Wieso konnte Niels H. so lange ungehindert morden? Obwohl auffallend viele Patienten während seiner Dienstzeit starben, der Medikamentenverbrauch erhöht war und er sich auffällig verhielt? Es gab also Verdachtsmomente. Doch niemand zeigte ihn an.
Niels H. mordete an zwei Kliniken: Oldenburg und Delmenhorst. Heute weiß man: Er provozierte Notfälle, um sich nach erfolgreicher Wiederbelebung als Retter feiern zu lassen. Er hungerte nach Anerkennung, suchte den Kick, so gab er selbst vor Gericht an. Dass Menschen dabei zu Tode kamen, nahm er in Kauf.
Auch der Großvater von Christian Marbach starb durch eine tödliche Medikamentendosis, verabreicht von Niels H. Der Patient war nach einer Darmoperation auf dem Weg der Genesung. "Wir haben dem Klinikum Delmenhorst unseren Großvater anvertraut, er hätte nicht sterben müssen. Er hatte nichts Tödliches, um das mal ganz klar zu sagen", so der Enkel heute. Er will wissen, warum in der Klinik weggeschaut wurde.
Der Fall Niels H. - nach Meinung der Ermittler die größte Mordserie der deutschen Nachkriegsgeschichte. Doch er war nicht der einzige Pfleger, der zum Täter wurde. Der Psychiater Karl H. Beine erforscht Patiententötungen in Krankenhäusern und Pflegeheimen. Weltweit hat er Dutzende Tötungsserien untersucht, einige auch in Deutschland. Es gebe Frühwarnzeichen bei Tätern, auf die geachtet werden müsse: eine rohe Sprache zum Beispiel. "Wenn nicht mehr von Sterben die Rede ist, sondern von Abkratzen. Oder wenn einzelne Mitarbeiter in Teams einschlägige Spitznamen bekommen wie Vollstrecker oder Todesengel", erläutert Beine.
Im Fall Niels H. werden auch Verantwortliche der Kliniken vor Gericht erscheinen müssen. Was haben die betroffenen Krankenhäuser daraus gelernt? Wie können Patiententötungen verhindert werden? Wie sicher sind unsere Kliniken heute?
"ZDFzoom" spricht mit Angehörigen, Experten, Ermittlern und einem ehemaligen Kollegen von Niels H.