Welche Geschichte innerhalb der ersten Folge hat sie am meisten bewegt?
Vulkanismus ist vermutlich die überraschendste der vier Naturkräfte, mit denen wir uns beschäftigen. Verständlicherweise betrachten die meisten Menschen Vulkane vor allem als tödliche Gefahr – und natürlich können sie das auch sein. Darüber hinaus sind sie zugleich essentiell für das Leben auf der Erde. In der Frühgeschichte unseres Planeten, vor vier Milliarden Jahren, waren Vulkane dafür verantwortlich, dass Ozeane entstehen konnten – und die Atmosphäre. Sie waren außerdem die Quelle von Kohlendioxid, das jede Pflanze zum Wachsen benötigt. Um es kurz zu machen: Ohne Vulkane wäre das Leben gar nicht erst auf der Erde entstanden.
Beispielsweise trägt die mineralreiche Asche des Ol Doinyo Lengai, dem aktivsten Vulkan Tansanias, dazu bei, die Serengeti zu einem der produktivsten und dynamischsten Ökosysteme der Welt zu machen. Zuschauer, die gerne Tierfilme sehen, kennen die riesigen Gnu-Herden. Aber kaum jemand weiß, warum dieses Grasland so viele Tiere ernähren kann. Das liegt ganz allein an Vulkanen wie dem Ol Doinyo Lengai, die das Gras mit Mineralien wie Phosphor und Calcium düngen – genau das, was werdende Gnumütter am meisten benötigen. Nur deshalb können innerhalb von drei Wochen in einem relativ kleinen Areal der Serengeti eine halbe Million Gnukälber geboren werden – das sind 24.000 pro Tag und 1.000 in der Stunde!
Jedes einzelne Kalb muss innerhalb der ersten Minuten nach der Geburt auf die Füße kommen – und das aus gutem Grund. Die unglaubliche Produktivität dieses Graslandes führt auch dazu, dass in der Serengeti die größte Ansammlung von Raubtieren auf dem Planeten zu finden ist: Löwen, Geparden, Wildhunde und Hyänen. Wir haben eine unglaubliche Aufnahme von einer Hyäne gemacht, die durch eine Herde von Gnus rennt, um ein Neugeborenes zu schlagen. Diese Einstellung ist zweifellos eine der spektakulärsten im gesamten Programm.
Erzählen Sie bitte von dem Flamingo-Dreh auf dem Lake Natron. Was war die größte Herausforderung an diesem Drehort?
Zwei Millionen Zwergflamingos leben in Ostafrika, und sie alle sind zum Brüten auf Lake Natron angewiesen – einem lebensfeindlichen vulkanischen Sodasee. Die Ankunft der Zwergflamingos ist eines der großartigsten Naturereignisse des Planeten und stand schon ganz früh ganz oben auf unserer Liste möglicher Drehorte für diesen Film. Unglücklicherweise nisten die Flamingos nur dann auf dem See, wenn der Wasserspiegel so niedrig ist, dass die Mitte des Sees austrocknet – und das geschieht nur einmal alle fünf Jahre. Niemand weiß genau wann.
Die einzige Möglichkeit zu erfahren, wann die Flamingos nisten, ist eine Überwachung des Sees aus der Luft. Das wäre natürlich viel zu teuer, und in jedem Fall wäre man zu spät dran, wenn man erst nach der Sichtung mit den Drehvorbereitungen beginnen würde - vor allem, wenn man berücksichtigt, wie lange es dauert, Drehgenehmigungen zu bekommen und die Logistik zu planen. Lake Natron ist nicht nur abgelegen, er ist auch eines der giftigsten und ätzendsten Gewässer der Welt. Der einzige sichere Weg, die Flamingo-Kolonie zu erreichen und zu filmen, war ein Hovercraft. Und das findet man nicht vor Ort. Wenn man also brütende Flamingos auf dem Natronsee filmen möchte, dann muss man rechtzeitig das richtige Gefährt besorgen. Das bedeutet, man muss in ein Hovercraft investieren und es nach Tansania bringen, was zwei bis drei Monate dauern kann. Ist das Hovercraft dann erstmal da, muss man regelmäßig den Wasserstand im Auge behalten, damit man gleich loslegen kann, wenn die Bedingungen stimmen.
Darren Williams, einer der Regieassistenten dieser Folge, hat jede Woche mit fast religiöser Ernsthaftigkeit die Satellitenbilder vom Natronsee geprüft, um sofort die Zeichen zu erkennen, wenn der See austrocknet. Das ging annähernd zwei Jahre so. Viele Male dachten wir, dass die Bedingungen sich in die richtige Richtung entwickelten, nur um dann mitansehen zu müssen, wie der Wasserstand wieder anstieg, nur weil es irgendwo im Einzugsgebiet geregnet hatte. Das warf uns jedes Mal auf den Anfang zurück.
Zusätzlich zu den Satellitenbildern bekamen wir auch Informationen von den örtlichen „Flying Doctors“, die alle vierzehn Tage über den See fliegen und uns großzügigerweise regelmäßig darüber informierten, was auf dem See vor sich ging. Am Ende wurde es dann aber doch wieder kurz vor zwölf bis wir alles zusammenhatten. Oder präziser: Als wir ungefähr die Hälfte unseres finalen Schnittes fertiggestellt hatten, kamen Tausende von Flamingos zum Brüten. Wir setzten sofort alles in Bewegung. Mit dem Hovercraft vor Ort, konnten Darren und der Kameramann Matt Aeberhard die Kolonie in der Mitte des Sees erreichen und eine der größten Brutkolonien filmen, die je auf dem Lake Natron gesichtet wurde.
Es ist bemerkenswert, dass die Finken auf Wolf Island zu Vampiren wurden. Bitte erklären Sie, wie es dazu kam?
