Harris gegen Trump – wie schmutzig wird der US-Wahlkampf?

Fakten-Box | 25. Juli 2024

• US-Präsident Biden gibt auf

  

  US-Präsident Joe Biden wird bei der Präsidentschaftswahl im November nicht für eine zweite Amtszeit antreten. In den vergangenen Wochen war der 81-Jährige wegen seines Alters und seines mentalen Zustandes in der eigenen Partei massiv unter Druck geraten.
  
  „Obwohl es meine Absicht war, mich um eine Wiederwahl zu bemühen, glaube ich, dass es im besten Interesse meiner Partei und des Landes ist, wenn ich mich zurückziehe und mich für den Rest meiner Amtszeit ausschließlich auf die Erfüllung meiner Pflichten als Präsident konzentriere“, schrieb Biden in einer schriftlichen Erklärung, die über soziale Medien verbreitet wurde.
  
  In einer öffentlichen Erklärung am Mittwoch sagte Biden ,,die Verteidigung der Demokratie, die auf dem Spiel steht, ist wichtiger als jeder Titel.‘‘ Seinen Rückzug aus dem Präsidentschaftsrennen bezeichnete er als politischen Generationenwechsel, der seine Partei und sein Land vereinen solle.
  
  Der Austausch des designierten Spitzenkandidaten nur wenige Monate vor der US-Wahl und nur Wochen vor wichtigen Fristen in einigen Bundesstaaten ist für die Demokraten ein heikles Manöver. Inzwischen hat Harris aber die Unterstützung zahlreicher Parteigrößen, unter ihnen die Gouverneure Gavin Newsom (Kalifornien), Josh Shapiro (Pennsylvania) und Roy Cooper (North Carolina). 
  
  
  
  Quellen: Red. / dpa / reuters / afp / ap / epd / kna

  Bildquelle: phoenix

• US-Demokraten ziehen Nominierung vor

  

  Die US-Demokraten wollen ihren Präsidentschaftskandidaten bereits vor ihrem für die zweite Augusthälfte geplanten Parteitag nominieren. Die Parteizentrale beschloss am Mittwoch, dass es Anfang August eine elektronische Abstimmung über den Kandidaten für die Wahl im November geben wird. Einzige Bewerberin ist bislang Vizepräsidentin Kamala Harris, die von Präsident Joe Biden unterstützt wird. Die 59-Jährige hatte am Montag mitgeteilt, dass sie sich bereits genügend Delegiertenstimmen für ihre Nominierung gesichert habe.
  
  Nach den jetzt von der als Demokratisches Nationalkomitee (DNC) bezeichneten Parteizentrale festgesetzten Regeln könnte schon am 1. August mit der elektronischen Abstimmung über den Kandidaten begonnen werden. Die Partei wolle einen "transparenten, zügigen und geordneten" Nominierungsprozess umsetzen, kündigte der DNC-Vorsitzende Jaime Harrison an.
  
  Die Regeln sehen vor, dass alle Anwärter auf die Präsidentschaftskandidatur der Demokratischen Partei ihre Bewerbung bis zum Samstag einreichen müssen. Bis Dienstag, 30. Juli, müssen sie dann nachweisen, dass sie die Voraussetzungen für die Bewerbung erfüllen. Dazu gehört, dass sie die Unterstützung von mindestens 300 Delegierten haben.
  
  Bleibt es dabei, dass es außer Harris keinen anderen Anwärter gibt, soll die elektronische Abstimmung am Donnerstag kommender Woche, dem 1. August, beginnen. Gibt es doch noch weitere Bewerber, kann der Beginn des Votums um einige Tage verschoben werden.
  
  Der Parteitag der Demokraten findet dann wie bislang geplant vom 19. bis 22. August in Chicago statt. Zwar soll dort nach Angaben des DNC nochmals ein Votum über den Präsidentschaftskandidaten abgehalten werden. Da dieser aber bereits vorher feststeht, wird die Parteitagsabstimmung demnach nur noch "zeremoniellen" Charakter haben.
  
  Quellen: Red. / dpa / reuters / afp / ap / epd / kna

  Bildquelle: dpa

• Wer ist Kamala Harris?

