Casino in der Hosentasche: Wie Online-Anbieter mit der Sucht spielen

    Casino in der Hosentasche:Wie Online-Anbieter mit der Sucht spielen

    von Marijke Engel
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    Gut 90 Millionen Menschen in Europa zocken online. Ihre Verluste bescherten der Glücksspielbranche 2022 einen Gewinn von 38,2 Milliarden Euro - die Suchtgefahr ist hoch.

    "Menschen, die nur gelegentlich spielen, sind nicht interessant", sagt Phil Pearson, Manager bei einem Online-Casino-Dienstleister. "Wir suchen die High-Roller". Menschen also, die exzessiv spielen. Sie werden von VIP-Kundenbetreuern mit Freispielen, teuren Geschenken oder Tickets für exklusive Events bei der Stange gehalten.

    Allmählich entwickelt sich so etwas wie eine Freundschaft, aber natürlich geht’s dabei nur ums Geld.

    Phil Pearson, Manager bei einem Online-Casino-Dienstleister

    Flirtige Avancen - hohe Verluste

    Auch Frederik F. kennt diese Avancen in Form von flirtig formulierten Textnachrichten. Der 39-Jährige ist seit mehreren Jahren abstinent, hat aber, so sagt er, "einen mittleren sechsstelligen Betrag" verspielt.
    Einmal süchtig, geht es den Spielern nicht mehr um den Gewinn. Sie wollen einfach nur weiterspielen, "dieses warme Gefühl spüren, wenn die Walzen auf dem Bildschirm sich drehen und die Musik angeht", wie es Frederik F. ausdrückt. Oder "ganz im Moment verschwinden und alle meine Sorgen vergessen", so die Worte von Nicolas F., der über die Spielsucht den Job und beinahe seine Familie verlor.
    Mann am Spielautomat
    Die wichtigsten Fakten und Hilfeangebote zu Spielsucht in der Übersicht!28.05.2018 | 0:38 min

    Vom Spielautomaten ins Internet

    Beide Männer haben ihre Suchtkarrieren an Spielautomaten begonnen und sind, als es die technischen Möglichkeiten zuließen, ins Internet abgewandert. Dort fanden sie ihre Lieblingsautomatenspiele und noch viele hunderte neue dazu. Und das ganze 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche.
    Die Spiele locken mit denselben verführerischen Melodien und Lichteffekten, denselben suchterzeugenden Gewinnmechanismen. Allein, niemand muss mehr das Haus verlassen, um tage- und nächtelang durchzuzocken.

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    Check dein Spiel: Selbsttest zum Spielverhalten

    Zwar gibt es Bestrebungen der seriöseren Anbieter, erst gar keine Sucht entstehen zu lassen - etwa durch Sperren. Fakt bleibt dennoch, dass auch diese Anbieter die nachweislich gefährlichsten Spiele, die sogenannten Slots - zu deutsch virtuelle Automatenspiele - anbieten.

    Glücksspielbehörde soll Anbieter kontrollieren

    In Deutschland hat Anfang des Jahres die Glücksspielbehörde der Länder (GDL) ihre Arbeit aufgenommen. Sie soll Online-Spiele-Anbieter zertifizieren und kontrollieren - immerhin verdient der deutsche Staat am Glücksspiel mit. Allein die virtuellen Automaten schlugen 2022 mit 428 Millionen Euro zu Buche.
    Doch die Kosten für die Gesellschaft sind höher als die Steuereinnahmen. Zerstörte Existenzen, zerrüttete Familien bis hin zum Selbstmord. Dabei lässt sich eine Spielsucht lange verbergen, insbesondere dann, wenn der Suchtstoff sauber und unauffällig über den Smartphone-Bildschirm geliefert wird.

    Sportwetten reichten nicht mehr aus

    Auch der 38-jährige Mathias Kupper aus Berlin war jahrelang süchtig, zunächst nach Sportwetten.

    Ich hatte eigentlich immer eine Wette laufen, ob auf der Gassirunde mit dem Hund, während der Arbeit oder zuhause. Wenn ich von der Spätschicht nachhause kam - meine Frau schlief schon - habe ich schnell noch eine Wette platziert.

    Mathias Kupper, früherer Spielsüchtiger

    Weil ihm der Kick aus den Sportwetten nicht mehr genügte, stieg er um auf Black Jack - höhere Einsätze, höhere Gewinne. Erst als eines Nachts alle Konten geleert, alle Kreditkarten am Limit, alle Dispos überzogen und das Ersparte verzockt war, kam der körperliche und seelische Zusammenbruch. Erst beichtete er seiner Frau, später auch seinen Eltern.

    "Nur mit Geld darf man auf keinen Fall helfen"

    Schließlich suchte er sich Hilfe im Café Beispiellos, einer Suchtberatungsstelle in Berlin. Dort besuchte er einmal in der Woche eine Gruppentherapie. Auch seine Mutter wollte ihn unterstützen. Sie ging in eine Angehörigengruppe und lernte, dass es viele Wege gibt, einen Spielsüchtigen zu unterstützen. Nur "mit Geld darf man auf keinen Fall helfen". Mathias ist nun seit sechs Jahren spielfrei. Er will jetzt selbst anderen helfen und präventiv arbeiten.

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