Die geografische Isolation ist ein verbreiteter Auslöser, wie neue Arten entstehen können. Wenn also eine Gruppe von Tieren dauerhaft von ihren Artgenossen lebt, kann die neue Population andere Merkmale und Verhalten als Antwort auf Unterschiede oder Veränderungen im Lebensraum entwickeln. Der Prozess ist als „natürliche Selektion“ bekannt – oder, um es einfacher zu sagen: „Der am besten Angepasste überlebt“. Genau das ist bei den Vampirfinken von Wolf Island passiert.
Die Vorfahren der Finkenpopulation auf der Wolfsinsel sind vermutlich durch einen großen Sturm auf die Insel geweht worden. Gestrandet auf diesem kleinen, ausgestorbenen vulkanischen Eiland, mussten die Finken das Beste aus allem machen, was die Insel zu bieten hatte. Unglücklicherweise gab es hier aber kaum klassische Finkennahrung für die Neuankömmlinge. Samen, Insekten und Nektar sind Mangelware auf Wolf Island. Daher wandten sich die Finken einigen Teilzeit-Bewohnern der Insel zu, den Nasca-Tölpeln. Diese Seevögel pendeln zwischen der Insel und ihren Futtergründen auf dem Ozean hin und her. Sie dienten den Finken zunächst als Nahrungsergänzung, bis die Finken schließlich Vampire wurden.
Um das Blut ihrer Opfer zum Fließen zu bringen, trennen die Finken eine der Hauptflugfedern ab und trinken dann die herauslaufenden Tropfen. Blutige Federn locken jedoch auch andere Finken an, sodass es häufig zu Auseinandersetzungen kommt und die Finken sich um die beste Position auf dem Tölpelrücken streiten. Seltsamerweise scheint die Prozedur die Tölpel nicht zu stören – und es gibt auch keine Beweise dafür, dass die Seevögel Schaden nehmen. Vielleicht glauben sie, dass die Finken einen Service zur Verfügung stellen und zum Beispiel Parasiten von den Federn fressen. Tatsächlich spricht einiges dafür, dass dieses merkwürdige Verhalten so entstanden ist. Erst vor wenigen Jahren wurde der Vampirfink formell als neue Art anerkannt.
Welche Szene war die größte Herausforderung des gesamten Films?
Das war der Dreh bei den Landleguanen von Galápagos. Da mussten wir in den Krater des La Cumbre Vulkans hinuntersteigen, weil die Echsen dort ihre Eier ablegen. Das war wirklich eine besondere Herausforderung!
Es sind mehr Leute im Weltraum gewesen als auf dem Grund dieses Kraters - und dafür gibt es gute Gründe. Die Insel Fernandina ist abgelegen und unbewohnt und dadurch völlig unberührt – wahrscheinlich die makelloseste Insel der Welt. Damit das auch so bleibt, musste die Crew eine Genehmigung des Nationalparks einholen, damit sie überhaupt dort arbeiten konnte. Eine solche Genehmigung enthält natürlich eine Menge Auflagen. Zum Beispiel ist geregelt, was man mitbringen darf und wie viele Leute sich gleichzeitig auf der Insel aufhalten dürfen.
Eine Genehmigung zu erwirken, ist aber erst der Anfang. Das Filmen in der Kaldera des La Cumbre erforderte eine Planung, die man nur als militärisch straff bezeichnen kann. Regieassistent Toby Nowlan verbrachte mehrere Monate damit. Absolut alles, was man für einen Dreh benötigte, musste mitgebracht werden. Die Insel hat zum Beispiel kein Trinkwasser. Jeder einzelne Liter Wasser musste also den Vulkan hochgetragen werden – jedes Mal ein Aufstieg von acht Stunden. Berücksichtigt man Schwierigkeiten wie diese, ist klar, dass der Wasserverbrauch genau berechnet und rationiert werden musste – nicht gerade einfach, wenn die Temperaturen 45°Celsius erreichen und die Dreharbeiten eine Menge Körpereinsatz erfordern.
Das Ziel des Drehs war potentiell gefährlich für Leib und Leben. Wenn man die Leguane bei der Eiablage filmen wollte, musste man ihnen auf den Grund des Kraters folgen. Das ist eine beachtliche Leistung, wenn man bedenkt, dass es keine erkennbaren Pfade nach unten gab. Als wäre das noch nicht genug, verursachten Erdbeben regelmäßig Steinschläge. Tatsächlich hörte die Crew, während sie auf dem Kraterrand zeltete, in zwei Nächten mehrere große Steinlawinen niedergehen – nicht gerade beruhigend, wenn man sich am nächsten Tag auf den Weg in die Kaldera macht.
Auch ein Vulkanausbruch war im Rahmen des Möglichen. Zwei Wochen bevor die Crew ankam, brach ein Nebenschlot seitlich des Kraters aus und spie Lava in die Kaldera. Glücklicherweise war die Route, die die Crew benutzte, um in den Krater zu gelangen, nicht betroffen. Der Dreh konnte also wie geplant stattfinden, aber natürlich hatte jeder die Möglichkeit einer erneuten Eruption im Hinterkopf. Tatsächlich gab es eines Nachts einen weiteren Zwischenfall. Der Ausbruch eines Vulkans auf der nahegelegenen Insel Isabella Island füllte den Krater von La Cumbre mit einer giftigen Gaswolke. Das Gas war so dick, dass die Crewmitglieder kaum die Zelte ihres Lagers sehen konnten. Atmen war nur möglich, wenn man sich feuchte Kleidungsstücke vor Mund und Nase band. Als die Situation sich zuspitzte, drehte glücklicherweise der Wind, und die Gaswolke verschwand.
Bildquelle: ZDF/Silverback Films