Konflikt mit Franziskus:Was wird aus Ex-Papst-Sekretär Gänswein?
von Jürgen Erbacher
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Der frühere Benedikt-Sekretär Georg Gänswein scheint bei Papst Franziskus in Ungnade gefallen zu sein. Andere Papst-Sekretäre machten Karriere - wie geht es für Gänswein weiter?
Das Verhältnis zwischen Papst Franziskus und Erzbischof Gänswein (l.) soll äußerst angespannt sein. (Archivbild)
Quelle: dpa
Seit dem Tod von Papst Benedikt XVI. an Silvester 2022 fragen sich Katholiken in aller Welt, was aus dessen langjährigem Sekretär wird. Wiederholt sprach Erzbischof Georg Gänswein mit dem amtierenden Papst Franziskus über mögliche Optionen. Bei der bisher letzten Begegnung am 19. Mai scheinen die beiden nach übereinstimmenden Berichten nicht zu einer einvernehmlichen Lösung gekommen zu sein.
Unklar sind Details, doch vieles deutet darauf hin, dass Erzbischof Gänswein keine neue Aufgabe vom Papst übertragen bekommt und Rom verlassen muss. Nach ZDF-Informationen gibt es Gespräche in seiner Heimat über eine mögliche Rückkehr ins Erzbistum Freiburg. Welche Aufgaben er dort übernehmen könnte, wird aktuell dem Vernehmen nach diskutiert.
Wie Papst-Sekretäre normalerweise Karriere machen
Der Vorgang ist ungewöhnlich. In früheren Zeiten machten ehemalige Papst-Sekretäre Karriere. Der langjährige engste Vertraute von Johannes Paul II., Stanislaw Dziwisz, wurde Erzbischof von Krakau und Kardinal. Die Sekretäre der Päpste Paul VI. und Johannes XXIII. bekamen später Bischofssitze in Italien übertragen. Daher wäre es naheliegend gewesen, dass auch Gänswein einen adäquaten Posten bekommt.
Gänswein betonte in den vergangenen Wochen bei öffentlichen Auftritten wiederholt, dass er vom Papst eine neue Aufgabe erwarte. Franziskus habe ihm im Januar bei einer Audienz mitgeteilt, dass er noch etwas Zeit brauche für seine Entscheidung. Zugleich forderte er Gänswein auf, selbst Vorschläge zu machen
Gänswein fremdelte mit Stil von Franziskus
Das Verhältnis zwischen Franziskus und Erzbischof Gänswein ist seit langer Zeit angespannt. Nur schwer konnte sich der langjährige Sekretär von Benedikt XVI. an den Stil von dessen Nachfolger gewöhnen. Als Präfekt des Päpstlichen Hauses arbeitete Gänswein von 2013 bis 2020 eng mit Franziskus zusammen, war für die Planung und Durchführung der Audienzen des Papstes zuständig.
Immer wieder kritisierte Gänswein den amtierenden Pontifex öffentlich. Zuletzt in seinem Buch "Nichts als die Wahrheit", das wenige Tage nach dem Tod von Benedikt XVI. im Januar 2023 erschien. Darin schreibt er offen über Spannungen zwischen Benedikt und Franziskus, aber auch seine eigenen Probleme mit dem ersten Papst aus Lateinamerika. Beobachter gingen damals davon aus, dass der deutsche Kurienerzbischof damit endgültig in Ungnade gefallen sein könnte.
Gegner werfen Papst schlechten Umgang mit Kritik vor
Die aktuelle Entwicklung stützt diese Interpretation. Sie wirft zugleich viele Fragen auf. Warum verfährt Franziskus mit dem Sekretär des Vorgängers auf diese Weise? Immer wieder betonte er seine Wertschätzung gegenüber Benedikt XVI. Wäre es da nicht angebracht gewesen, dessen engstem Mitarbeiter wenn schon nicht eine Aufgabe in der ersten Reihe, dann aber doch seinem Rang entsprechend zu übertragen.
In der katholischen Weltkirche böten sich unzählige Möglichkeiten. Der Umgang mit Gänswein bestärkt die Gegner von Franziskus, die seit langer Zeit betonen, dass der Pontifex mit Kritik nicht umgehen könne und dann bisweilen verletzend und demütigend handle.
Gänswein kritisiert "Synodalen Weg"
Eine weitere Frage ist, wie sich eine ständige Präsenz Gänsweins in Deutschland auf die kirchliche Situation im Land auswirken wird. Der 66-Jährige gehört dem konservativen Flügel der katholischen Kirche an und hat in den vergangenen Monaten jegliche Reformüberlegungen rund um den "Synodalen Weg" scharf kritisiert. Auch wenn er kein Stimmrecht innerhalb der Bischofskonferenz haben würde, stärkt er in der öffentlichen Debatte die Stimme der Konservativen.
Bisher gibt es keine offiziellen Stellungnahmen zu dem Vorgang. Doch wie aus Rom zu hören ist, drängt Franziskus darauf, schnellstmöglich Fakten zu schaffen. Daher dürfte es in wenigen Tagen Klarheit darüber geben, wie die Zukunft von Erzbischof Gänswein aussehen wird.