Jedes fünfte Kind in Deutschland gilt als armutsgefährdet. Häufig sind es die Kinder von Alleinerziehenden, von Eltern mit schlechtem Bildungsabschluss oder mit nur kleinem oder gar keinem Einkommen. Auch Kinder mit Migrationshintergrund sind betroffen. „Je länger die Zeit des wirtschaftlichen Kampfes andauert, desto schwieriger stellt sich die Situation für die gesamte Familie dar“, erklärt Diplom-Sozialpädagogin Martina Hermann-Biert.
Wenn Nachwuchs kommt, ist es meist die Frau, die sich zu Hause um das Kind kümmert und ganz oder teilweise im Job pausiert. Eine Trennung trifft sie daher oft besonders hart: Das Budget wird knapp, die Wohnung zu teuer und schnell muss wieder ein Job her. Oft mangelt es zudem an passenden Betreuungsangeboten für die Kinder. Für viele Alleinerziehende beginnt ein Existenzkampf. Hinzu kommt, dass der Unterhalt des Vaters, der die Alleinerziehende finanziell entlasten soll, oft nur unregelmäßig gezahlt wird.
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Arm bleibt arm
Gerade in den Städten sind bezahlbare Wohnungen Mangelware. In der Folge ziehen Alleinerziehende oft in soziale Brennpunkte mit niedrigen Mietpreisen. Oder sie nehmen zusätzliche Nebenjobs an, um die Miete aufzubringen – Zeit, die dann für die Kinder fehlt. Das Geld ist ständig knapp und der Gang zur Tafel für viele Kinder, gerade am Monatsende, Gewohnheit. Für Freizeitaktivitäten, Vereine und Bildung steht kaum Geld zur Verfügung. Mit weitreichenden Konsequenzen: Studien zeigen, dass die Kinder in ihrer Schicht bleiben. Arm bleibt also Arm.
Die Scham über die Lebenssituation ist ohnehin groß: Der Druck, der auf den Familien lastet, ist enorm. Nach Möglichkeit soll niemand mitkriegen, dass man zu wenig hat. Klassenfahrten, Spielzeug oder Markenkleidung – auch Alleinerziehende versuchen alles, damit ihre Kinder mithalten könnten. Die Folge: Oft sparen sie bei sich selbst. Viele Alleinerziehende sind damit dauerhaft überlastet. Allerdings, so Martina Hermann-Biert, sei die Hemmschwelle, die Hilfen anzunehmen, gesunken. Dadurch könnten mehr Kinder früher von Hilfe profitieren. „Es gibt kaum noch Inobhutnahmen von Kindern unter sechs Jahren. Allerdings ist die Anzahl kostenintensiver stationärer Unterbringungen relativ konstant geblieben“, berichtet die Expertin von ihren Arbeitserfahrungen beim Jugendamt Dormagen.
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Schwer vermittelbar
Alleinerziehend zu sein, ist vor allem bei der Jobsuche ein Stigma. Viele Frauen trauen sich beim Bewerbungsgespräch nicht zu sagen, dass sie alleinerziehend sind. Arbeitgeber befürchten offenbar, dass Alleinerziehende häufiger fehlen, weil die Kinder krank sind und die Mitarbeiter weniger flexibel sind.
Das größte Problem der berufstätigen Mütter ist die Kinderbetreuung. Wenn zwar die Kita bis 16.30 Uhr geöffnet ist, die Betreuung in der Grundschule dann aber schon um 15 Uhr schließt, bekommen die meisten Alleinerziehenden ein Problem. Schichtarbeit ist ohnehin kaum realisierbar: Eine alleinerziehende Krankenschwester etwa wird kaum eine Betreuung finden, die sich mit Früh- und Spätdiensten in Einklang bringen lässt. Die Expertin fordert daher, Kitas mit besonderem Förderbedarf besser mit geeigneten Erziehern auszustatten und Fachkräfte besser zu bezahlen. Außerdem seien die Kommunen gefordert, gute Lebensbedingungen für Familien zu schaffen. Allen voran müsse daher in der Politik ein Prioritätenwandel vollzogen werden: „Familien gehören in den Mittelpunkt“, sagt Martina Hermann-Biert.
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