Google-Suchmaschine
Quelle: Lukas Schulze/dpa (Archiv)
Unliebsame
Inhalte aus dem Internet zu verbannen, ist nicht einfach. Stehen Informationen einmal in Blogs oder auf Nachrichtenseiten, können sie in der Regel auch über Suchmaschinen gefunden werden. Egal, ob sie wahr oder falsch sind.
Der Bundesgerichtshof hat nun entschieden, dass Betroffenen ein Recht auf Vergessenwerden zusteht, allerdings müssen sie "hinreichende Nachweise" vorlegen, dass die betreffenden Informationen falsch sind.
Ein Paar, das Finanzdienstleistungen anbietet, hatte gegen den Suchmaschinenbetreiber Google geklagt. Das Ziel der beiden: Mehrere Artikel, die sie in einem schlechten Licht darstellen, sowie dazugehörige Vorschaubilder sollten aus den Ergebnislisten gelöscht werden. Der Bundesgerichtshof gab ihnen nun teilweise recht.
Wahrheitsgehalt des verlinkten Beitrags umstritten
Im konkreten Fall waren 2015 auf der Website eines US-Unternehmens Artikel erschienen, in denen kritisch über die Anlagemodelle des Klägers und seiner Lebensgefährtin berichtet wurde.
Daneben waren Fotos des Mannes zu sehen, teilweise am Steuer eines Luxusautos, teilweise im Innenraum eines Hubschraubers. Die beim Leser ankommende Botschaft: Zwei umstrittene Finanzdienstleister lassen es sich mit dem Geld ihrer Anleger gut gehen.
Google: Aufwand für Suchmaschinenbetreiber nicht zumutbar
Aus Sicht des Paares seien die Artikel teilweise unrichtig und verleumderisch. Sie wollten erreichen, dass die Seiten nicht länger beim Eingeben ihrer Namen in der Suchmaschine erscheinen. Die Kläger behaupten sogar, vom Betreiber der Webseite erpresst worden zu sein.
Doch Google lehnte es ab, die Verlinkungen von den Ergebnislisten zu löschen. Es sei dem Suchmaschinenbetreiber nicht zuzumuten, die Richtigkeit einzelner Einträge und Artikel zu überprüfen.
EuGH: Löschung bei offensichtlich unrichtigen Inhalten
Es folgte ein Rechtsstreit. Zunächst vor dem Landgericht Köln, später vor dem Bundesgerichtshof. Die Karlsruher Richter hatten das Verfahren zwischenzeitlich auch dem Europäischen Gerichtshof zur Klärung allgemeiner Rechtsfragen vorgelegt.
Der entschied im Dezember vergangenen Jahres, dass der Betreiber einer Suchmaschine grundsätzlich Inhalte "auslisten" muss, wenn ein Betroffener nachweist, dass die Informationen offensichtlich unrichtig sind.
Allerdings muss sich Google nicht aktiv an der Prüfung beteiligen. Wer will, dass Informationen nicht mehr auffindbar sind, müsse selbst zumindest "relevante und hinreichende Nachweise vorlegen", dass die Behauptungen falsch sind.
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Strengere Maßstäbe für Fotos
Ein anderer Maßstab gelte allerdings bei Fotos auf Suchmaschinen, so die Luxemburger Richter. Denn gerade die Anzeige von Vorschaubildern in Verbindung mit einer Namenssuche würden einen besonders starken Eingriff in Persönlichkeitsrechte darstellen. Hier müssen Suchmaschinenbetreiber zumindest prüfen, ob dem Foto überhaupt ein Informationswert im Kontext eines betreffenden Artikels zukommt.
Der Bundesgerichtshof orientierte sich in seinem heutigen Urteil an den Vorgaben des EuGH. Allerdings stellten die Karlsruher Richter fest, dass die Kläger im konkreten Fall keine ausreichenden Nachweise zur Unrichtigkeit der Artikel vorgelegt hatten.
Google müsse aufgrund der strengeren Maßstäbe aber zumindest die Fotos löschen. Eine Anzeige der für sich genommen nicht aussagekräftigen Vorschaubilder ohne jeden Kontext sei nicht gerechtfertigt.
Ein weiteres Grundsatzurteil zum "Recht auf Vergessenwerden"
Löschanfragen gegen Google beschäftigen Gerichte immer wieder. Schon 2014 hatte der Europäische Gerichtshof klargestellt, dass Betroffene verlangen können, bestimmte Inhalte zum eigenen Namen aus den Trefferlisten einer Suchmaschine löschen zu lassen - es sei denn, es besteht ein öffentliches Interesse an der Information.
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Das "Recht auf Vergessenwerden" war geboren. Es folgen mehrere weitere Grundsatzentscheidungen, unter anderem auch vom Bundesverfassungsgericht.
Immer wieder wird dabei deutlich: Es kommt auf den Einzelfall an und die Abwägung zwischen
Schutz des Privatlebens auf der einen und Recht auf Meinungsäußerung auf der anderen Seite.
Jan Henrich ist Autor in der ZDF-Redaktion Recht und Justiz.
Quelle: mit Material von dpa