Marokko nach dem Beben: Wiederaufbauen oder wegziehen?

    Nach dem Beben:Marokko: Wiederaufbauen oder wegziehen?

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    Durch das Erdbeben in Marokko haben Tausende Familien ihre Bleibe und ihre Existenz verloren. In Städten beginnt der Wiederaufbau, doch auf dem Land fehlen Hilfe und Perspektive.

    Zelte in der Stadt Amizmiz außerhalb von Marrakesch, Marokko
    Zelte statt vertrautem Heim: Für viele Familien in Amizmiz bleibt nichts anderes.
    Quelle: AP

    Naima Ait Brahim Uali und ihre Tochter stürzten die Treppe herunter, als die oberste Etage ihres Wohnhauses wegbrach. Das Gebäude, in dem die Reinigungskraft mit ihren fünf Kindern im dritten Stock lebte, gehört zu den vielen, die bei dem verheerenden Erdbeben in Marokko zerstört wurden.
    Das Wohnviertel der Familie in der Stadt Amizmiz in der Nähe des Bebenzentrums liegt zu weiten Teilen in Trümmern. Bei der Katastrophe in der vergangenen Woche kamen - laut staatlichen Zahlen - bisher fast 3.000 Menschen ums Leben. In Amizmiz scheinen alle mindestens einen Menschen zu kennen, der ums Leben kam.
    Überlebende stehen vor den Trümmern eines eingestürzten Hauses in einem Dorf in der Provinz Al Haouz in Marokko, nachdem ein tödliches Erdbeben das nordafrikanische Land am späten Abend des 8. September 2023 erschüttert hatte.
    Nach dem Erdbeben in Marokko gelten Hunderte Menschen noch als vermisst. Internationale Suchteams sind in den zerstörten Dörfern in den Bergen unterwegs.13.09.2023 | 6:19 min
    Sehen Sie hier, wie nach Vermissten gesucht und Überlebende mit Hilfe versorgt werden:

    Die Angst vor Nachbeben und Sorge um die Zukunft

    Jetzt ist die Familie mit den übrigen Bewohnerinnen und Bewohnern ihres Viertel Souredschdid in einer Zeltstadt im Stadtzentrum untergebracht. Jeden Abend um 23 Uhr setzt dort die Angst ein, auch bei Ait Brahim Ualis Kindern. Denn um diese Zeit hatte am 8. September der Erdstoß die Region im Atlasgebirge erschüttert.

    Sie haben den Tod gesehen.

    Ait Brahim Uali, Erdbebenopfer

    Ihre Kinder sind zwischen zehn und 25 Jahren alt. Eine ihrer Töchter leidet jetzt unter Alpträumen.
    Viele betroffene Familien bangen nun um ihre Zukunft, vor allem angesichts des nahenden Herbstes und der kälteren Nächte. Zwar werden viele Opfer mit Essen und Wasser versorgt. Doch der Wiederaufbau von Berggemeinden wie Amizmiz, das mehr als eine Stunde Fahrt von der nächsten großen Stadt Marrakesch entfernt liegt, könnte nach Angaben der Behörden fünf bis sechs Jahre dauern.

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    Im Aktionsbündnis Katastrophenhilfe haben sich Caritas international, Deutsches Rotes Kreuz, Unicef und Diakonie Katastrophenhilfe zusammengeschlossen.

    Zweifel, dass die Hilfsgelder der Regierung reichen

    Im alten jüdischen Viertel von Marrakesch und anderen beschädigten Teilen der bei Touristen beliebten Königsstadt hat der Wiederaufbau bereits begonnen. In der Provinz Marrakesch-Tensift-El Haouz, in der Amizmiz liegt und die am schwersten getroffen wurde, konzentrieren sich die Bemühungen dagegen noch auf den dringendsten humanitären Bedarf.
    Nach einer Dringlichkeitssitzung unter Vorsitz von König Mohammed VI. am Donnerstag kündigte die Regierung Soforthilfen und Gelder für den Wiederaufbau an. Damit sollen die Bewohnerinnen und Bewohner von etwa 50.000 beschädigten oder zerstörten Häusern unterstützt werden.
    Manche werden wohl aus den Städten und Ortschaften in der Region wegziehen. Ait Brahim Uali will bleiben, aber nicht mehr in einem mehrstöckigen Backsteinbau wie bisher wohnen. Sie bezweifelt, dass die Hilfen der Regierung für eine Wohnung in Marrakesch ausreichen, die groß genug ist für ihre ganze Familie.

    Vereinte Nationen: 100.000 Minderjährige von Beben betroffen

    "Wir haben Angst vor der Zukunft", sagt Ait Brahim Uali, die unter einem Regenschirm vor einem gelben Zelt steht, in dem Kinder spielen.

    Wir sind gerade in das neue Schuljahr gestartet, aber das Erdbeben hat alles zerstört. Wir wollen nur einen Ort, an dem wir vor dem Regen sicher sind.

    Ait Brahim Uali, Mutter von fünf Kindern

    Nach Schätzungen der Vereinten Nationen sind von dem Beben insgesamt 300.000 Menschen betroffen, unter ihnen nach Angaben des UN-Kinderhilfswerks Unicef etwa 100.000 Minderjährige.

    Kinder werden von ihren Familien getrennt. Sie verlieren womöglich ihr Zuhause und wissen nicht, wo sie Sicherheit finden können.

    Ricardo Pires, Sprecher Unicef

    "Das ist immer ein großes Risiko bei humanitären Katastrophen oder bei Erdbeben dieser Art", so Pires weiter. Unicef sorge sich auch um die Grundversorgung betroffener Kinder mit sauberem Wasser und medizinischem Bedarf.

    Nachbeben erschweren Wiederaufbau und Hilfe

    Wie Ait Brahim Uali und viele weitere Bewohnerinnen und Bewohner von Amizmiz will auch die Familie von Rachid Alachun hier bleiben. Er will sein Haus wiederaufbauen, das in der Nähe des alten jüdischen Viertels, der Mella, liegt.
    Wie Hilfe auch aus Deutschland in Marokko ankommt:
    Die Hälfte davon stürzte bei dem Beben ein. Das gelbe Zelt im Zentrum, das der Familie zugewiesen wurde, ist nicht groß genug für alle, deshalb blieb Alachun zurück. Der 40-jährige Installateur bahnt sich jetzt einen Weg zwischen Trümmern und freiliegenden Kabeln, um in Küche und Badezimmer zu kommen - angesichts der Gefahr von Nachbeben nicht ungefährlich. Zuletzt erschütterte eines der Stärke 4,6 am Donnerstagmorgen die Region.
    Die Alachuns waren am Tag nach der Katastrophe darüber informiert worden, dass Hilfe unterwegs sei. Lebensmittel und Wasser trafen rasch ein. Allerdings war die Familie ohne Dach über dem Kopf, bis sie am Dienstag das Zelt erhielten.
    "Sie haben uns gesagt, dass wir nicht vorbeikommen sollen, um die Hilfen abzuholen, weil diese gebracht würden", sagt Alachuns Schwester Lubna. "Also haben wir gewartet."

    Service
    :Spendenaufruf für Marokko

    Nach dem schweren Erdbeben in Marokko werden mehrere Tausend Tote gezählt. Internationale Hilfe läuft an. Auch deutsche Rettungsteams bereiten sich auf den Einsatz vor.
    Marokko, Marakesch: Eine Frau steht vor zerstörten Häusern.
    Quelle: Von Sam Metz und Mohamed Boukdire, AP

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