Erdbeben, Hochwasser & Co: Düstere Naturkatastrophen-Bilanz

    Rückversicherer:Naturkatastrophen 2023 extrem heftig

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    Erschütternde Verluste und massive Zerstörung. In diesem Jahr gab es besonders heftige Naturkatastrophen. Der weltgrößte Rückversicherer Münchener Rück zieht eine düstere Bilanz.

    Archiv: Ein Mädchen schleppt einen Sack in den Trümmern der Altstadt von Antakya.
    Trümmer und Zerstörungen in der Türkei nach dem Erdbeben
    Quelle: dpa

    Bei Naturkatastrophen sind in diesem Jahr so viele Menschen ums Leben gekommen wie seit 13 Jahren nicht mehr. Allein bei dem schweren Erdbeben in der Türkei und Syrien im Februar starben rund 58.000 Menschen, wie die Münchener Rück in ihrer Naturkatastrophen-Bilanz am Donnerstag mitteilte.
    Weltweit kosteten Erdbeben, Überschwemmungen und Stürme von Januar bis Juni 62.000 Leben. Mehr waren es zuletzt 2010, als nach drei Erdbeben in Haiti, Chile und China 295.000 Naturkatastrophen-Tote verzeichnet wurden.

    Forderung: Bauweise anpassen

    Der Chef-Klimawissenschaftler des weltgrößten Rückversicherers, Ernst Rauch, bilanziert:

    Bei wetterbedingten Naturkatastrophen haben wir durch Frühwarnsysteme die Opferzahlen drastisch gesenkt, bei Erdbeben müssen wir - etwa durch eine angepasste Bauweise - weniger verwundbar werden.

    Ernst Rauch, Chef-Klimawissenschaftler der Münchener Rück

    Erdbeben-Opfer blieben auf Großteil der Kosten sitzen

    Auch auf einem Großteil der Kosten blieben die Opfer der Erdbeben sitzen. Mit 40 Milliarden Dollar verursachte das Beben zwar mehr als ein Drittel der weltweiten Naturkatastrophen-Schäden, doch nur für etwa fünf Milliarden Dollar stehen Versicherer und Rückversicherer ein.
    Zwar gibt es eine Pflichtversicherung für Wohngebäude in der Türkei, doch ist die Versicherungssumme auf umgerechnet 34.000 Dollar pro Wohneinheit gedeckelt. Betriebe sind dadurch nicht abgedeckt, auch Straßen und Brücken sind in der Regel nicht versichert.

    Versicherungen decken Hochwasser normalerweise nicht ab

    In vielen Ländern Europas decken Gebäudeversicherungen auch Hochwasser normalerweise nicht ab. Die Überschwemmungen im Norden Italiens im Mai verursachten zwar zehn Milliarden Dollar Schaden, doch zahlten die Versicherer nur 1,1 Milliarden dafür aus.
    In Deutschland wird seit der Flutkatastrophe im Ahrtal über eine Pflichtversicherung gegen Hochwasser und Starkregen diskutiert. Münchener-Rück-Vorstandsmitglied Thomas Blunck erklärt:

    Wir müssen uns deutlich besser an die Folgen der Erderwärmung in Form von häufigeren oder schwereren Wetterkatastrophen anpassen - durch entsprechende Bauweisen, zukunftssichere Standortauswahl und Versicherungsschutz gegen die unmittelbar finanziellen Folgen.

    Thomas Blunck, Münchener-Rück-Vorstandsmitglied

    Ahrtal
    Fast zwei Jahre sind seit der verheerenden Flutkatastrophe im Ahrtal vergangen und noch immer befindet sich die Region im Wiederaufbau.11.07.2023 | 2:38 min
    Weltweit waren die Naturkatastrophen-Schäden mit rund 110 (2022: 120) Milliarden Dollar etwas niedriger als in den ersten sechs Monaten 2022, lagen damit aber über dem Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre (98 Milliarden Dollar). 43 (Vorjahr: 47) Milliarden Dollar davon waren versichert, das sind weniger als 40 Prozent des wirtschaftlichen Schadens.

    Höchste Versicherungsdichte in den USA

    Am höchsten ist die Versicherungsdichte in den USA. Dort häufen sich nach den Daten der Münchener Rück neben Hurrikanen auch schwere Gewitter mit Hagelschlägen und Tornados. Sie richteten im ersten Halbjahr einen Schaden von 35 Milliarden Dollar an, wovon mehr als 25 Milliarden versichert sind.
    Allein eine Gewitterserie im Juni in Texas schlug mit sieben Milliarden für die Versicherer zu Buche. Und die Hurrikan-Saison, die die USA jährlich heimsucht, hat gerade erst begonnen. Schon im Juni gab es vier Stürme, die so schwer waren, dass die Wetterdienste ihnen Namen gaben.
    Zu sehen ist ein Mann, der ein Kind vor den Waldbränden in Sicherheit bringt, die im Hintergrund zu sehen sind.
    Wenn der Urlaub zur Tortur wird. Brände in Griechenland, Unwetter in Italien und Hitze in Spanien. Der Klimawandel zeigt immer öfter, wie unsere Sommer in Zukunft aussehen werden. 24.07.2023 | 1:45 min

    Sorgt "El Nino" wirklich für weniger Hurrikane?

    Dabei hatten Experten für dieses Jahr wegen des "El Nino"-Wetterphänomens im Atlantik mit einer glimpflichen Hurrikan-Saison gerechnet. "Als Prognoseinstrument taugt es bedingt", warnt aber Klimatologe Rauch. Es gebe nur einen statistischen Zusammenhang zwischen der Meeresströmung und der Häufigkeit von Wirbelstürmen.

    Gegenläufig wirken in diesem Jahr die sprunghaft gestiegene Oberflächentemperatur des Wassers im Atlantik, die Hurrikane begünstigt.

    Ernst Rauch, Klimatologe

    Es gebe Indizien, dass auch das mit dem Klimawandel zu tun habe. "Das deutet darauf hin, dass wir doch eine aktive Hurrikan-Saison haben könnten", sagt Rauch. Eine belastbare Prognose sei aber schwer möglich.

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    :Welche Versicherungen helfen

    Wenn die Wetterdienste ein schweres Unwetter ankündigen: Wie lässt sich das eigene Hab und Gut sichern und welche Versicherungen greifen im Schadensfall?
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