Frankreich: Abbé Pierre soll Frauen sexuell belästigt haben

    Bekannter Priester in Frankreich:Frauen werfen Abbé Pierre sexuelle Gewalt vor

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    Abbé Pierre, einer der bekanntesten und beliebtesten Priester Frankreichs, soll Frauen sexuell bedrängt haben. Sieben Betroffene sind damit nun an die Öffentlichkeit gegangen.

    Abbé Pierre
    Abbé Pierre: Schwere Vorwürfe gegen den 2007 gestorbenen Geistlichen.
    Quelle: AFP

    Der in Frankreich sehr bekannte und beliebte katholische Priester Abbé Pierre, Gründer der Hilfsorganisation Emmaüs, wird von mehreren Frauen sexueller Gewalt beschuldigt. Insgesamt sieben Frauen hätten dem 2007 verstorbenen Geistlichen sexuelle Gewalt oder Belästigung vorgeworfen, teilten die Hilfsorganisation Emmaüs und die Stiftung Abbé Pierre am Mittwoch mit.

    Erklärung: "Unerträgliche Handlungen"

    Die Organisationen veröffentlichten dazu einen achtseitigen Bericht einer Expertengruppe. In der Erklärung heißt es:

    Diese Taten verändern zutiefst den Blick auf einen Mann, der vor allem für seinen Kampf gegen Armut, Elend und Ausgrenzung bekannt ist.

    Weiter ist zu lesen: "Wir wissen, dass diese unerträglichen Handlungen Spuren hinterlassen haben, und wir stehen an der Seite der Betroffenen."
    Eine junge Frau hält ein Smartphone in der Hand, aufgenommen am 24.04.2021
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    Abbé Pierre: Junge Frauen an die Brust gefasst?

    Bislang habe sich keine der Frauen an die Justiz gewandt. Die Taten ereigneten sich nach dem Expertenbericht zwischen dem Ende der 70er Jahre und 2005. Eine der Frauen war zum Tatzeitpunkt 16 oder 17 Jahre alt gewesen. Der Geistliche, der in ihrer Familie regelmäßig zu Gast war, sei ihr gegen ihren Willen an die Brüste gegangen und habe ihr einen Zungenkuss aufgezwungen.
    Mehrere Frauen berichteten ebenfalls von nerwünschte Berührungen der Brust. "Unsere Organisationen würdigen den Mut der Menschen, die Zeugnis abgelegt haben und durch ihre Aussagen die Aufdeckung der Ereignisse ermöglicht haben", schrieben die Hilfsorganisationen. "Wir glauben ihnen", fügten sie hinzu.

    Französische Bischofskonferenz zeigt sich schockiert

    Die französische Bischofskonferenz zeigte sich erschüttert von den Berichten. Sie sprach den Opfern "Mitgefühl und Scham" aus.

    Abbé Pierre hat in unserem Land und weltweit sehr viel bewirkt. (...) Aber dies darf nicht davon abhalten, die Wahrheit zu suchen.

    Französische Bischofskonferenz

    Abbé Pierre führte über Jahrzehnte hinweg die Liste der beliebtesten Persönlichkeiten an. Der in Lyon geborene Henri Grouès trat mit 20 Jahren dem Kapuzinerorden bei und war in der französischen Widerstandsbewegung aktiv.
    Nancy Faeser (SPD), Bundesinnenministerin (M), stellt beim Bundeskriminalamt (BKA) das ·Bundeslagebild Sexualdelikte zum Nachteil von Kindern und Jugendlichen 2023· vor. Dabei steht sie zwischen BKA-Vizepräsidentin Martina Link (l) und Kerstin Claus, unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM)
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    Abbé Pierre gründete "Emmaüs"

    Aus dieser Zeit stammt sein Name "Abbé Pierre", den er erhielt, ohne Abt gewesen zu sein. 1949 gründete er die Organisation Emmaüs, die sich um Arme und Obdachlose kümmerte. Der internationale Dachverband Emmaüs International umfasst heute mehr als 44 Gruppen in 41 Ländern. Sie finanzieren sich durch Spenden oder eigene Aktionen, etwa den Betrieb von Second-Hand-Läden. Abbé Pierre starb 2007 im Alter von 94 Jahren.
    Der damalige Präsident Jacques Chirac würdigte den Geistlichen, der zuletzt im Rollstuhl saß und selten ohne seine Baskenmütze auftrat, mit einem Staatsakt. "Diese Enthüllungen erschüttern unsere Strukturen", betonen die Organisationen.
    Die Emmaüs-Bewegung bekämpfe jede Form von Gewalt und sei entschlossen, "die inakzeptablen Taten einer Person anzuprangern, die in ihrer Geschichte eine wichtige Rolle gespielt hat". Die Organisationen richteten eine Hotline und eine Email-Adresse ein, bei der sich mögliche weitere Betroffene melden können.

    Eine Person hält ein Smartphone in der Hand. Darauf ist der WhatsApp-Channel der ZDFheute zu sehen.
    Quelle: ZDF

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    Quelle: AFP

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