KI in der Musik: "Das überraschende Menschliche fehlt"
Interview
KI in der Musik:"Das überraschende Menschliche fehlt"
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KI wirbelt die Welt der Musikschaffenden durcheinander. Bassist und Musikproduzent Micki Meuser spricht im ZDFheute-Interview über den Kampf gegen KI-Plattformen und KI-Chancen.
KI - Fluch oder Segen?(Symbolbild)
Quelle: PantherMedia/Unimages2527
ZDFheute: Ist die künstliche Intelligenz nur eine Konkurrenz für Musikschaffende oder kann sie auch ein Hilfsmittel sein?
Micki Meuser: Ich benutze Künstliche Intelligenz in Form von Tools und Plugins, um Frequenzen und Klangbilder zu verbessern. Die KI zeigt konkret, was ich tun kann, damit es besser klingt - und das mit einem Knopfdruck. Beim Mastering ist sie schon perfekt. Aber worum es geht, ist die generative Künstliche Intelligenz. Und die ist in der Lage, wenn sie genug trainiert wurde, unter anderem Musik zu komponieren.
Ich arbeite mit dem KI-Generator AIVA, um Ideen zu bekommen. Ich gebe alles Mögliche ein, zum Beispiel: "im Stil von Hans Zimmer", Tempus, Instrumentierung und bekomme dann ein Ergebnis. Das klingt meistens langweilig, durchschnittlich, nur im Ansatz wie Hans Zimmer - denn das überraschende Menschliche fehlt.
Wenn ich eine völlig verrückte Musik schreibe, kommt da keine KI ran. In dieser Richtung gibt es noch sehr viel Hoffnung, aber Auftragsmusik wie Filmmusik wird es zukünftig schwerer haben. Werbemusik wird als erste durch KI ersetzt werden, befürchte ich.
ZDFheute: Was macht Ihnen noch Sorgen?
Meuser: Am meisten die Durchschnittlichkeit, die KI mit sich bringt.
Quelle: imago/Funke Foto Services
Micki Meuser ist Bassist, Filmkomponist und Musikproduzent. Er ist Vorsitzender der Deutschen Filmkomponist:innenunion, im Vorstand des Deutschen Komponistenverbandes und gewähltes Mitglied des Gema-Aufsichtsrats.
ZDFheute: Wird die KI besser als der Mensch werden?
Meuser: Ja, wenn irgendwann mal Quantencomputer kommen und dann ganz viele Parameter hinzukommen. Bislang kennt die KI Dinge wie beispielsweise Punk und Revolution nicht.
Aber man kann in Zukunft einen Algorithmus dazu schreiben, der "Rebellion" heißt, oder wie bei Data von StarTrek einen Emotions-Chip einsetzen und damit Mischungen entstehen lassen. Das kommt wahrscheinlich früher als wir denken. Und dann wird die KI sehr gute künstliche Ergebnisse liefern.
ZDFheute: Was viele Komponisten umtreibt: Das kopiert werden durch den Parameter "im Stil von". Warum greift da nicht automatisch das Urheberrecht?
Meuser: Es ist letztendlich nicht ein einziger Stil, sondern eine Vermengung. Hier setzen wir an: Warum kann eine KI komponieren? Weil sie trainiert wurde mit Werken aller Komponisten und Filmmusikschaffenden, die es gibt.
Die großen Firmen wie Google oder OpenAI haben alles Material, was verfügbar war, in diese KIs gespeichert. Hier sagen wir, dieses Training oder "Scraping" (Anm. d. Red.: eine Funktion, bei der eine Anwendung oder ein Script Informationen von einer Website oder einem Online-Dienst ausliest und speichert), ist eine Nutzung von Musik wie in einer TV-Sendung.
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Firmen wie Google oder OpenAI müssen Lizenzen für diese Nutzung zahlen. Da sie argumentieren, sie wüssten nicht, was alles gespeichert wurde, fordern wir eine Pauschale. Sie ist in Milliardenhöhe, denn die Komponisten weltweit wurden für alle Zeit abgeschöpft.
ZDFheute: Wer verhandelt mit den KI-Giganten?
Meuser: Das sind Verwertungsgesellschaften in den USA, in Frankreich und die Gema. Die Gema hat ihren Nutzungsvorbehalt schon mal formuliert, hat erstmals deutlich gesagt: Ihr dürft nicht! Das ist der Nutzungsvorbehalt, um auch eventuelle Strafzahlungen plausibel zu machen. Natürlich hält sich eine milliardenschwere Plattform nicht an das, was die kleine Gema sagt.
Aber sie hat sich mit anderen Ländern zum Dachverband International Copyright Enterprise (ICE) zusammengeschlossen. Zudem haben die rund 200 Urheber- und Verwertungsgesellschaften weltweit Gegenseitigkeitsverträge.
ZDFheute: Sie sind also verhalten optimistisch, dass Sie und Ihre Kollegen und Kolleginnen für den Urheberrechtsraub noch entschädigt werden?
Meuser: Es gibt noch einen Punkt, der uns zugute kommen könnte: Wenn man der KI keine neuen Daten zufüttert, würde sie degenerieren, würde immer schlechter, noch langweiliger werden. Die generative Künstliche Intelligenz kann degenerieren. Die Programmierer sagen uns deshalb auch, dass sie unsere zukünftigen Daten brauchen. Wir sind frohen Mutes, dass wir da einen Deal finden.