Interview
Politologe zu Rechtspopulismus:"Dunkle Seite" der Demokratie
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Die AfD strebt in die Regierung. Rechtspopulismus sei Teil eines demokratischen Systems, so Politologe Höhne. Jetzt komme es auf die anderen Parteien an, ob sie Populismus nähren.
Trotz der hohen Umfragewerte gilt die AfD nicht als koalitionsfähig, da sie keinen Partner für notwendige demokratische Mehrheiten finden kann. Dennoch bekräftigte die Parteiführung auf ihrem Parteitag in Magdeburg: Sie will regieren - und sogar erstmals einen Kanzlerkandidaten küren, wie Parteichef Tino Chrupalla im ZDF heute journal bekräftigte:
Auch innerparteilich zeigt die Rechtsaußen-Partei derzeit ein anderes Bild als noch vor wenigen Jahren. Während lange Zeit Flügelkämpfe dominierten, zeigt sich heute ein ungewohntes Bild der Geschlossenheit hinter der Parteiführung. "Das ist schon bemerkenswert für die AfD, weil sie ja notorisch zerstritten ist", sagt Politikwissenschaftler Benjamin Höhne bei ZDF heute live.
Sehen Sie das ganze Interview mit Benjamin Höhne oben im Video - oder lesen Sie es hier in Auszügen. Das sagt der Politikwissenschaftler ...
... über die aktuelle Harmonie innerhalb der AfD
Die Reihen hätten sich hinter Alice Weidel und Tino Chrupalla recht stark geschlossen, so Höhne. "Ich glaube, das ist auch so gewollt." Die jetzige Taktik der AfD beschreibt der Politikexperte so:
Dann lehne sich die AfD "ein Stück weit zurück" - und versuche, "möglichst lang auf der demoskopischen Welle zu reiten".
Je rechter desto erfolgreicher. Die AfD feiert sich und ihre Umfragerekorde selbstbewusst auf dem Bundesparteitag.29.07.2023 | 2:50 min
... inwiefern rechtspopulistische Parteien Krisengewinner sind
Dass die Partei dabei auch von Krisensituationen wie etwa dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und die daraus resultierenden wirtschaftlichen Folgen für die Bundesrepublik profitiert, liege in der Natur rechtspopulistischer Parteien. "Sie sind im Grunde spezialisiert darauf, Krisen für sich zu nutzen, zu instrumentalisieren", so Höhne.
... warum Deutschland mit dem Rechtspopulismus umgehen lernen sollte
Man müsse sich eingestehen, dass Rechtspopulismus so etwas wie "die dunkle Seite der repräsentativen Demokratie darstellt, die irgendwo dazu gehört", sagt Höhne. Es sei eine Reaktion auf die Krise der repräsentativen Demokratie.
Um dem zu begegnen, wirbt der Politikwissenschaftler für mehr Beteiligung an politischen Prozessen, so dass "sich Menschen wieder stärker in ihrer Demokratie beheimatet fühlen". Bürgerräte oder mehr direkte Demokratie seien Möglichkeiten dazu.
Am Ende des Tages gehe es für die Parteien, die sich zum Pluralismus bekennen, darum, ob sie durch ihr Tun den Populismus nähren oder ob sie ihn möglichst klein halten.
AfD-Delegierter auf dem Parteitag in Magdeburg mit einem Tattoo "Semper Fidelis" (für immer treu).
Quelle: AFP
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