  

  Kamala Harris wurde 1964 in Oakland, Kalifornien geboren, sie ist die Tochter von zwei Einwanderern. Ihr Vater, ein Wirtschaftswissenschaftler, stammt aus Jamaika stammt, ihre Mutter, Brustkrebsforscherin, war aus Indien in die USA eingewandert. Sie starb 2009. Die Eltern trennten sich, als Kamala Harris noch ein kleines Kind war, sie und ihre jüngere Schwester wuchsen bei der Mutter auf. „Sie erzog uns zu stolzen starken schwarzen Frauen. Und sie hat uns beigebracht, unser indisches Erbe zu kennen und darauf stolz zu sein", sagte Harris 2020 in einer Rede. Harris ist mit dem Rechtsanwalt Douglas Emhoff verheiratet.
  
  Sie studierte Jura und wurde Bezirksstaatsanwältin in San Francisco. 2010 wurde sie dann die erste schwarze Generalstaatsanwältin von Kalifornien.
  
  Bei ihrem ersten Wahlkampfauftritt in ihrer neuen Rolle als voraussichtliche Präsidentschaftskandidatin hat sie vor Chaos gewarnt, sollte Donald Trump die Wahl gewinnen: „Wollen wir in einem Land der Freiheit, des Mitgefühls und der Rechtsstaatlichkeit leben, oder in einem Land des Chaos, der Angst und des Hasses?". In ihrer Rede ging Harris anfriffslustig vor und verglich ihren Hintergrund als ehemalige Staatsanwältin mit Trumps Akte als verurteilter Straftäter. Sie erklärte zudem, dass sie sich bei ihrer Wahl für einen erweiterten Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen, die Erleichterung des Beitritts zu Gewerkschaften und die Bekämpfung von Waffengewalt einsetzen würde.
  
  Die Punkte stehen im Kontrast zu den Plänen von Trump. In einer landesweiten Umfrage von Reuters/Ipsos, die am Montag und Dienstag durchgeführt wurde, lag Harris bei den registrierten Wählern mit 44 Prozent vor Trump, der auf 42 Prozent kam.
  
  Ein Sieg von Harris würde einen Generationenwechsel im Weißen Haus einläuten. Mit ihr käme auch erstmals ein Frau in das höchste politische Amt der Vereinigten Staaten.
  
  Nach der Unterstützung einflussreicher Parteimitglieder haben sich auch wichtige Spender der Demokraten hinter US-Vizepräsidentin Kamala Harris als Kandidatin für die Präsidentschaftswahl versammelt. Laut Harris' Wahlkampfteam kamen innerhalb der ersten 24 Stunden 81 Millionen Dollar zusammen.
  
  Quellen: Red. / dpa / reuters / afp / ap / epd / kna

  Bildquelle: AP

• Reaktionen aus Deutschland

  

  Nachdem US-Präsident Joe Biden am Sonntag mitteilte, nicht mehr als Präsidentschaftskandidat antreten zu wollen, würdigten ihn Vertreterinnen und Vertreter der Parteien in Deutschland für seine Entscheidung.
  
  Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) schrieb auf X: “Sein Entschluss, nicht noch einmal zu kandidieren, verdient Anerkennung“. Scholz nannte Biden seinen "Freund". Der US-Präsident habe "viel erreicht: für sein Land, für Europa, die Welt".
  
  Bundearbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sagte, es gebe nun "die Chance, dass das Rennen offen gestaltet ist" zwischen Trump und den Demokraten. Als Sozialdemokrat drücke er natürlich den Demokraten „alle Daumen“.
  
  Vize-Kanzler Robert Habeck (Grüne) erklärte, Bidens Rückzugsentscheidung erfülle ihn "mit tiefer Hochachtung". Er habe sich "ein halbes Jahrhundert für die Demokratie, fürs Land, für die Menschen" eingesetzt, schrieb er auf Instagram.
  
  Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sagte: „Joe Biden stellt die Interessen seines Landes über seine eigenen“.
  
  Grünen-Chefin Ricarda Lang äußerte sich ähnlich. Sie schrieb ebenfalls bei X: "Joe Biden hat als Präsident seinem Land auf beeindruckende Art und Weise gedient. Und er tut es auch mit diesem Schritt. Mein größter Respekt!"
  
