Mohammad Rasoulof: Aus dem Iran auf Cannes roten Teppich
Mit Spezialpreis gewürdigt:Rasoulof: In Iran verfolgt, in Cannes ein Star
von Teresa Corceiro
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Der in Iran zu Gefängnis und Auspeitschungen verurteilte Regisseur Mohammad Rasoulof erhält den Sonderpreis der Jury in Cannes. Kurz vor Beginn des Festivals gelang ihm die Flucht.
Bei der Premiere des Films "The Seed of the Sacred Fig" in Cannes lief Mohammad Rasoulof über den roten Teppich - mit dabei auch seine Tochter, sichtlich beglückt. Der iranische Regisseur hat viel riskiert für seinen Film und einen hohen Preis gezahlt.
Mohammad Rasoulofs Kampf gegen das Regime
Rasoulof saß in Iran bereits zwischen 2022 und 2023 für ein Jahr im Gefängnis, wurde unzählige Male verhört und drangsaliert. Seine Filme entstanden unter abenteuerlichen Bedingungen und fanden dennoch immer wieder den Weg auf internationale Festivals und gewannen Preise.
Schauspielerin Baran Rasoulof nahm bei der Berlinale im Jahr 2020 stellvertretend für ihren Vater, den regimekritischen iranischen Regisseur Mohammad Rasoulof, den goldenen Bären entgegen.
Quelle: AP
Im Jahr 2020 bekam er für seinen Film "There is no Evil" den goldenen Bären der Berlinale. Entgegennehmen durfte er ihn nicht, seine Tochter reckte den Bären damals trotzig in die Luft.
"The Seed of the Sacred Fig": Das Regime im Iran reagiert
Auf die Ankündigung aus Frankreich, "The Seed of the Sacred Fig" in den Wettbewerb aufzunehmen, reagierte Irans Regime nervös und mit Härte. Schauspieler aus Rasoulofs Cannes-Film wurden mehrfach vorgeladen, verhört, unter Druck gesetzt. Gegen den Regisseur lief ein Gerichtsverfahren - der Grund: sein Berlinale-Siegerfilm über die Todesstrafe.
Quelle: Reuters
... ist ein iranischer Regisseur. Der 52-Jährige geht in seinen Filmen schon lange kritisch mit dem Regime im Iran ins Gericht. Seine Filme handeln von Korruption, von der Todesstrafe oder, wie sein neuster „The Seed of the Sacred Fig“ von den willfährigen Helfern eines Unrechtsregimes in Agonie. Im Jahr 2020 wurde sein Film „There is no Evil“ mit dem goldenen Bären der Berlinale ausgezeichnet.
Am 8. Mai gaben die iranischen Justizbehörden das Urteil bekannt: Acht Jahre Gefängnis und zusätzliche Auspeitschungen. Sein Besitz sollte beschlagnahmt werden. Seinen Reisepass hatten die Behörden längst eingezogen.
Riskante Flucht nach Deutschland
Wie erst später bekannt wurde, war Rasoulof zu diesem Zeitpunkt bereits auf dem Weg nach Deutschland. Aber wie durchquert man halb Europa, wenn man keinen Pass mehr hat?
Der Filmemacher war sechs Wochen unterwegs, verrät sein deutscher Produzent Mani Tilgner. Über die genaue Route und die Umstände seiner Flucht möchte er keine Details verraten.
Auf Instagram und X postete Rasoulof ein kurzes Video. Zu sehen sind eine Hütte, im Hintergrund verschneite Berge. Aus dem "off" sind die Atemgeräusche eines erschöpften Menschen zu hören - es ist Rasoulofs Atem.
Der iranische Regisseur Rasoulof, der zu einer Haftstrafe verurteil wurde, konnte aus dem Iran fliehen. Sein Ziel: Cannes, um seinen neuen Film auf den Festspielen zu präsentieren.15.05.2024 | 2:05 min
Schauspieler durften Iran nicht verlassen
Die Schauspieler, die die Hauptrollen in "The Seed of the Sacred Fig" spielen, konnten nicht aus Iran ausreisen. Rasoulof und sein Team halten ihre Fotos in die Kameras der Fotografen in Cannes.
Im Saal gab es nach der Premiere einen zwölfminütigen, tosenden Applaus, länger als bei allen anderen Wettbewerbsfilmen. Rasoulofs kluges und berührendes Familiendrama galt damit als Topfavorit in Cannes. Der Film ist am Samstagabend letztlich mit einem Spezialpreis der Jury ausgezeichnet worden.
Der Protest der Frauen in Iran als Inspiration
Der Film entstand unter dem Eindruck der massiven Proteste in Iran nach dem Tod von Jina Mahsa Amini im Jahr 2022.
Der Film verdichtet die Erschütterungen im Iran auf eine kleine Familie: ein Ehepaar und seine beiden heranwachsenden Töchter. Vier Menschen, die im Schatten der Proteste alles zu verlieren drohen, was sie als Familie ausmachte.
Ebenfalls Thema beim diesjährigen Cannes Film Festival ist die "Me Too"-Debatte. Mit "Moi aussi" bringt die französische Schauspielerin Judith Godrèche Tausende Betroffene sexueller Gewalt auf die Leinwand. Ein Kurzfilm, der bewegt.21.05.2024 | 2:20 min
Vater Iman hat im System Karriere gemacht und wird zum Untersuchungsrichter befördert. Als die Proteste gegen das Regime zunehmen, sollen Frau und Töchter das Haus nicht mehr verlassen. Während der Vater immer mehr zum willfährigen Vollstrecker von Unrechtsurteilen wird, haben seine jungen Töchter Sympathien für die Protestierenden.
Teresa Corceiro ist Redakteurin in der 3sat-"Kulturzeit"-Redaktion.