1. (-) Niemand würde von sich behaupten, ein schlechter Mensch zu sein. Das liegt daran, dass wir uns an Gutes erinnern, Schlechtes aber verdrängen. Durch eigene Studien zeigt der Verhaltensökonom Armin Falk, warum es uns nicht gelingt, endlich auf Ökostrom umzustellen oder an Bedürftige zu spenden. Seine Forderung: Gesellschaft so zu verändern, dass schlechte Handlungen bestraft, gute belohnt werden. 90 Punkte
2. (-) Lassen sich die Kolonialverbrechen mit dem Holocaust vergleichen? Über diese Frage wird im deutschen Feuilleton seit Jahren heftig gestritten. Die langjährige Auslandskorrespondentin Charlotte Wiedemann fordert nun, auch den Schmerz derer nachzufühlen, die uns weniger nah erscheinen. Ein Plädoyer für eine inklusive, eine universelle Erinnerungskultur. 72 Punkte
3. (-) Moose bleiben unserer Wahrnehmung oft verborgen, dabei sind sie faszinierende Pflanzen: Sie besitzen weder Blüten, Früchte noch Samen – und doch gibt es rund 22.000 Arten. Die amerikanische Pflanzenökologin Robin Wall Kimmerer verflechtet wissenschaftliche Evidenz mit dem Wissen indigener Völker – und zeigt: kaum ein Organismus steht so sehr für die Verbundenheit mit der Umwelt wie das Moos. 54 Punkte
4. (-) Tempolimit oder Veggie-Day: Wo Konsum eingeschränkt werden soll, wittern Liberale oft die drohende Diktatur. Dieser Reflex führe zu einer Verengung des Freiheitsbegriffs, schreibt der Nachhaltigkeitsforscher Philipp Lepenies. Die Geschichte habe gezeigt, wie hilfreich etwa das FCKW-Verbot war. Lepenies ist überzeugt: damit die ökologische Transformation gelingt, müssen wir verzichten lernen. 35 Punkte
5. (-) Als E-Autos vor hundert Jahren auf den Markt drängten, bewarb man sie als Frauenfahrzeug mit eingebauten Kristallglas Vasen – sie fielen durch. Der Erfolg kam mit einem Mann, Elon Musk. Innovationen sind seit jeher von patriarchalen Strukturen geprägt. Noch heute erhalten Frauen nur drei Prozent des globalen Wagniskapitals. Ein Gedankenexperiment, wie eine Welt weiblicher Erfindungen aussähe. 33 Punkte
6. (-) Von John Locke bis Karl Marx gehe die politische Ideengeschichte von einer falschen Annahme aus, schreibt der französische Philosoph Pierre Charbonnier: die Erde als unerschöpfliche Quelle von Reichtum. Unsere Konzepte von Freiheit, Gleichheit und Autonomie beruhten auf diesem Denkfehler. Er fordert: eine konsequente Abkehr vom eigentumsgestützten „Produktionismus“, der die Moderne prägt. 32 Punkte
7. (-) Verfassungsrichter Ernst-Wolfgang Böckenförde wurde zu Lebzeiten hochgeschätzt, Carl Schmitt, „Kronjurist des Dritten Reiches", galt als Paria. Doch waren beide befreundet. Briefwechsel geben nun einen intimen Einblick in ihr ambivalentes Verhältnis, geprägt von Böckenfördes „Schmitt-Projekt“ – dem Versuch, die „politische Theologie“ zu zügeln, um sie für den Kanon der BRD zu adaptieren. 30 Punkte
7. (-) Zwischen 1921 und 1922 erschüttert eine Anschlagsserie die noch junge Demokratie der Weimarer Republik. Die Opfer: Matthias Erzberger, Maximilian Harden, Philipp Scheidemann, schließlich Außenminister Walther Rathenau. Waren es Einzeltäter oder doch der Komplott des rechtsextremen Geheimbunds „Consul“? Mit großer Liebe zum Detail spürt der Historiker Martin Sabrow dieser Frage nach. 30 Punkte
9. (-) Olivette Otele wurde im Senegal geboren, im englischen Bristol lehrt sie Geschichte. In ihrem Buch geht es um „Afropäer:innen“ wie sie, die entgegen allgemeiner Annahme kein neues Phänomen sind: Seit der römischen Expansion herrschte reger Austausch zwischen den Kontinenten, es gab schwarze Heilige, Herrscher, Intellektuelle. Ein fulminanter Gang durch die afrikanisch-europäische Geschichte. 29 Punkte
10. (-) Globale Armut, prekäre Arbeitsverhältnisse, Klimawandel – der Zustand der Welt kann lähmen, weiß die türkische Journalistin Ece Temelkuran. Dabei vergessen wir, dass wir die Geschichte beeinflussen können. Die richtige Antwort auf die Probleme der Gegenwart: nicht Wut, sondern Würde. Eine Handlungsanleitung für ein würdevolles Leben, mitreißend erzählt und mit persönlichen Anekdoten angereichert. 25 Punkte
10. (-) Bevor George Orwell 1936 in den spanischen Bürgerkrieg aufbrach, pflanzte er in seinem Garten nördlich von London Rosen. Diese scheinbar irrelevante Tatsache nimmt die amerikanische Essayistin Rebecca Solnit zum Ausgangspunkt für ein assoziatives Werk über Schönheit und Macht. Eine faszinierende Mischung aus Biografie, Botanik-Sachbuch und philosophischer Abhandlung. 25 Punkte
Jedes Jury-Mitglied der Sachbuch-Bestenliste vergibt monatlich an vier Sachbücher je einmal 15, 10, 6 und 3 Punkte.
Die Jury der Sachbuch-Bestenliste: René Aguigah (Deutschlandfunk Kultur), Peter Arens (ZDF), Susanne Billig (Deutschlandfunk Kultur), Ralph Bollmann (F.A.S.), Stefan Brauburger (ZDF), Alexander Cammann (DIE ZEIT), Gregor Dotzauer (Der Tagesspiegel), Heike Faller (DIE ZEIT), Marlen Hobrack (DIE ZEIT), Daniel Fiedler (ZDF), Jenny Friedrich-Freksa (Kulturaustausch), Manuel J. Hartung (ZEIT-Stiftung), Thorsten Jantschek (Deutschlandfunk Kultur), Kim Kindermann (Deutschlandfunk Kultur), Inge Kutter (DIE ZEIT), Hannah Lühmann (DIE WELT), Tania Martini (taz), Susanne Mayer (DIE ZEIT), Peter Neumann (DIE ZEIT), Catherine Newmark (Deutschlandfund Kultur), Jutta Person (freie Literaturkritikerin), Bettina von Pfeil (ZDF), Jens-Christian Rabe (Süddeutsche Zeitung), Christian Rabhansl (Deutschlandfunk Kultur), Anne Reidt (ZDF), Anna Riek (ZDF), Stephan Schlak (Zeitschrift für Ideengeschichte), Hilal Sezgin (freie Autorin), Catrin Stövesand (Deutschlandfunk), Elisabeth von Thadden (DIE ZEIT)