  CDU-Chef Friedrich Merz teilte auf X mit: „Joe Biden hat mehr als fünf Jahrzehnte lang dem amerikanischen Volk gedient. Seine heutige Entscheidung verdient größten Respekt“.
  
  CSU-Chef Markus Söder schrieb auf X, Biden habe "viel für sein Land, die Nato und Europa geleistet". Sein Rückzug im Wahlkampf sei "die richtige Entscheidung".
  
  Die FDP-Europapolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann sieht durch den Rückzug Bidens wieder Chancen für dessen Demokraten. "Noch können die Demokraten die Wahl für sich entscheiden", sagte Strack-Zimmermann der "Rheinischen Post". Dass Biden seine Kandidatur nun aufgebe, "ist klug, auch wenn es ihm natürlich schwerfallen muss". Jetzt müssten die Demokraten einen geeigneten Kandidaten oder eine geeignete Kandidatin sofort auf den Weg schicken.
  
  Quellen: Red. / dpa / reuters / afp / ap / epd / kna

  Bildquelle: phoenix

• Trump braucht eine neue Strategie

  

  Harris kann bei bestimmten Wählergruppen voraussichtlich mehr punkten als Trump, aber auch als Biden: vor allem bei Schwarzen, aber vermutlich auch bei Jüngeren und bei Frauen. Trump muss nun komplett umdenken, seinen Wahlkampf anders aufziehen und eine neue Strategie entwickeln.
  
  Der Republikaner beklagt sich darüber sogar öffentlich und schimpft auf seiner Online-Plattform Truth Social: ,,Jetzt müssen wir von vorn anfangen.‘‘ Die Republikanische Partei sollte entschädigt werden für ihre bisherigen Wahlkampfausgaben, die ganz auf Biden ausgerichtet gewesen seien.
  
  Das Thema Migration dürfte der wichtigste Angriffspunkt von Trump werden. Es war im Wahlkampf 2020 sein Parade-Thema und ist es auch in diesem Wahljahr: Trump behauptet bei jeder Kundgebung, das Land werde von Horden gefährlicher und verbrecherischer Migranten schier überrannt. Dafür dürfte er Harris ab sofort persönlich verantwortlich machen.
  
  Vor rassistischen und sexistischen Angriffen auf Harris haben ranghohe Republikaner gewarnt. Bei einem hinter geschlossenen Türen abgehaltenen Treffen von republikanischen Abgeordneten des Repräsentantenhauses am Dienstag appellierte der Vorsitzende des «National Republican Congressional Committee» (NRCC) an die Abgeordneten, sich damit zu begnügen, Harris für ihre Verantwortung für die Politik der US-Regierung zu kritisieren. Bei der Wahl gehe es um politische Maßnahmen, nicht um Persönlichkeiten, sagte er.
  
  Quellen: Red. / dpa / reuters / afp / ap / epd / kna

  Bildquelle: AFP

• Welche Rollen spielen die "Swing States"?

  

  Im Wahlkampf zwischen den Demokraten und Republikanern könnten besonders sogenannte Swing States, die bei der Wahl weder den Republikanern noch den Demokraten fest zuzurechnen sind, wichtig sein.
  
  Welche US-Bundesstaaten bei der kommenden Wahl als Swing State gelten, lässt sich meist schon anhand der aktuellen Sitzverteilung im US-Senat ablesen. Für jeden Staat sitzen zwei Senatoren im US-Kongress. Wenn die Senatoren eines Staates nicht derselben Partei angehören, handelt es sich meist um Swing States.
  
  Die Gruppe der Swing States ist daher in diesem Jahr kleiner. Dazu gehören Arizona, Georgia, Michigan, Pennsylvania und Wisconsin.
  
  Es ist gängig, dass in diesen hart umkämpften Bundesstaaten die meisten Wahlkampf-Auftritte stattfinden sowie die meisten Fernsehspots gesendet werden, um die Wähler zu gewinnen. Somit wird dort auch der Großteil des Wahlkampfbudget ausgegeben.
  
  Vor dem Wahltag am 5. November soll es voraussichtlich noch eine direktes Aufeinander Treffen in Form einer TV-Debatte zwischen Harris und Trump geben.
  
  Quellen: Red. / dpa / reuters / afp / ap / epd / kna

  Bildquelle: dpa