1 (-) Das Entrée des Berliner Humboldt Forums soll das sogenannte Luf-Boot schmücken: Ein 16 Meter langes, kunstvoll verziertes Holzboot, das die Bewohner der Südseeinsel Luf vor fast 150 Jahren erbaut haben. Der Historiker Götz Aly erzählt die Geschichte des Diebstahls vor dem Hintergrund eines Völkermordes durch deutsche Kolonialisten. Das nächste Kapitel in der Kunstraub-Debatte. 66 Punkte
2 (3) Hat das Leben eines Tieres denselben Wert wie das eines Menschen? Ja, sagt Christine M. Korsgaard. Die Kant-Expertin aus Harvard argumentiert mit dessen Moralphilosophie, warum Tiere weder benutzt noch gegessen werden dürfen. Als bewusste Wesen seien sie „Zweck an sich selbst“. Eine der radikalsten Streitschriften seit Peter Singers „Animal Liberation“. 41 Punkte
2 (-) Ihr Buch lese sich so, wie die im 16. Jahrhundert beliebten Wunderkammern: Holzkästen voller exotischer Objekte wie Fossilien oder Kleidungsstücke ferner Länder. Man nimmt sie heraus, staunt und ist berührt vom Gefühl, ein Teil davon zu sein. In 41 Essays erzählt Helen Macdonald vom Abendflug des Mauerseglers, von wilden Tieren, Mythen und Märchen. Über den Reichtum der Natur und ihrer Fragilität. 41 Punkte
4 (-) Fast 40.000 Seiten umfasst der Nachlass des Philosophen Edmund Husserl. Wäre ein junger Franziskanermönch nicht gewesen, nichts davon wäre wohl erhalten geblieben. Denn Husserl, Begründer der Phänomenologie, war Jude. Als Pater Van Breda für einen Studienaufenthalt nach Freiburg kam, erkannte er, dass Husserls Werk durch die Nazis vernichtet werden könnte – und widmete der Rettung sein Leben. 40 Punkte
5 (-) "Die Autorität der Museen bröckelt, und viele wollen wissen: Woher kommen die dort ausgestellten Objekte?" fragt Bénédicte Savoy. Nach ihrem kürzlich veröffentlichten Buch "Afrikas Kampf um seine Kunst" erscheint nun ein gemeinsam mit anderen Berliner Kunsthistorikern recherchierter Bildband zum Thema Raubkunst. Das Protokoll einer Unrechtsgeschichte, die bis in die Antike zurückreicht. 37 Punkte
6 (4) Die Geschichte des Westens ist die Geschichte des Christentums, so lautet die These von Tom Holland. Alles Denken – selbst das säkulare und naturwissenschaftliche – sei zwangsläufige Folge des christlichen Glaubens. Geschickt spannt der Historiker Holland, der auch Romane schreibt, einen Bogen über die Jahrtausende: Von Kirchenvater Augustinus‘ Liebesbotschaft zum Beatles-Song "All you need is love". 33 Punkte
7 (-) "Seit der Erforschung der kleinsten Teilchen und der Entdeckung der fernsten Orte geht es nicht mehr um das Streben nach Extremen", schreibt Leslie Jamison. Es gehe "um die Erfassung dessen, was dazwischenliegt". In ihren Essays erkundet die US-amerikanische Schriftstellerin deshalb die Schattierungen der menschlichen Seele – mit tastender Vorsicht und gnadenloser Ehrlichkeit. 31 Punkte
8 (-) Warum lehnt eine Mehrheit immer wieder eine Minderheit ab? Statt auf die Ausgestoßenen müsse der Blick auf die "Verfasstheit dieser Mehrheit" gelenkt werden, schreibt Peter Longerich. Über zweieinhalb Jahrhunderte haben die Deutschen nach völlig absurden Gründen gesucht, Juden auszuschließen. Der Historiker zeigt: Das Verhältnis zum Judentum ist seit jeher der Spiegel eines brüchigen Selbstbildes. 30 Punkte
9 (5) Hitlers Überfall auf Polen, der Russland-Feldzug, die Schlacht um Berlin: Die Geschichtsschreibung des Zweiten Weltkriegs entwickelt sich meist entlang dieser Wendepunkte. Der Historiker Dan Diner zeigt, dass es auch anders geht: Er lenkt den Blick auf den Nahen Osten. Dabei blieb das Schicksal Palästinas mit dem der Kriegsparteien eng verwoben – vor allem wegen des Öls. 28 Punkte
9 (7) Der Kopf ist zu einflussreich geworden, findet der britische Journalist und Buchautor David Goodhart. Ob Verkäuferinnen oder Pflegekräfte: Die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie wichtig körperliche Arbeit ist. Die größte Wertschätzung bekämen trotzdem Jobs mit akademischer Ausbildung. Goodhart zeigt auf, warum die Berufe "der Hand und des Herzens" aufgewertet werden müssen. 28 Punkte
Jedes Jury-Mitglied der Sachbuch-Bestenliste vergibt monatlich an vier Sachbücher je einmal 15, 10, 6 und 3 Punkte.
Die Jury der Sachbuch-Bestenliste: René Aguigah (Deutschlandfunk Kultur), Peter Arens (ZDF), Susanne Billig (Deutschlandfunk Kultur), Ralph Bollmann (F.A.S.), Stefan Brauburger (ZDF), Alexander Cammann (DIE ZEIT), Gregor Dotzauer (Der Tagesspiegel), Heike Faller (DIE ZEIT), Marlen Hobrack (DIE ZEIT), Daniel Fiedler (ZDF), Jenny Friedrich-Freksa (Kulturaustausch), Manuel J. Hartung (DIE ZEIT), Thorsten Jantschek (Deutschlandfunk Kultur), Kim Kindermann (Deutschlandfunk Kultur), Inge Kutter (DIE ZEIT), Hannah Lühmann (DIE WELT), Ijoma Mangold (DIE ZEIT), Tania Martini (taz), Susanne Mayer (DIE ZEIT), Catherine Newmark (Deutschlandfund Kultur), Jutta Person (freie Literaturkritikerin), Bettina von Pfeil (ZDF), Jens-Christian Rabe (Süddeutsche Zeitung), Christian Rabhansl (Deutschlandfunk Kultur), Anne Reidt (ZDF), Anna Riek (ZDF), Stephan Schlak (Zeitschrift für Ideengeschichte), Hilal Sezgin (freie Autorin), Catrin Stövesand (Deutschlandfunk), Elisabeth von Thadden (DIE ZEIT)
Archiv: Alle Sachbuch-Bestenlisten