roth (l.) und die Antidiskriminierungsbeauftragte Ferda Ataman nehmen an einem Pressegespräch teil.
    Kulturstaatsministerin Claudia Roth (l.) will notfalls Fördergelder an einen Verhaltenskodex knüpfen.
    Quelle: Kay Nietfeld/dpa

    Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) will konsequenter gegen sexuelle Belästigung und Gewalt in Kultur und Medien vorgehen. Dazu soll unter Federführung des Kulturrates mit Branchenvertretern bis zum Frühsommer ein Verhaltenskodex als freiwillige Selbstverpflichtung erarbeitet werden, kündigte Roth jetzt in Berlin an.
    Setzen Unternehmen und Verbände diesen "Code of Conduct" nicht binnen zwei bis drei Jahren um, sollten Arbeitsschutzregeln verbindlich in staatliche Förderverträge etwa für Filmproduktionen geschrieben werden, erklärte Roth weiter. Der geplante Verhaltenskodex solle vor allem einen Diskussionsprozess zum Thema Machtmissbrauch und Sexismus anregen. Er ist Teil eines "Aktionsplans zur Förderung eines Kulturwandels", den Roth am heutigen Dienstag vorstellte.

    Deutsche Unternehmen
    :"Sexismus ist ein unterschätztes Problem"

    Marie-Christine Döscher hat einen ungewöhnlichen Beruf: Ermittlerin in Sexismusvorfällen in Unternehmen. Sprachlos mache sie nichts mehr, erzählt die Ex- Staatsanwältin ZDFheute.
    Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz (Symbolbild)
    Interview

    Ausbau der Angebote der Beratungsstelle "Themis"

    Dazu gehört auch ein Ausbau der Präventionsangebote der vor fünf Jahren gegründeten Beratungsstelle "Themis" gegen sexuelle Belästigung und Gewalt in der Kultur- und Medienbranche. Die vor allem von den Branchenverbänden getragene Beratungsstelle hat nach eigenen Angaben bislang mehr als 2.000 Beratungsgespräche, darunter 845 Erstgespräche mit Betroffenen geführt.

    In Deutschland wurde 2018 die Vertrauensstelle Themis gegründet, die Menschen aus der Theater-, Film- und Musikbranche berät. Themis zufolge wurden seitdem mehr als 2.000 Beratungsgespräche geführt, darunter 845 Erstgespräche.

    In der Hälfte der Fälle handle es sich um verbale, non-verbale oder digitale Belästigung (48 Prozent), bei 37 Prozent um körperliche Belästigung und bei 5 Prozent um schwere körperliche Gewalt. 10 Prozent machten keine Angabe. Allein im letzten und vorletzten Jahr gab es jeweils Berichte über zehn Vergewaltigungen.

    Oft wenden sich Frauen an die Beratungsstelle (etwa 90 Prozent), es seien aber auch Männer. Verursacher seien meist höhergestellte oder vorgesetzte Personen, in der Regel Männer, aber es könnten auch Frauen sein. Viele Fälle stammen den Angaben zufolge aus der Bühnenwelt (46 Prozent) und der Film- und Fernsehbranche (41 Prozent).

    Quelle: dpa

    Weiter sieht der Aktionsplan vor, dass "Themis" online verfügbare Instrumente zur Organisationsentwicklung auch kleineren Unternehmen zur Verfügung stellt. Ziel sei es, "niedrigschwellig einen Wandlungsprozess zugunsten diskriminierungsfreier Arbeitsstrukturen" anzustoßen.

    Ataman: Auch Freischaffende besser schützen

    Die Antidiskriminierungsbeauftragte des Bundes, Ferda Ataman, kündigte an, dass mit der geplanten Reform des Antidiskriminierungsgesetzes auch der Schutz von Freischaffenden geregelt werden soll. Sie plädierte zudem für Schutzklauseln in Honorarverträgen. Der gesetzliche Schutz vor Antidiskriminierung gelte bislang nur für Angestellte.
    Was tun gegen sexuelle Belästigung?
    So wehren Sie sich juristisch gegen sexuelle Belästigung.19.10.2022 | 7:16 min
    Die von "Themis" erfassten Belästigungsformen gehen von verbalen, unangebrachten Äußerungen mit sexuellem Inhalt bis hin zu schweren Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung. Laut Ataman belegen Umfragen der Antidiskriminierungsstelle, dass 46 Prozent der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Kultur- und Medienbranchen in den vergangenen drei Jahren von sexueller Belästigung betroffen waren.
    Bei einem Anruf bei "Themis" melden sich den Angaben zufolge eine Juristin oder eine Psychologin mit Branchenkenntnissen. Auf Wunsch kann auch mit einer männlichen Person gesprochen werden. Sexuelle Belästigung liegt laut "Themis" immer dann vor, wenn das Verhalten einer oder mehrerer Personen unerwünscht, übergriffig und einseitig ist. "Themis" ist benannt nach der griechischen Göttin der Gerechtigkeit und des gesellschaftlichen Zusammenhalts.

    Fall Til Schweiger: Roth fordert Aufklärung von Constantin Film

    Mit Blick auf in den Medien erhobene Vorwürfe gegen den Filmschauspieler und -regisseur Til Schweiger bei der Produktion des Films "Manta Manta - Zwoter Teil" forderte Roth von der Produktionsfirma Constantin Film Aufklärung. Es gehe um eine staatliche Förderung von rund 2,1 Millionen Euro, sagte sie.
    Quelle: epd

    Mehr zu #MeToo