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Interview
Erdbebenserie auf Island:Experte: Vulkanausbruch wird wahrscheinlicher
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Im Südwesten Islands droht ein Vulkanausbruch. Valentin Troll, Vulkanologe an der schwedischen Universität Uppsala, erklärt, warum der gefährlich sein könnte.
ZDFheute: Auf der Reykjanes-Halbinsel im Südwesten Islands hat es Tausende von Erdbeben gegeben in den vergangenen zwei Wochen. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit eines Vulkanausbruchs?
Valentin Troll: Leider kann man das nicht hundertprozentig sagen. Magma geht nicht direkt von unten nach oben. Es sucht sich Spalten und es kann stecken bleiben und manchmal bewegt es sich horizontal in andere Richtungen. Aber die Wahrscheinlichkeit erhöht sich. Heute schätze ich sie auf 75:25.
ZDFheute: Die Isländer leben seit Jahrhunderten mit Vulkanausbrüchen. Allein in den vergangenen zwei Jahren hat es drei gegeben, Touristen sind hingeschwärmt, um sich das Naturspektakel anzuschauen. Was ist dieses Mal anders?
Troll: Die letzten drei Ausbrüche gab es in unbewohnten Gebieten. Da stand kein Haus weit und breit. Jetzt aber ziehen die Erdbeben in Richtung eines Fischerdorfes, Grindavík. Das Dorf ist in der Nacht zu Samstag evakuiert worden. Es trifft jetzt eine Region mit relativ viel Infrastruktur: Dort steht ein Geothermiekraftwerk, das den Hauptflughafen Keflavik und die Region im Süden mit Strom versorgt. Dann gibt es die Touristenattraktion das Thermalbad "Blaue Lagune". Es wurde vorsorglich geschlossen. Auch eine wichtige Verbindungsstraße führt nach Reykjavik.
ZDFheute: Bei den Stichworten "Vulkanausbruch" und "Island" denken viele an 2010 und den Vulkan mit dem für Deutsche unaussprechlichen Namen Eyjafjallajökull. Island lag damals unter einer riesigen Aschewolke, die den europäischen Flugverkehr über Tage lahmgelegt hatte. Ist so etwas wieder zu erwarten?
Troll: Nein, 2010 war eine völlig andere Situation. Das war ein großer Stratovulkan, der hatte noch eine Magmakammer aus den 1820er Jahren, und diese Magmakammer wurde von aufsteigendem, neuen Magma getroffen. Das hat sich vermischt und hat zur Reaktion zwischen diesen beiden Magmen geführt. Es kam zur Explosion und zur großen Aschewolke. Was jetzt neben den Gefahren für die Infrastruktur und das Dorf Grindavík passieren könnte: Wenn oberflächliche fließende Lava in das Thermalbad "Blaue Lagune" fließt, da könnte es zu Dampf- oder Gasexplosionen kommen. Die würden sich mit dem Dampf aus der Lava vermischen, das könnte zu einem höheren Fluorgehalt führen.
Valentin Troll, Vulkanologe an der schwedischen Universität Uppsala
Quelle: ZDF
ZDFheute: Wenn es einen Vulkanausbruch geben sollte, braucht der auch wieder einen Namen. Woher stammen Vulkannamen eigentlich?
Troll: Der Name wird gewählt nach dem geographischen Punkt, der dem ersten Schlot am nächsten ist. 2021 gilt bei Geologen als der Geldingadalur, 2022 der Meradalir und 2023 ist der Litli-Hrutur, weil der Schlot sehr nah an einem kleinen Hügel lag. Wenn es jetzt in Grindavík ist, könnte es der Grindavík-Ausbruch sein.
Das Interview führte Winnie Heescher.
Vulkane sind Zerstörer und Lebensspender zugleich. Millionen Menschen leben in ihrem Schatten. Dirk Steffens ist zu den aktivsten und gefährlichsten Vulkanen der Welt gereist.15.11.2020 | 43:27 min
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