Warum die AfD gerade so erfolgreich ist - eine Analyse
Heizung, Inflation, Flüchtlinge:Warum die AfD gerade so erfolgreich ist
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Die AfD erreicht im Politbarometer einen neuen Höchstwert. "Frust, Protest und Gleichgültigkeit" - all das seien Gründe, warum die Partei besonders im Osten gerade erfolgreich ist.
"Die Schnauze voll": Ein Grund für den Erfolg der AfD?
Quelle: dpa
Wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre, würde die AfD drittstärkste Partei werden, zeigt das aktuelle ZDF-Politbarometer. Die AfD kommt in der Umfrage auf ihren bisherigen Höchstwert von 18 Prozent. Gleichzeitig liegt die Partei auch regional vorne: Bei der Landratswahl im südthüringischen Sonneberg hat AfD-Politiker Robert Sesselmann die meisten Stimmen erhalten (46,7 Prozent).
ZDFheute live analysiert die Gründe.16.06.2023 | 32:09 min
Woran das liegen könnte, analysieren Hauptstadtkorrespontentin Nicole Diekmann und Melanie Haack, Leiterin des ZDF-Landesstudios Thüringen bei ZDFheute live.
Ampel-Streit begünstigt AfD-Umfragezahlen
Vor allem der "Riesenstreit innerhalb der Ampel" bringe die Leute zur AfD, meint Nicole Diekmann aus dem ZDF-Hauptstadtstudio und nennt das Stichwort "Heizungsgesetz". Hinzu käme: "Die Oppositionsparteien, wie zum Beispiel die CDU, werden von vielen nicht als Oppositionsparteien wahrgenommen." Zu ihrem eigenen Erstaunen habe die CDU vor Kurzem festgestellt, dass die Partei vielen Vorhaben der Regierung zugestimmt habe, so Diekmann. "Das könnte ein Grund sein, warum die AfD als 'Alternative' oder als Protestpartei wahrgenommen wird".
Ein weiterer Grund für gute Umfragewerte könnte die neu entfachte Debatte rund um Flüchtlinge sein, meint Diekmann. "Die AfD wird ganz klar mit dem Thema Flüchtlinge in Verbindung gebracht." Die neue Debatte "zahlt wieder auf das Konto der AfD ein", sagt Diekmann.
Zudem trage die AfD nicht umsonst Spitznamen wie "Die-immer-dagegen-Partei" oder "Angstmacherpartei", sagt die Hauptstadtkorrespondentin. Die AfD sei immer gegen das, was die anderen Parteien wollen, erklärt sie. Sei es bei der Flüchtlingskrise, beim Klimawandel oder bei den Sanktionen gegen Russland.
AfD-Landratskandidat setzt auf überregionalen Themen
Viele Wähler, gerade in den ländlichen Regionen, würden sich durch die Bundespolitik nicht abgeholt fühlen, erklärt Melanie Haack, Leiterin des ZDF-Landesstudios Thüringen. Der AfD-Politiker Robert Sesselmann hätte auch deshalb bei der Landtagswahl in Sonneberg so gut abgeschnitten, sagt sie.
Bei der Landratswahl im Kreis Sonneberg in Thüringen verfehlte der Kandidat der AfD die nötigen fünfzig Prozent für das Landratsamt nur knapp. Jetzt entscheidet eine Stichwahl.12.06.2023 | 2:34 min
"Es sind überregionale bundespolitische Themen gewesen, mit denen er da um Stimmen geworben hat", erzählt Haack und zählt die Heizungsdebatte, steigende Preise oder Migration auf. Dies seien eigentlich weniger "Themen eines Landrates", doch "diese Themen scheinen offenbar verfangen zu haben".
Ostdeutsche auf dem Land fühlen sich gegängelt
Die Thüringer Studioleiterin sieht den Grund für den AfD-Erfolg in Sonneberg in der Vergangenheit. Wie viele Orte der ehemaligen DDR seien mit der Wende Betriebe weggebrochen, Identitäten geraubt worden, erklärt Haack. "Das tragen die Menschen seit dreißig Jahren in sich." Gibt es genug Verständnis für uns in Ostdeutschland, würden sich dort viele fragen und seien frustriert.
Auch wenn Sonneberg eine strukturstarke Region sei, betont Haack: "Wir sind hier auf dem Land und hier ist generell und traditionell die Unzufriedenheit größer." Eine große Rolle hätte auch die Corona-Pandemie gespielt. "Jetzt werden wir wieder gegängelt", hätten die Menschen der ZDF-Journalistin immer wieder gespiegelt.
Besonders die Heizungsdebatte würde Menschen im ländlichen Raum mit Eigenheimen besonders hart treffen, sagt sie. "Das ist natürlich verbunden mit Verlust und Existenzängsten."
Unzufriedenheit bei der Rente und geringe Wahlbeteiligung
In den neuen Bundesländern seien außerdem die Angleichung der Löhne und geringe Renten ein Thema. Die Ungerechtigkeit der nicht gleichen Löhne und Renten mische sich zu einer "Stimmung aus Frust, Protest und Gleichgültigkeit" zusammen, wodurch weniger Menschen überhaupt wählen würden oder eben mit ihrem Kreuz protestieren wollten, glaubt Haack. "Die Wahlbeteiligung in der ersten Wahl am letzten Sonntag lag bei knapp unter 50 Prozent."
Wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre, würde die AfD drittstärkste Partei werden - noch vor den Grünen und der FDP. Das zeigt das aktuelle ZDF-Politbarometer.