Kampf gegen Allergien: Neuartige App soll Alltag erleichtern
Kampf gegen Allergien:Neuartige Pollen-App soll Alltag erleichtern
von Saskia Weinert
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Pollenallergiker sollen dank einer deutschlandweit neuartigen App bald aufatmen können. Umweltmedizinerin Prof. Traidl-Hoffman will das Allergie-Management revolutionieren.
Hilfe für das Abwehrsystem05.07.2024 | 29:35 min
Sobald im Frühjahr die ersten Pollen fliegen, geht es für Millionen von Menschen los: Schniefen, Niesen, juckende Augen. Manche Betroffene leiden in der Pollensaison auch unter Schlafstörungen und sind weniger leistungsfähig. Heuschnupfen ist eine Volkskrankheit: Etwa 12 Millionen Menschen in Deutschland leiden darunter. Tendenz steigend.
Die Situation hat sich über die vergangenen Jahrzehnte verschärft. Ein Grund dafür: Der Klimawandel, der für mehr Pollen, aggressivere Pollen und neuartige Pollen durch invasive Arten sorgt. Und die pollenfreie Saison wird immer kürzer.
Klinikum Augsburg arbeitet an App für Allergiker
Umweltmedizinerin Claudia Traidl-Hoffmann und ihr Team haben die Gefahr erkannt und sagen den Pollen den Kampf an. Das Universitäre Zentrum für Gesundheitswissenschaften und Umweltmedizin am Klinikum Augsburg sammelt Pollen und untersucht sie in einer bislang bundesweit einmaligen Studie.
Deren Ergebnisse fließen in eine neue App, die Allergikerinnen und Allergikern das Leben erleichtern soll. Dafür wollen die Forschenden alte Technik durch neue ersetzen.
Heuschnupfen
Atopische Dermatitis/Neurodermitis
Asthma Bronchiale
Quelle: European Respiratory Journal
Heuschnupfen: 14,4 %
Atopische Dermatitis/Neurodermitis: 9,9%
Asthma Bronchiale: 4,4 %
Quelle: European Respiratory Journal
Bei Erwachsenen: 18,1 %
Bei Kindern: 7,7 %
Bei Jugendlichen: 13,3 %
Quellen: Clinical and Translational Allergy, European Respiratory Journal
Denn aktuell werden deutschlandweit Pollendaten meist händisch ausgewertet. Dabei werden gesammelte Pollenpartikel einzeln unterm Mikroskop ausgezählt, dann wird die Anzahl hochgerechnet. Das ist sehr zeitintensiv und Pollenvorhersagen sind manchmal schon bis zu sieben Tage alt, bevor sie veröffentlicht werden.
Künstliche Intelligenz soll Pollenvorhersage verbessern
Mit Hilfe von vollautomatischen sogenannten Pollenmonitoren und künstlicher Intelligenz wollen Traidl-Hoffmann und ihr Team wichtige Informationen schneller zur Verfügung stellen. Von außen sehen die neuen Pollenmonitore so unscheinbar aus, dass man sie mit einem Sicherungskasten verwechseln könnte. Doch darin versteckt ist Hightech.
Das Gerät saugt Partikel aus der Luft an und speichert sie auf einer Art Objektträger. Eine eingebaute Kamera macht davon anschließend mehrere hochauflösende Fotos, so dass am Ende ein quasi-dreidimensionales Bild jedes einzelnen Luftpartikels entsteht.
Bilderkennungsalgorithmen analysieren die Partikel und ordnen sie aufgrund einzelner Merkmale wie Größe, Form und Strukturen den verschiedenen Pollentypen zu. Am Ende ergibt sich eine Vorhersage, fast in Echtzeit. Innerhalb von drei Stunden stehen die Pollendaten online bereit und fließen in die neue App ein.
Auch Wetter- und Luftverhältnisse fließen in App ein
Die Umweltmedizinerin und ihr Team gehen zusätzlich noch einen Schritt weiter und untersuchen auch Umweltfaktoren; etwa welche Auswirkungen Wetterverhältnisse oder Luftreinheit auf Allergien haben.
Außerdem vergleicht Traidl-Hoffmann bei ihren Forschungen zwei Standorte miteinander: Einerseits die Stadt Augsburg und andererseits den Luftkurort Bad Hindelang. In dem dortigen hochalpinen Klima gibt es im Vergleich zu tiefer liegenden Orten oder auch größeren Städten weniger Pollen und weniger Schimmelsporen.
Ziel: Bundesweite Einführung der Allergiker-App
In einer Pilotstudie testen mehr als 200 Betroffene aktuell die App in Augsburg, später soll sie auch in Bad Hindelang den Praxistest besehen. Zusätzlich führen die Studienteilnehmenden auch ein tägliches Symptomtagebuch.
Das Ziel der Umweltmedizinerin ist es, die App deutschlandweit anzubieten: Für Allergiker*innen eine Hilfe, präventiv mit der Erkrankung umzugehen und den Alltag besser bestreiten zu können. Denn wer genau weiß, was gerade in der Luft ist, kann sich auch besser schützen.