Für Fernsehrätin Magdalene Kläver ist die Serie „Der Schwarm“ als eine aus Deutschland heraus geführte internationale TV-Großproduktion ein „Novum“. Sie bewertet die Besonderheiten der Produktion und geht auf inhaltliche Kritik ein.
#Fernsehrat: Die TV-Serien-Großproduktion „Der Schwarm“ auf Basis des Roman-Bestsellers von Frank Schätzing gilt als die teuerste TV-Produktion, die überhaupt je aus Deutschland heraus realisiert wurde. Wie wichtig ist für das ZDF die internationale Konkurrenzfähigkeit und wie beispielhaft ist das Projekt für die Zukunft?
Magdalene Kläver: Die internationale Konkurrenzfähigkeit ist für das ZDF sehr wichtig. Das Projekt kann als beispielhaft für die Zukunft angesehen werden. Gemäß § 15 Medienstaatsvertrag tragen die Fernsehveranstalter zur Sicherung von deutschen und europäischen Film- und Fernsehproduktionen als Kulturgut sowie als Teil des audiovisuellen Erbes bei. Ausführlich wird in § 15 festgelegt, dass der Hauptteil der für Spielfilme, Fernsehspiele, Serien, Dokumentarsendungen und vergleichbare Produktionen vorgesehenen Sendezeit auf europäischen Märkten liegen soll.
Daneben wurde 2017 mit der European Alliance eine Kooperation zwischen den Öffentlich-Rechtlichen Anstalten ZDF, der italienischen Rai und France Télévisions zur Produktion von Serien geschaffen. Dabei wurde eine verbindliche Kooperationsplattform zur Produktion von fiktionalen Serien angekündigt. Ziel ist eine Stärkung des kulturellen Selbstbewusstseins in der europäischen Serienproduktion.
Mit „Der Schwarm“ werden diese zuvor angeführten Vorgaben erfüllt. Das ZDF hat in Kooperation mit ORF und SRF als Novum eine aus Deutschland heraus geführte internationale TV-Großproduktion mit einem Drittel des Budgets im deutschsprachigen Raum finanziert. Schauspielerinnen und Schauspieler wurden aus mehr als zehn Ländern gemäß den Spielorten gecastet und spiegeln die Internationalität der Serie wider. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler standen bei der Produktion beratend zu Seite. Begleitet wird die Serie von einem umfangreichen wissenschaftlichen Begleitprogramm. Das Ziel der European Alliance, gemeinsam erfolgreiche High-End-Serienprogramme zu entwickeln, die konkurrenzfähig zu nationalen und internationalen Großprojekten sein können, hat das ZDF vorangetrieben und damit die Konkurrenzfähigkeit gestärkt. Dieses setzt Maßstäbe für die Zukunft.
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#Fernsehrat: Die Serie wurde nach den ökologischen Green-Shooting-Standards gedreht. Wie wichtig ist dieser Aspekt für Sie?
Kläver: Die ökologischen Green-Shooting-Standards sind ein sehr wichtiger Aspekt für mich. „Der Schwarm“ thematisiert die ökologische Krise. Gerade bei einer Serie mit einer solchen Thematik sollte die ökologische Nachhaltigkeit bei der Filmproduktion umgesetzt werden. Außerdem denke ich an die nachfolgenden Generationen. Meine Kinder und mein erstes, vier Monate altes Enkelkind machen mir jeden Tag neu klar, wie wichtig das ist.
#Fernsehrat: Der Autor der Buch-Vorlage, Frank Schätzing, hat die Verfilmung kritisiert. Ist die Kritik in Ihren Augen berechtigt, und wie stehen Sie dazu?
Kläver: Ich habe die ersten sechs Folgen der Serie rezipiert. Die Kritik von Frank Schätzing teile ich ausdrücklich nicht.
Zum einen ist für mich der Vergleich mit den „Liebesgeschichten“ von Rosamunde Pilcher nicht nachvollziehbar. Ich fand die Folgen von „Der Schwarm“ spannend und aufrüttelnd. Durch die Darstellung der Freundschaften und der durch die Naturereignisse ausgelösten Todesfälle wird die Dramatik des Themas für mich noch einmal besonders deutlich. Die Kritik von Frank Schätzing, die Serie sei nicht genügend modernisiert worden, teile ich ebenfalls nicht. So verkennt z.B. sein Hinweis auf Social Media meiner Meinung nach, dass Social Media ein eigenes großes Thema ist, dessen Einbeziehung den eigentlichen Inhalt der Serie verwässert. Diversität und globale Gesellschaft, die sich in der Serie widerspiegeln, sind aktuellste Themen. Außerdem unterliegt es der künstlerischen Freiheit, die durch Art. 5 GG geschützt ist, wie der Inhalt im Einzelnen gestaltet und umgesetzt wird.
Schließlich erkenne ich in den Aussagen von Frank Schätzing einen Widerspruch. Zum einen rügt er, dass die Serie nicht aktuell genug sei. Zum anderen hält er sie für nicht eng genug an die Vorlage angelehnt. Ich bin schon sehr gespannt auf die letzten beiden Folgen.
Zur Person: Prof. Dr. Magdalene Kläver ist Rechtsanwältin und war Wissenschaftliche Mitarbeiterin für Medienrecht am Institut für Publizistik an der Universität Mainz. Nach ihrer Elternzeit und der Erstellung der Dissertation zum Persönlichkeitsrecht gibt sie seit 2001 medienrechtliche Lehrveranstaltungen an der Hochschule Darmstadt, zunächst als Lehrbeauftragte, als Vertretungsprofessorin und seit 2014 als Honorarprofessorin. Seit 2003 ist sie Rechtsanwältin und seit 2011 Justiziarin im Kommissariat der Katholischen Bischöfe im Lande Hessen.
Mitgliedschaft im Programmausschuss Programmdirektion des ZDF-Fernsehrates.