Vorrücken im Donbass: Wie Putin fehlenden Nachschub ausnutzt
In der Ukraine gehen die russischen Angriffe mit voller Härte weiter. Zuletzt hat Russland mehrere Dörfer im Osten des Landes erobert, unter anderem Otscheretyne, eine Siedlung westlich von Awdijiwka. Einige Experten werten diese als tiefen Einbruch in die ukrainischen Verteidigungslinien. Auch wenige Kilometer entfernt bei Bachmut konnten Putins Truppen einen Erfolg verbuchen: So soll die russische Armee wohl kurz vor der Stadt Tschassiw Jar stehen. Laut ukrainischem Generalstabschef Syrskyj sah sich die Armee wegen des materiellen und personellen Übergewichts der Russen bereits am Wochenende zu taktischen Rückzügen gezwungen.
Das Problem fehlender Waffen und Munition löse die Ukraine aktuell zum Teil mit eigener Produktion, heißt es aus Kiew. "Wir brauchen eine erhebliche Beschleunigung des Nachschubs", sagt Präsident Selenskyj. Hinzu kommt, dass von den USA gelieferte Präzisionswaffen - die sich auf GPS stützen - laut Pentagon der russischen elektronischen Kriegsführung zum Opfer gefallen sind. Auch mehrere osteuropäische Länder werfen Moskau vor, das GPS-Signal zu stören. Der Angriff sei Teil einer hybriden Aktion, die alle möglichen internationalen Vereinbarungen breche, erklärte Estlands Außenminister.
Wie sehr setzt Russlands Durchbruch an der Front die Ukraine unter Druck – bringt er Putins Männern strategische Vorteile? Und wie stark ist die elektronische Kriegsführung der Russen? Darüber spricht Christopher Wehrmann bei ZDFheute live mit dem Militärexperten Nico Lange, der unter anderem für die Münchner Sicherheitskonferenz tätig ist. ZDF-Reporter Luc Walpot berichtet live aus der Ukraine.
Russische Luftangriffe und Kampf um Tschassiw Jar
Immer wieder hat Russland auf kritische Infrastruktur in der Ukraine gezielt. In den letzten Tagen stand auch das Gastransitsystem im Fokus russischer Luftangriffe. Die Leitungen transportieren Gas von Russland durch die Ukraine, unter anderem auch in die Europäische Union. Angesichts der verstärkten Attacken bittet der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj um weitere Flugabwehrsysteme vom US-Typ Patriot.
Die USA haben nach monatelangen Blockaden vor wenigen Tagen ein milliardenschweres Hilfspaket verabschiedet. Bis die Hilfe tatsächlich ankommt, kann es allerdings noch dauern. Der polnische Außenminister Radoslaw Skikorski fordert Deutschland auf, auch Marschflugkörper vom Typ Taurus zu liefern, was Bundeskanzler Scholz allerdings weiterhin entschieden ablehnt.
Angaben des Oberbefehlshabers Olexander Syrskyj zufolge hat sich "die Lage an der Front verschärft". Experten glauben, Russland wolle mit Blick auf "den Tag des Sieges" am 9. Mai die Eroberung der Stadt Tschassiw Jar verkünden. Der Tag gilt als wichtigster Feiertag Russlands, an dem an den Sieg der Sowjetunion über Nazideutschland im Zweiten Weltkrieg erinnert wird. Die nördlich von Bachmut gelegene Stadt Tschassiw Jar würde weitere Vorstöße der russischen Truppen in die Region Donezk ermöglichen und gilt als militärstrategisch relevant.
Mit Material von ZDF, dpa, AFP
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