Die Bundesagentur für Arbeit hat diese Woche neue Zahlen veröffentlicht: Die gute Lage am Arbeitsmarkt macht sich bemerkbar – die Zahl der Hartz-IV-Empfänger ist im Vergleich zum Vorjahr um rund 25.800 auf 449.550 gesunken. Auch wurden in der ersten Jahreshälfte insgesamt weniger Sanktionen verhängt – im Verhältnis sind es aber immer noch genauso viele wie 2017, nämlich 3,1 Prozent. Das heißt, dass tausenden Hartz-IV-Empfängern die Leistung vom Jobcenter gekürzt wurde.
Versäumnisse streng geahndet
Die mit Abstand meisten Strafen, rund drei Viertel, werden aufgrund von Meldeversäumnissen verhängt. Wenn Hilfebezieher nicht zum vereinbarten Termin im Jobcenter erscheinen, sieht das Sozialgesetzbuch II empfindliche Strafen vor. Bei mehreren Pflichtverletzungen kann sogar die gesamte Unterstützung phasenweise gestrichen werden.
Besonders betroffen sind junge Hartz-IV-Bezieher unter 25 Jahren. Das Gesetz sieht vor, dass Jugendlichen bereits beim ersten Pflichtverstoß, der über ein Meldeversäumnis hinausgeht, die gesamte Regelleistung gestrichen werden kann. Kommt innerhalb eines Jahres ein weiterer Pflichtverstoß dazu, kann ihnen auch der Mietzuschuss gekürzt werden.
Weniger als Existenzminimum
Derzeit beträgt der Regelsatz für einen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten 416 Euro im Monat. Durch Kürzungen würde das verfassungsrechtlich garantierte Existenzminimum massiv unterschritten, so die Kritiker. Weitere Kritikpunkte sind, dass durch Sanktionen in den Jobcentern ein Klima der Angst herrsche und diese zu viel Arbeitszeit in Anspruch nähmen.
Die Präsidentin des Sozialverbandes VdK Deutschland, Verena Bentele, warnte davor, sich von den sinkenden Zahlen der Sanktionen täuschen zu lassen. Sie sagte, dass weiterhin eine beträchtliche Zahl der Leistungsbezieher sanktioniert statt gefördert werde. Die verschärften Sanktionen gegen junge Erwachsene bezeichnete Bentele als Skandal: „Die führen dazu, dass sie den Kontakt zum Jobcenter abbrechen und manchmal sogar wohnungslos werden. Eine erfolgreiche Vermittlung in eine Ausbildung oder Arbeit ist dann nicht mehr möglich.“
Frage der Verhältnismäßigkeit
Immer wieder kommt die Frage auf, ob die Strafen gerechtfertigt und zielführend sind. Tatsächlich sind die Sanktionen für Hartz-IV-Empfänger im Vergleich mit anderen Strafen im deutschen Rechtssystem hoch. Ein einmaliges Terminversäumnis kann eine deutliche Leistungskürzung nach sich ziehen. Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass die Gesetze einen Ermessensspielraum lassen. Das heißt, je nach Jobcenter und Sachbearbeiter werden gleiche Vergehen unterschiedlich hart bestraft.
Ob die Sanktionen, die das Sozialgesetzbuch vorsieht, mit der Verfassung vereinbar sind, wird weiterhin diskutiert werden. Am Ende muss möglicherweise das Bundesverfassungsgericht eine Entscheidung treffen. Eine Klage diesbezüglich liegt bereits vor.
Mit Material von epd