Trinkerin wird Sucht-Bekämpferin:Alkohol - die oft unterschätzte Gefahr
von Linda Vierecke
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Bei alkoholischen Getränken ist Deutschland Hochkonsumland. Jeder Deutsche ab 15 Jahren trinkt im Schnitt über 100 Liter im Jahr. Oft wird vergessen, dass es eine Droge ist.
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"Das war halt irgendwie mein Getränk", erzählt die Podcasterin Mia Gatow, die mit Alkohol eigentlich eine sehr gute Zeit hatte. "Rotwein war halt immer das, wie man auch so eine Farbe hat, die einem steht." Doch Rotwein war auch ihr letztes Getränk. Seit sechs Jahren trinkt die 37-Jährige keinen Tropfen mehr, macht um Alkohol einen großen Bogen.
Lange Zeit war das anders. Zehn Jahre hat Mia Gatow als Barkeeperin gearbeitet. Hinter der Bar nicht zu trinken, das war unmöglich. Wein und Longdrinks gab es inklusive. "Am Anfang wollte ich meine Gefühle steigern." Sie sei auch klassisch so ein bisschen Dramaqueen gewesen, sagt sie.
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Zu lockerer Umgang mit Alkohol
Mit Anfang 30 merkt Mia Gatow, dass etwas nicht stimmt. Sie ist häufig verkatert, hält die eigenen Regeln nicht ein, trinkt immer mehr, als sie eigentlich will. Dann sei da ein Bauchgefühl gewesen, was ihr gesagt habe: "Das ist nicht okay, wie du trinkst!" Aber dann habe sie sich umgeschaut und gesehen, "alle anderen trinken ja auch so". Sie müsse es nur "irgendwie hinkriegen, so zu trinken wie die anderen", erzählt die ehemalige Barkeeperin von der Zeit, als ein Abend ohne Alkohol für sie nicht vollwertig war.
Für Gesundheitsexperten und Gesundheitsexpertinnen liegt der Fehler im laxen Umgang mit alkoholischen Getränken. "Alkohol ist so preiswert und so gut zugänglich wie kaum in einem anderen Land, und eben auch was Werbung und Sponsoring angeht überhaupt nicht reguliert", sagt Corinna Mäder-Linke von der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen, die schon seit Jahren stärkere Einschränkungen für Alkoholika fordert.
Warnhinweise wie bei Zigaretten gefordert
Das Problem sieht sie vor allem darin, "dass der Alkohol ein Gift ist, dass er abhängig krank macht, dass wenn jemand während der Schwangerschaft trinkt, das weitreichende Auswirkungen vom ersten Tag an für den Embryo haben kann, was das ganze Leben wirkt".
Auch gibt es bis heute auf alkoholischen Getränken keine Warnhinweise wie bei Zigaretten, lediglich der Alkoholgehalt wird angegeben. Auch die jetzige Regierung will das nicht ändern. Andere Länder sind da weiter. Als erstes europäisches Land hat Irland vor Kurzem Warnhinweise auf Alkohol beschlossen, um das Krebsrisiko zu senken.
Die Wein-Branche ist alarmiert, vor allem die Lobbyisten der Weinindustrie in Brüssel: "Unsere Angst ist, dass wir unsere Weine nicht verkaufen können, dass sie als gefährliches Produkt dargestellt, verteufelt, präsentiert werden", fürchtet Ignacio Sánchez-Recarte vom Europäischen Komitee der Weinunternehmen.
Jeder hat ein anderes Suchtrisiko
Drei Milliarden Euro Steuereinnahmen verdient der deutsche Staat jedes Jahr mit dem Verkauf von Alkohol. Die Hälfte davon konsumieren Risikotrinker oder Alkoholabhängige, von denen es 1,6 Millionen in Deutschland gibt. "Tatsächlich kann jeder Mensch süchtig werden - alle Schichten. Frauen, Männer, manchmal sichtbarer, manchmal weniger sichtbar", sagt der Berliner Suchtmediziner Christoph Richter.
Die Gefahr alkoholabhängig zu werden, liegt auch in der Familie: Ein Drittel der Kinder alkoholkranker Eltern entwickelt im Laufe ihres Lebens selbst eine Abhängigkeit. So war das auch bei Mia Gatow: "Meine ganze Familie, ja, die waren alle Trinker, also trinkende Menschen, also speziell auf der Seite meines Vaters."
Heute kämpft Mia gegen die Normalisierung von Alkohol, klärt im Podcast "SodaKlub" über Mythen rund um die Droge auf und wirbt für das Nüchternsein.
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