Möglichweise werde die Anklage auch noch erweitert, sagte jetzt ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Bei Befragungen durch einen Psychiater habe sich der Beschuldigte erst kürzlich an einen zusätzlichen Fall erinnert.
Wieso konnte Niels H. so lange ungehindert morden, obwohl auffallend viele Patienten während seiner Dienstzeit starben, der Medikamentenverbrauch erhöht war und er sich auffällig verhielt? Es gab also Verdachtsmomente, doch niemand zeigte ihn an.
Niels H. mordete an zwei Kliniken: in Oldenburg und Delmenhorst. Heute weiß man, er provozierte Notfälle, um sich nach erfolgreicher Wiederbelebung als Retter feiern zu lassen. Er hungerte nach Anerkennung, suchte den Kick, gab er selbst an. Dass Menschen dabei zu Tode kamen, nahm er in Kauf.
Der Fall Niels H. ist nach Meinung der Ermittler die größte Mordserie der deutschen Nachkriegsgeschichte. Doch er war nicht der einzige Pfleger, der zum Täter wurde. Der Psychiater Karl H. Beine erforscht Patiententötungen in Krankenhäusern und Pflegeheimen. Weltweit hat er Dutzende Tötungsserien untersucht, einige auch in Deutschland. Es gebe Frühwarnzeichen bei Tätern, auf die geachtet werden müsse: eine rohe Sprache zum Beispiel. "Wenn nicht mehr von Sterben die Rede ist, sondern von Abkratzen. Oder wenn einzelne Mitarbeiter in Teams einschlägige Spitznamen bekommen wie Vollstrecker oder Todesengel", erläutert Beine.