Nationalpark in Südfrankreich:Marseille stoppt Massentourismus
von Luis Jachmann
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Die Felsküste der Calanques zählt zu den beliebtesten Reisezielen in Europa. Im Sommer ist der Nationalpark überlaufen. Ein Pilotprojekt setzt dem Massentourismus etwas entgegen.
Eine Bucht in den südfranzösischen Calanques.
Quelle: ZDF/Luis Jachmann
Seit Anfang der Woche machen Nelly Richter und Christian Pinnecker in Marseille Urlaub. Die beiden Offenburger erkunden die schöne Mittelmeerküste Frankreichs. Am vierten Tag steht ein Ausflug in den Nationalpark der Calanques auf dem Programm. Wandern und Baden in einer malerischen Bucht. Ein gut präparierter Weg durch einen Pinienwald führt direkt ans Meer. Doch schon am Eingang zum Forst ist für die jungen Deutschen Endstation. Nelly Richter ist enttäuscht:
An Bushaltestellen in Marseille hängen Plakate, die darauf aufmerksam machen, dass nur eine kostenlose Online-Buchung zum Eintritt in den Nationalpark berechtigt. Einheimische Besucherinnen und Besucher könnten von der Neuerung erfahren haben, internationale vermutlich seltener.
Ein Plakat in Marseille weist auf Online-Buchungen zum Eintritt in den Nationalpark Calanques hin.
Quelle: ZDF/Luis Jachmann
Tourismus als Gefahr für Biodiversität?
Die Calanques von Marseille zählen zu den beliebtesten Urlaubszielen an der französischen Mittelmeerküste. Aber die Bucht ist Opfer ihres Erfolgs. Viele Tausende Besucherinnen und Besucher machen im Sommer einen Abstecher in den Nationalpark. Bis zu zweieinhalbtausend Touristen haben die Behörden an einem einzigen Tag in der Calanque von Sugiton schon gezählt.
Die Kalksteinfelsen leiden darunter. Es kommt vereinzelt zu Erdrutschen. Gesteinspartien lösen sich und stürzen in die Tiefe. Das wiederum bringt die Pinien in Gefahr, die nicht mehr ausreichend im Boden verwurzelt sind. "Wenn wir nichts unternehmen, gefährden wir die Biodiversität. Es kann zu irreversiblen Schäden in dieser Kulturlandschaft kommen", heißt es auf der Internetseite des Nationalparks.
Toruisten im südfranzösischen Naturpark Calanques.
Quelle: ZDF/Luis Jachmann
Auf der Seite müssen Touristen vorab ein Zeitfenster auswählen. Die Plätze werden drei Tage im Voraus morgens freigeschaltet. "Wir haben uns direkt um 9 Uhr angemeldet. Schon am Vormittag ist alles ausgebucht. Die Plätze sind schnell weg", erzählt Yael Sutara. Die Französin aus Lyon ist mit ihrem Freund nach Marseille gefahren. In ihrem Urlaub wollen sie die spektakulären Calanques nicht verpassen. Sie sind an diesem heißen Sommertag zwei von 400 Besucherinnen und Besuchern, die ein Eintrittsticket ergattern konnten.
An einem Checkpoint werden die Reservierungen kontrolliert. Wer ohne Anmeldung in der Bucht erwischt wird, muss 68 Euro blechen.
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