Muss RWE für Klimaschäden in Peru haften? Prozess in Hamm

    Klage gegen RWE wegen CO2-Ausstoß:Müssen Energieriesen für Klimaschäden haften?

    Birgit Franke
    von Birgit Franke
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    Nach acht Jahren ist das Verfahren eines peruanischen Bauern gegen den Energiekonzern RWE am Oberlandesgericht Hamm fortgesetzt worden. Der Prozess sorgt weltweit für Aufsehen.

    Germany Climate Court Case
    Muss sich der Energiekonzern RWE am Schutz gegen Folgen des Klimawandels beteiligen? Ein Bauer aus Peru fürchtet die Überflutung seines Hauses und hat den Konzern verklagt.17.03.2025 | 2:50 min
    Es klang verrückt, als Rechtsanwältin Roda Verheyen mit dem peruanischen Bauern Saúl Lliuya im Herbst 2015 Klage am Landgericht Essen gegen RWE einreichte. Ihre Forderung: Der Energiekonzern solle sich als einer der größten CO2-Emittenten Europas an Schutzmaßnahmen für einen in Peru liegenden Gletschersee und an Schutzmaßnahmen für das Haus von Lliuya beteiligen.

    Die Lage in den peruanischen Anden

    Saúl Lliuya ist Bauer und Bergführer in Huaraz, einer Stadt in den Anden mit 50.000 Einwohnern. Der 45-Jährige sieht seit vielen Jahren, dass der Gletschersee Palcacocha, der 1.500 Meter oberhalb der Stadt liegt, ständig steigt.
    Der Gletscher-Kreislauf von Sommer und Winter kommt durch den Klimawandel durcheinander. Die Folge ist Süßwasser-Mangel
    Grund dafür ist der menschengemachte Klimawandel, der den Gletscher schmelzen lässt. Die Verwaltung der Provinz Huaraz hat schon 2011 Abflussrohre legen lassen, die den Seespiegel absenken konnten.
    Doch die Gefahr besteht, dass Lawinen und Geröll abgehen und dadurch eine Flutwelle oder Schlammlawine ausgelöst wird, die nicht mehr aufgehalten werden kann. Diese könnte Huaraz überschwemmen. Im Vergleich zu 1970 ist das Volumen des Sees 34 Mal größer geworden.
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    Lliuya und Verheyen betreten rechtliches Neuland

    "Die Situation in den Bergen ist sehr dramatisch", sagt Saúl Lliuya. "Es ist sehr bedauerlich, sehr traurig, was dort passiert." Die Gefahr von Überschwemmungen habe Auswirkungen auf die Landwirte.

    Wir sind sehr besorgt über die Wasserproblematik. Deshalb bin ich hier und fordere, dass das alles aufhört.

    Saúl Lliuya, Kläger

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    Saúl Lliuya und seine Anwältin Roda Verheyen, die von Germanwatch und der Stiftung Zukunftsfähigkeit unterstützt werden, machen in ihrer Klage einen zivilrechtlichen Entschädigungsanspruch geltend und beschreiten dadurch rechtliches Neuland.
    In der ersten Instanz am Landgericht Essen verloren sie. Das Gericht begründete dies unter anderem mit einem fehlenden rechtlichen Zusammenhang zwischen dem CO2-Ausstoß von RWE und der möglichen Überschwemmung des Hauses des Klägers. Einen möglichen naturwissenschaftlichen Zusammenhang schloss das Gericht aber nicht aus.

    Etappensieg für den peruanischen Bauern

    Das Oberlandesgericht Hamm hingegen überraschte viele im November 2017, als es sich entschied, in die Beweisaufnahme zu gehen. Die Kläger hätten den Entschädigungsanspruch schlüssig begründet, so das Gericht.
    Denn: Auch wenn RWE rechtmäßig handelt, müsse der Konzern für von ihm verursachte Eigentumsbeeinträchtigungen haften. Das Gericht ordnete an, dass ein Sachverständigen-Team zu offenen Fragen ein Gutachten erstellt. 2022 kam es sogar zu einer Ortsbesichtigung in Huaraz und an dem Gletschersee mit den Sachverständigen und dem Gericht.

    Beweisaufnahme am Oberlandesgericht Hamm

    Acht Jahre später geht es an diesem Montag und am Mittwoch mit der Beweisaufnahme am Oberlandesgericht Hamm weiter. Geklärt werden muss in den beiden Verhandlungstagen, ob durch eine mögliche Flutwelle eine konkrete Gefahr für das Haus von Saúl Lliuya besteht.
    Entscheidend werden die gerichtlich bestellten Sachverständigen-Gutachten sein, auch wenn RWE und die Kläger eigene Gutachten vorgelegt haben. Sieht das Gericht die konkrete Gefahr nicht gegeben, wird es die Klage abweisen.
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    So könnte der Prozess weitergehen

    Bejaht das Gericht hingegen die konkrete Gefahr, wird es in einem weiteren Schritt um die zentrale Frage gehen, welchen Anteil RWE am menschengemachten Klimawandel hat und wie sich dieser in den Anden auswirkt.
    Die Kläger verlangen 17.000 Euro Entschädigung, entsprechend dem Anteil, der RWE an den globalen Treibhausgasemissionen zugerechnet wird. Das sind laut Studien etwa 0,47 Prozent.
    Das Energieunternehmen RWE sagte dem ZDF, man habe sich immer an die geltenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften gehalten.

    Wenn ein solcher Anspruch nach deutschem Recht bestehen würde, könnte auch jeder Autofahrer haftbar gemacht werden. Wir halten dies für rechtlich unzulässig und auch gesellschaftspolitisch für den falschen Weg.

    RWE-Sprecher

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    RWE: Probleme des Klimawandels anders lösen

    Lösungen für das globale Problem des Klimawandels sollten zukunftsorientiert auf staatlicher und zwischenstaatlicher Ebene entwickelt werden, nicht rückwirkend durch Gerichte, so der Konzern.
    Außerdem nehme RWE seine Verantwortung für den Klimaschutz sehr ernst. Man investiere massiv in den Ausbau der erneuerbaren Energien und die Dekarbonisierungs-Strategie stehe im Einklang mit den Pariser Klimazielen.
    Saúl Lliuya ist mit seinem Sohn Brandon persönlich zu dem heutigen Gerichtstermin aus Peru angereist. Lliuya hätte nie gedacht, dass sich das Verfahren so lange hinzieht. Und vielleicht noch lange nicht zu Ende ist.
    Birgit Franke ist Redakteurin in der Redaktion Recht und Justiz.

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    Quelle: dpa

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