Besonders haltbar sind Marathon-Rekorde aktuell nicht. Das liegt auch an neuartigen Laufschuhen. Diese sorgen aus vielen Gründen für Wirbel. Was steckt dahinter?
Tigist Assefa hat in Berlin den Marathon-Weltrekord der Frauen deutlich gebrochen - an ihren Füßen: spezielle Laufschuhe.
Quelle: Reuters
Beim diesjährigen Berlin-Marathon kam es zu einem Moment, der Sportgeschichte schrieb. Die Äthiopierin Tigist Assefa pulverisierte den bisherigen Marathon-Weltrekord der Frauen. Um mehr als zwei Minuten war sie schneller als die bislang schnellste Frau der Welt auf der langen Distanz.
Hochspezielle Laufschuhe seit Jahren im Trend
Tigist Assefa siegte mit neuen Schuhen der Marke Adidas - diese werden auch beim diesjährigen New-York-Marathon am Sonntag viele Teilnehmende an den Füßen haben.
In Laufforen diskutieren die Sportbegeisterten nun - allein schon wegen ihres Preises. Denn für die märchenhaften Siebenmeilenstiefel im Leichtbauformat müssen interessierte Läufer*innen rund 500 Euro ausgeben.
Derart spezielle Laufschuhe gibt es bereits seit längerem, nicht nur von Adidas. "Solche 'Super-Schuhe' gibt es ungefähr seit 2016, als Nike den mittlerweile berühmt-berüchtigten 'Vaporfly-4-Percent'-Schuh eingeführt hat", sagt Steffen Willwacher, Professor für Sportwissenschaften an der Hochschule Offenburg.
"Das Wesentliche ist, was in den Schuhen drinsteckt"
Mittlerweile hat fast jeder Hersteller seine eigene Version eines Super-Schuhs auf dem Markt. Adidas versucht mit seinem Modell, vor allem über das Gewicht zu punkten: Mit 140 Gramm in der Standardgröße 42 setzen die Rennschuhe neue Maßstäbe. Wie bei anderen Profi-Laufschuhen stecken spezielle Elemente zur Federung in der Sohle. Carbon-Elemente sollen einen Teil der Energie der Läuferinnen und Läufer bei jedem Schritt zurückgeben, indem sie das Abstoßen von der Straße unterstützen.
Auch der deutsche Marathon-Rekordhalter Amanal Petros lief in Berlin eine eigene neue Bestzeit - ebenfalls in den hyperleichten Rennschuhen. Allerdings weist der österreichische Leichtathletik-Trainer Johannes Langer gegenüber ZDFheute darauf hin, dass neue Rekorde nicht nur vom passenden Schuhwerk abhängen. Langer ist auch Organisator des Wieners Marathons.
Immer mehr Konkurrenz
Neben dem Schuh spielen also viele Faktoren eine Rolle bei den Leistungssteigerungen auf Rennbahn und Straße. Gerade beim Marathon gibt es eine immer stärkere internationale Konkurrenz. In speziellen Höhentrainingslagern bereiten sich Athletinnen und Athleten unter harten Bedingungen gezielt auf die weltweit mittlerweile mehr als 5.000 City-Marathons vor.
Dort zahlen Mitlaufende nicht nur hohe Startgelder, für Siegerinnen und Sieger winken auch hohe Preisgelder. Die Sportveranstaltungen sind zum Wirtschaftsfaktor geworden und der zieht stärkere Konkurrenz nach sich.
Der rennende Reporter Carsten Behrendt beim 50. New York City Marathon.19.11.2021 | 19:40 min
500 Euro für 100 Kilometer
Die neuen Wundertreter von Adidas indes haben auch eine Kehrseite. Denn für mehr als rund 100 Kilometer sind die Schuhe kaum zu gebrauchen.
500 Euro, ein bisschen Einlaufen, ein Marathonrennen - und das war’s also, quasi Einweg-Schuhe. Von Adidas selbst heißt es dazu, der Konzern treibe den Einsatz nachhaltiger Materialien voran und auch der neue Evo 1 enthalte nachhaltige Materialien.
Spezialschuhe führen zu verändertem Laufstil
Ein weiteres Problem hoch spezialisierter Laufschuhe ist, dass sie eine sehr gute Lauftechnik erfordern - vor allem auf langen Distanzen. Deshalb sei es ratsam, vor Wettkämpfen Gewöhnungslaufe mit den Schuhen zu machen, sagt Sportwissenschaftler Steffen Willwacher.
Es kann also zu veränderten Belastungen von Muskeln, Knochen, Sehnen und Bändern kommen - und zu Überlastungen. Neben dem Preis und der kurzen Lebensdauer sollten Amateursportler*innen sich also gut überlegen, ob diese oder andere Profi-Laufschuhe auch die richtige Wahl für sie selbst sind.
Viele Top-Leichtathleten müssen bei der WM verletzt passen. Welche Rolle spielen
dabei die modernen Carbon-Schuhe? Ein Experte für Biomechanik über mögliche Zusammenhänge.