BGH-Urteil: Aufklärungspflichten beim Immobilienkauf

    BGH-Urteil :Welche Pflichten haben Immobilienverkäufer?

    von Nico Kellner und Celine Löffelhardt
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    Welche Infos zur Immobilie muss der Käufer selbst herausfinden und worüber muss er im Vorfeld aufgeklärt werden? Der BGH sieht Verkäufer in der Aufklärungspflicht.

    Zu sehen ist ein leerstehendes Wohnhaus vor dem ein Baustellenzaun mit einem "Zu verkaufen - Immobilien"-Schild steht.
    Welche Aufklärungspflichten hat der Verkäufer beim Immobilienverkauf?
    Quelle: dpa

    Wer eine Immobilie kauft, will wissen, in welchem Zustand sie ist und welche Kosten auf ihn zukommen. Hierzu benötigt der Käufer Informationen. Aber woher bekommt er diese?
    Diese Frage stellt sich auch in einem Fall, der an diesem Freitag vom Bundesgerichtshof (BGH) entschieden wurde.

    Vor Immobilienkauf: Hinweis oder Selbstrecherche

    In den Augen der klagenden Käuferin hatte der Verkäufer sie vor dem Erwerb der Immobilie nicht angemessen informiert.
    Dieser hatte ihr wichtige Unterlagen zur Immobilie erst wenige Tage vor Vertragsunterzeichnung in einem virtuellen Datenraum zugänglich gemacht - zu spät nach Meinung der Käuferin, die sich durch dieses Verhalten arglistig getäuscht fühlt. Denn erst nachträglich wurde ihr so bekannt, dass hohe Sanierungskosten für die Immobilie auf sie zukommen würden.
    Ihrer Ansicht nach hätte der Verkäufer auf die nachgeschobenen Unterlagen deutlich hinweisen müssen. Der Verkäufer ist hingegen der Auffassung, dass die Käuferin die Informationen selbstständig hätte prüfen müssen. Eine Klage der Käuferin war zuvor vom Landgericht abgewiesen und vom Oberlandesgericht zurückgewiesen worden.
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    BGH hebt Urteil von Berufungsgericht größtenteils auf

    Nun hat der BGH sein Urteil verkündet: Das Urteil des Berufungsgerichts wurde bis auf einen Nebenpunkt aufgehoben. Die Karlsruher Richter teilen die Ansicht nicht, dass die Verkäuferin im konkreten Fall keine Aufklärungspflichten verletzt hat.
    Wenn wichtige Informationen nur in einen virtuellen Datenraum gestellt werden und dem Käufer so Zugriff darauf gewährt wird, kann der Verkäufer nicht davon ausgehen, dass sein Vertragspartner auch wirklich Kenntnis davon nehmen wird. Das kann nur unter ganz bestimmten Umständen angenommen werden.
    Mit Blick auf das Urteil stellt sich die Grundsatzfrage: Welche Aufklärungspflichten hat der Verkäufer beim Immobilienverkauf?
    Allgemein gilt: Jeder ist selbst verantwortlich, sich die nötigen Informationen über die Immobilie zu beschaffen. Trotzdem können die Verkäufer verpflichtet sein, den Käufer über gewisse Umstände der Immobilie aufzuklären.
    Das gilt zum einen bei konkreten Fragen des Käufers. Dieser muss der Verkäufer immer richtig und vollständig beantworten - er darf also keine Angaben "ins Blaue hinein" machen oder die Wahrheit bagatellisieren und herunterspielen. Will der Käufer zum Beispiel wissen, ob der Boden des Kaufobjekts neu verlegt wurde, so darf der Verkäufer nicht mit einem klaren "Ja" antworten, wenn er hiervon keine Kenntnis hat.

    Aufklärungspflicht bei wesentlichen Bedeutung

    Zum anderen muss der Verkäufer aber auch unaufgefordert, also ohne konkrete Nachfrage, sämtliche Tatsachen und Schäden an der Immobilie mitteilen, die für die Kaufentscheidung des Käufers von wesentlicher Bedeutung sind.
    Das gilt meist bei solchen Informationen, die der Käufer nicht kennt und auch nicht kennen kann und die den Wert der Immobilie mindern. So muss der Verkäufer beispielsweise darüber aufklären, dass im Gebäude Asbest oder andere gesundheitsschädliche Stoffe verbaut sind. Gleiches gilt, wenn das Gebäude unter Denkmalschutz steht. 
    Inka-Marie Storm vom Verband Haus & Grund erklärt:

    Aber auch wenn der Verkäufer bei den Verkaufsverhandlungen erkennt, dass es dem Käufer beispielsweise auf eine konkrete Nutzung oder ein konkretes Merkmal der Immobilie ankommt, besteht eine Aufklärungspflicht.

    Inka-Marie Storm, Verband Haus & Grund

    Immobilien: Schadensersatz der Käufer möglich

    Informiert der Verkäufer nicht über relevante Informationen, obwohl er dazu verpflichtet ist, kann der Käufer Schadensersatz verlangen, wenn ihm dadurch ein nachweisbarer Schaden entstanden ist.
    Hat er die Aufklärung vorsätzlich, also absichtlich, unterlassen oder falsch informiert, kann sich der Käufer auch von dem Kaufvertrag lösen. In diesem Fall liegt nämlich eine arglistige Täuschung vor. Dann entfaltet auch ein Haftungsausschluss, wie er bei den meisten Immobilienkäufen vereinbart wird, keine Wirkung. Expertin Inka-Marie Storm erklärt:

    Um später beweisen zu können, dass eine ausreichende und richtige Aufklärung stattgefunden hat oder, sollten Verkäufer und Käufer nicht alleine zu den Verkaufsgesprächen zu gehen.

    Inka-Marie Storm, Verband Haus & Grund

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    Aber auch wenn der Verkäufer über Mängel oder andere relevante Informationen aufgeklärt hat, empfiehlt Inka-Marie Storm:

    Meist lohnt es sich für den Käufer in einen privaten Sachverständigen zu investieren, der sich die Immobilie genau anschaut. Denn viele Mängel können Verbraucher nicht einschätzen oder erkennen.

    Inka-Marie Storm, Verband Haus & Grund

    Nico Kellner und Celine Löffelhardt arbeiten in der ZDF-Redaktion Recht und Justiz.

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