Alemannenschule - Wie Schule in Zukunft aussehen kann

    Schule der Zukunft:Die Alemannenschule - eine gelebte Utopie

    von Juliane Tutein und Grit Cross
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    Wie erschaffen wir eine Schule von morgen? Stefan Ruppaner hatte eine Vision vom modernen Lernen. Trotz vieler Hindernisse hat er sie Stück für Stück umgesetzt.

     Refiye Ellek (l.) und Antonia Lilly Schanze (r.) gehen der Frage auf den Grund "Wer wappnet unsere Kinder für die Zukunft?"
    Viele Kinder können nach dem Ende der Grundschule nicht richtig lesen, rechnen oder schreiben. Unser Schulsystem braucht dringend eine Verjüngungskur. Dann könnte Lernen wieder Spaß machen.07.12.2023 | 29:45 min
    "Das Schulsystem, wie es im Moment ist, ist angelegt, um das Lernen zu verhindern", meint Stefan Ruppaner. Der Schulleiter der Alemannenschule in Wutöschingen in Baden-Württemberg ist davon überzeugt, dass Lernen auch ganz anders möglich ist, selbst im staatlichen Bildungssystem.
    Als seine Schule im Jahr 2009 kurz vor der Schließung steht, sieht er darin die Chance, seine Vision in die Tat umzusetzen. Inspiriert von einer Dokumentation über Schulen mit alternativen Ansätzen, wagt er die Flucht nach vorne und beginnt, die Wände in seiner Schule buchstäblich und metaphorisch einzureißen.
    Viele Schulen in Deutschland sind in schlechtem Zustand

    Lernen wie im Wohnzimmer

    Ein erster wichtiger Baustein für gutes Lernen ist für Stefan Ruppaner die Schulumgebung.

    Der Raum ist der dritte Pädagoge.

    Stefan Ruppaner

    Deshalb sieht die Alemannenschule heute an vielen Stellen eher wie ein gemütliches Wohnzimmer aus als wie eine Schule im klassischen Sinne.
    Ein älterer Mann steht in einem offenen, hellen Raum un erklärt einer Gruppe Kinder etwas.
    Schulleiter Stefan Ruppaner mit Schülern im offen gestalteten Schulgebäude
    Quelle: Martin Sündermann

    Statt Klassenräumen gibt es Inputräume oder Lernateliers. Es kann entspannt auf dem Sofa gelernt oder an gemeinsamen Projekten auf dem Marktplatz gearbeitet werden. Jeder Schüler und jede Lehrkraft hat einen eigenen Schreibtisch.

    Das Lernen läuft digital

    Doch das Besondere an dieser Schule ist die Einbindung digitaler Geräte wie Smartboards und Tablets und das selbstgesteuerte Lernen bis hin zum Abitur.

    Jeder hat ein iPad. Keiner hat mehr einen Schulranzen mit irgendwelchen Büchern drin, weil alles digital erreichbar ist.

    Stefan Ruppaner

    Die Schule arbeite mit einer digitalen Lernplattform, erklärt Ruppaner, auf der sämtliche Materialien für Deutsch, Mathe, Englisch, aber auch den Heimat-Club oder den Bienen-Club hinterlegt seien.

    Lehrer fungieren als Lernbegleiter und Coaches

    Die Schülerschaft kann weitestgehend selbst entscheiden, wie, wo und womit sie lernt. Aus Lehrern sind Lernbegleiter und Coaches geworden, die die Schüler, die Lernpartner, beim eigenständigen Lernen anleiten und unterstützen. Der Unterricht findet als 20-minütiger Input statt, weil das der natürlichen Aufmerksamkeitsspanne entspricht.
    Tests und Klassenarbeiten gibt es keine. Stattdessen werden die Lernfortschritte mit Gelingensnachweisen bewertet, die lediglich als Mindest-, Fortgeschrittenen- oder Expertenstandard eingestuft werden.

    ... bei der Nutzung digitaler Medien innerhalb und außerhalb der Schule. Das ist das Ergebnis einer Umfrage an europäischen Schulen aus dem vergangenen Jahr. Nur 23 Prozent der Schüler nutzen digitale Medien in der Schule, aber 92 Prozent bei außerschulischen Aktivitäten. 

    Die Studie zeigt außerdem, dass sich Deutschlands Schüler zwischen 14 und 19 Jahren mehr Ausbildung zum korrekten Verhalten im Internet und in sozialen Netzwerken wünschen und mehr über die Erstellung und Veröffentlichung von digitalen Inhalten und rechtliche Themen lernen möchten. Schulleiter in ganz Europa betonten, dass Lehrkräfte darin bestärkt werden müssen, digitales Fachwissen weiterzugeben und die IT-Infrastruktur in allen Schulfächern zu nutzen.

    Quelle: Fujitsu Studie 2022

    Alemannenschule erhielt 2019 den Deutschen Schulpreis

    Lange musste Stefan Ruppaner für seine Vision kämpfen. Sogar mit seiner Entlassung wurde gedroht. Zehn Jahre später waren seine Ideen Realität. Und das Schulkonzept ist so erfolgreich, dass es 2019 mit dem Deutschen Schulpreis ausgezeichnet wurde.

    Auch Erlebnispädagogik im Einsatz

    Durch den Einsatz von Smartgeräten wird die Medienkompetenz gestärkt und der spielerische Umgang mit neuen Technologien gelehrt, ohne das Erfahrungslernen dabei zu vernachlässigen. Dafür gibt es nachmittags Clubangebote wie zum Beispiel Filme drehen, Heimat erkunden oder Imkern. Durch solche Erlebnisse wird der Spaß am Lernen gefördert.
    Ein Mann im Imkeranzug zeigt zwei Schülerinnnen eine Wabe mit Bienen.
    Stefan Ruppaner bringt den Kindern der Alemannenschule in Wutöschingen das Imkern bei
    Quelle: Martin Sündermann

    Sehr gute Lernergebnisse

    Mittlerweile besuchen mehr als 800 Kinder von der ersten Klasse bis zur 13. Klasse die Alemannenschule. Letztes Jahr absolvierte der erste Jahrgang das Abitur mit einem Notendurchschnitt von 1,7 und war damit besser als der Schnitt der allgemeinbildenden Gymnasien in Baden-Württemberg, der bei 2,17 lag.
    Blick in ein Klassenzimmer.
    Unterrichtsausfall, gekürzte Stundenpläne, größere Lerngruppen. Experten schätzen: In Deutschland fehlen Zehntausende Pädagogen. Es herrscht Lehrermangel ohne Aussicht auf Besserung.18.05.2023 | 28:36 min

    Alemannenschule als Inspiration für Pädagogen

    Aus einer Schule, die kurz vor der Schließung stand, ist eine Inspiration für Pädagogen aus aller Welt geworden. Die Alemannenschule kann mittlerweile nicht mehr alle Kinder aufnehmen, die gerne dort lernen möchten.
    Stefan Ruppaner hat bewiesen, dass eine Schule der Zukunft möglich ist, wenn sie sich den neuen Herausforderungen anpasst und das digitale Lernen selbstverständlich in den Schulalltag integriert, so dass alle Freude am Lernen haben.

    Abiturnoten-Statistik
    :Wie gerecht sind Schulnoten?

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