WHO rät ab: Warum Süßstoff nicht beim Abnehmen hilft
WHO rät ab:Warum Süßstoff nicht beim Abnehmen hilft
von Laura Roban
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Die Weltgesundheitsorganisation rät davon ab, zur Gewichtskontrolle auf zuckerfreie Süßstoffe zu setzen. Experten erklären, was das Problem mit Süßstoffen ist.
Süßstoffe (Symbolbild)
Quelle: Imago
Rund zwei Drittel der Männer und die Hälfte der Frauen in Deutschland sind übergewichtig, ein Viertel der Erwachsenen stark übergewichtig. So schätzt es die Deutsche Diabetes Gesellschaft ein. Als ersten Schritt zur Gewichtsabnahme weniger Zucker zu konsumieren, fällt vielen schwer. Kann es helfen, Zucker gegen Süßstoff einzutauschen? Über diesen scheinbaren Kompromiss wird schon lange gestritten.
Der WHO zufolge deuten Studien darauf hin, dass solche Ersatzmittel keinen langfristigen Nutzen für die Verringerung des Körpergewichts haben. Die Ergebnisse ihrer Überprüfung zeigten auch, dass der dauerhafte Konsum potentiell unerwünschte Auswirkungen haben könne, wie ein erhöhtes Risiko für etwa Diabetes Typ 2 und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Zu zuckerfreien Süßstoffen zählt die WHO alle synthetischen und natürlichen Süßstoffe.
Um gesünder zu leben, solle man insgesamt die Süße in der Ernährung reduzieren. Schon junge Menschen sollten sich daran gewöhnen, weniger süß zu essen, sagte der WHO-Direktor für Ernährung und Lebensmittelsicherheit, Francesco Branca. Zucker durch Süßstoffe zu ersetzen, helfe auf lange Sicht nicht bei der Gewichtskontrolle.
Wie wirken Süßstoffe im Körper?
Sogenannte nicht-nutritive Süßstoffe würden als Alternative zu kalorienhaltigen Süßstoffen verwendet, erklärt Manuel Magistro, Facharzt für Innere- und Allgemeinmedizin sowie Vorstandsmitglied im Hausärzteverband Baden-Württemberg gegenüber ZDFheute. Sie sollen das Verlangen nach Süßigkeiten stillen und gleichzeitig die Kalorienzufuhr verringern.
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Dabei lieferten sie keine Energie und würden insulinunabhängig verstoffwechselt - der Körper schüttet also nach dem Verzehr kein Insulin aus. Sie verursachten kein Karies, so Magistro weiter.
Neuere wissenschaftliche Arbeiten zeigten laut Magistro jedoch, "dass Süßstoffe wohl in erheblichem Maße die Glukosetoleranz, also die Fähigkeit, den Blutzuckerspiegel zu regulieren, stören und somit eher ein Risiko für die Entwicklung von Übergewicht und Diabetes mellitus Typ 2 zu sein scheinen".
Immer mehr Menschen leiden an Diabetes. Um gefährliche Komplikationen zu vermeiden, sollte die Krankheit rechtzeitig erkannt und behandelt werden.
von Gunnar Fischer
FAQ
Umstritten: Machen Süßstoffe hungrig?
Der Süßstoff-Verband führt es auf seinem Internetauftritt als ersten Punkt häufiger Irrtümer auf: Süßstoffe machten hungrig. Er erklärt, sie machten weder satt noch hungrig.
Prof. Johannes Wechsler, Präsident des Bundesverbandes Deutscher Ernährungsmediziner, spricht Süßstoffen im Gespräch mit ZDFheute eine "neurogene Wirkung" zu. Sie wirkten als Süßstoff im Gehirn und das Gehirn verlange dann nach mehr Kohlenhydraten. "Das ist wie wenn Sie einen Löffel Zucker essen, dann brauchen sie noch zwei, drei weitere".
Süßstoff führe also letztlich dazu, dass wir noch mehr Süßes essen wollten. Wenn dann kein Süßstoff da sei, greifen wir wieder zum Zucker. "Insofern ist der Kreislauf in sich schlüssig, dass Süßstoffe zu mehr Übergewicht, zu mehr Diabetes führen. Also ganz das Gegenteil bewirken von dem, was wir möchten", sagt Wechsler.
Wie viel Zucker steckt in verarbeiteten Produkten?28.04.2023 | 7:02 min
Eine appetitsteigernde Wirkung wird vermutet - eindeutig nachweisen lassen konnte sie sich jedoch nicht, so Magistro. Die Frage, ob Süßstoffe hungrig machen, bleibt umstritten.
Süßstoffe: Kompletter Verzicht sinnvoll?
Der Facharzt für Innere- und Allgemeinmedizin Magistro sagt, dass er nach Sichtung der aktuellen Studienlage aktuell keinen sinnvollen Einsatz für die Verwendung von Süßstoffen sehe. Er empfehle seinen übergewichtigen, adipösen wie auch Patienten mit Diabetes Typ 2, auf Süßstoffe jeglicher Art zu verzichten.
Entwicklung und Prognose der Diabetes-Erkrankungen in Deutschland (in 1.000)
ZDFheute Infografik
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Die WHO schreibt für ihre Empfehlungen ausdrücklich, dass sie sich nicht an Patienten mit Diabetes-Erkrankung richten.
Wieviel Zucker ist zuviel?
In einem 2018 veröffentlichten Konsensuspapier geben die Deutsche Adipositas-Gesellschaft, die Deutsche Diabetes Gesellschaft und die Deutsche Gesellschaft für Ernährung zusammen eine quantitative Empfehlung zur Zuckerzufuhr in Deutschland ab. Sie schließen sich daran einer Empfehlung der WHO aus dem Jahr 2015 an und sprechen sich für eine maximale Zufuhr freier Zucker von weniger als 10 Prozent der Gesamtenergiezufuhr aus.
Darauf muss bei verstecktem Zucker in Babynahrung geachtet werden.28.04.2023 | 4:24 min
Bei einer geschätzten Gesamtenergiezufuhr von 2.000 Kilokalorien pro Tag entspreche diese Empfehlung einer maximalen Zufuhr von 50 Gramm freien Zuckern, so die Gesellschaften. Freie Zucker umfassten dabei Einfach- und Zweifachzucker, die Hersteller oder Verbraucher Lebensmitteln zusetzen - aber auch in Honig, Sirupen, Fruchtsaftkonzentraten natürlich vorkämen.
Eine hohe und häufige Zuckerzufuhr stehe unter anderem im Zusammenhang mit Übergewicht beziehungsweise Adipositas. Sie erhöhe außerdem Risiken für zahlreiche mit Übergewicht assoziierten Erkrankungen wie Diabetes mellitus Typ 2 und kardiovaskulären Erkrankungen - und der Entstehung von Karies.