1. (1) Von der NS-Zeit zur Willkommenskultur: Deutschland hat innerhalb von acht Jahrzehnten einen bemerkenswerten Mentalitätswandel hingelegt. Was waren die Meilensteine? Der in London forschende Historiker Frank Trentmann hat unzählige Zeitzeugen gesprochen, Tagebücher oder Schülerzeitungen ausgewertet. Ein beeindruckendes Panorama des deutschen Gefühlhaushalts nach 1942. 74 Punkte
2. (-) 2002 lernten sich der deutsch-iranische Autor Navid Kermani und der israelische Soziologe Natan Sznaider in Haifa kennen – es folgte ein Mailwechsel über die Frage, ob sich der Nahostkonflikt jemals befrieden lässt. Nach den Massakern der Hamas scheinen sich die düstersten Befürchtungen zu bewahrheiten. Die über 20 Jahre alte Korrespondenz hilft, diese Gegenwart besser zu verstehen. 40 Punkte
3. (-) In der Biologie galt das Weibliche lange als mütterlich, aufopferungsvoll und passiv. Die britische Zoologin Lucy Cooke widerlegt diesen Mythos: Ob Lemurenweibchen oder die kannibalischen Gottesanbeterinnen – in der Tierwelt existieren etliche Beispiele weiblicher Dominanz. Ein unterhaltsamer Beleg, warum wir überholte Vorstellungen weiblicher Natur endlich über Bord werfen sollten. 33 Punkte
4. (2) Anders als erhofft, hat das Internet keinen weltweiten Marktplatz der Ideen hervorgebracht. Die Debatten dort sind geprägt von Irrationalismus und einer Gut-Böse-Binarität, schreibt die Schriftstellerin Eva Menasse. Ihr Essay zeigt auf, wie wir im Digitalen den Kompass für den richtigen Umgangston verloren haben - und wie dieser Verlust auch auf die analoge Welt übergreift. 30 Punkte
4. (5) "Wir leben in einer Zeit nie dagewesener Massenmigration": Sätze wie diesen hört man häufig im öffentlichen Diskurs - sie entsprechen jedoch nicht der Realität. Der niederländische Soziologe Hein de Haas forscht seit Jahrzehnten zur Einwanderung. Auf Grundlage unzähliger Daten klärt er nun über die größten Mythen auf. Ein Plädoyer für eine differenzierte Analyse jenseits ideologischer Lager. 30 Punkte
6. (-) Von Da Vinci bis Warhol – die Kunstgeschichte erzählte bisher vor allem von europäischen oder amerikanischen Männern. Charlotte Mullins bringt den Kanon auf den Stand der Zeit: ob Nok-Terrakotten Nigerias, mexikanische Wandmalereien oder die feministische Kunst der Guerilla Girls – die britische Kunsthistorikerin zeigt, wie vielfältig das Kunsterbe der Menschheit ist. 30 Punkte
7. (6) Ostdeutschland wird verdächtigt, ein Demokratiedefizit zu haben. Die Historikerin Christina Morina wagt einen genaueren Blick auf diese These und analysiert Bürgerbriefe, Petitionen oder Flugblätter. Welche Demokratievorstellungen existieren in beiden Teilen des Landes? Welches Verhältnis zum Staat? Über abweichende Perspektiven, die den Debatten von heute vorausgehen. 27 Punkte
8. (3) Regeln können nerven - ohne sie gäbe es aber keine Wissenschaft, keine Sprache, keine Kunst. Die Historikerin Lorraine Daston hat juristische Traktate, Militärhandbücher oder Kochrezepte ausgewertet, um eine Geschichte der Regeln vorzulegen, von der Antike bis zur Gegenwart. Sie zeigt: Regeln sind seit jeher notwendig - und dennoch wirkt es manchmal befreiend, wenn wir sie brechen. 25 Punkte
9. (-) Das Alter wird oft als Lebensabschnitt der Verluste wahrgenommen – doch wer sich darauf einlässt, kann vieles gewinnen, findet der Schriftsteller und Kritiker Albert von Schirnding. Neue Gedanken werden wach, einst Wichtiges verliert an Bedeutung. In einer Essaysammlung zieht er als 88-Jähriger Resümee über sein bewegtes Leben: "Das Ich altert nicht, wir sterben jung." 25 Punkte
10. (-) Jahrzehntelang leitete Michael Krüger den legendären Münchner Hanser Verlag. Kaum einem anderen Verleger gelang es, so viele Literaturnobelpreisträger zu versammeln; mit vielen seiner Autoren ist er befreundet. Zum 80. Geburtstag blickt er auf sein an Begegnungen reiches Leben zurück. Eine Reise in das Herz der europäischen Literatur. 21 Punkt
Jedes Jury-Mitglied der Sachbuch-Bestenliste vergibt monatlich an vier Sachbücher je einmal 15, 10, 6 und 3 Punkte.
Die Jury der Sachbuch-Bestenliste: Peter Arens (ZDF), Susanne Billig (Deutschlandfunk Kultur), Ralph Bollmann (F.A.S.), Stefan Brauburger (ZDF), Alexander Cammann (DIE ZEIT), Gregor Dotzauer (Der Tagesspiegel), Heike Faller (DIE ZEIT), Marlen Hobrack (DIE ZEIT), Daniel Fiedler (ZDF), Jenny Friedrich-Freksa (Kulturaustausch), Manuel J. Hartung (ZEIT-Stiftung), Thorsten Jantschek (Deutschlandfunk Kultur), Kim Kindermann (Deutschlandfunk Kultur), Hannah Lühmann (DIE WELT), Tania Martini (taz), Susanne Mayer (DIE ZEIT), Peter Neumann (DIE ZEIT), Catherine Newmark (Deutschlandfunk Kultur), Jutta Person (freie Literaturkritikerin), Bettina von Pfeil (ZDF), Jens-Christian Rabe (Süddeutsche Zeitung), Christian Rabhansl (Deutschlandfunk Kultur), Anne Reidt (ZDF), Anna Riek (ZDF), Stephan Schlak (Zeitschrift für Ideengeschichte), Anna-Lena Scholz (DIE ZEIT), Hilal Sezgin (freie Autorin), Catrin Stövesand (Deutschlandfunk), Elisabeth von Thadden (DIE ZEIT), Florian Felix Weyh (Deutschlandfunk Kultur)