Daran nicht ganz unschuldig ist die Politik: Jahrelang wurden vielerorts Sozialwohnungen verkauft. Jetzt gingen deutschlandweit Zehntausende auf die Straße, protestierten gegen hohe Mieten und forderten Enteignungen. In Berlin fiel zugleich der Startschuss für eine Unterschriftensammlung, mit der das Volksbegehren "Deutsche Wohnen und Co. enteignen" auf den Weg gebracht werden soll.
Mieter in Berlin kämpfen um ihre Wohnung
Die Karl-Marx-Allee, ehemals Stalinallee, im Osten Berlins war das große Prestigeobjekt der DDR-Regierung nach dem Zweiten Weltkrieg - ein Prachtboulevard mit luxuriösem Wohnraum im sogenannten sowjetischen Zuckerbäckerstil, der in den 1950er-Jahren errichtet worden war.
Heute ziehen dort "Stalins Erben" in den Klassenkampf: Vier Wohnblöcke mit rund 700 Wohnungen wollte der Immobilienkonzern Deutsche Wohnen hier kaufen. Doch dagegen gingen die Bewohner auf die Barrikaden, weil sie stark steigende Mieten fürchteten. Denn das börsennotierte Unternehmen, das nach eigenen Angaben 167 000 Wohn- und Gewerbeeinheiten besitzt, davon 70 Prozent Immobilien in Berlin, hat als Vermieter einen zweifelhaften Ruf.
Volksbegehren zur Enteignung
Hilfe für die Bewohner der Karl-Marx-Allee kam von der Politik: Die Mieter sollen mit finanzieller Unterstützung des Senats von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch machen und selbst Eigentümer werden, oder alternativ die Wohnung umgehend in einem sogenannten gestreckten Erwerb an die kommunale Wohnungsbaugesellschaft weiterverkaufen.
Mittlerweile geht es in Berlin jedoch um mehr als die Deutsche Wohnen und Wohnblöcke in der Karl-Marx-Allee: Mit dem Volksbegehren wollen die Initiatoren Wohnungskonzerne enteignen, die mehr als 3000 Wohnungen in der deutschen Hauptstadt besitzen. Eine interne Kostenschätzung des Senats zeigt, die Enteignungen könnten für das Land Berlin Entschädigungszahlungen von bis zu 36 Milliarden Euro bedeuten.