"Havanna-Syndrom": Mikrowellenwaffen gegen US-Diplomaten?
Mysteriöses "Havanna-Syndrom":Mikrowellenwaffen gegen US-Diplomaten?
|
Hunderte US-Diplomaten berichten über rätselhafte Gesundheitsprobleme. Medienberichte zeigen: Russland könnte dahinterstecken. ZDFheute live mit Geheimdienstexperte Adrian Hänni.
"Havanna-Syndrom" beim Nato-Gipfel in Litauen?
Nato-Gipfel im litauischen Vilnius vergangenes Jahr: Ein hochrangiger Beamter des US-Verteidigungsministeriums klagt über gesundheitliche Probleme. Seine Symptome ähneln denen des sogenannten "Havanna-Syndroms", bestätigt nun auch das Pentagon:
Wohl kaum eine andere "Krankheit" wirft so viele Fragen auf. Seit Jahren treten bei hunderten US-Diplomaten mysteriöse Gesundheitsprobleme auf: Darunter Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit sowie Hör- und Gedächtnisverlust.
Die Ersten, die über die rätselhaften Symptome berichteten, waren in der kubanischen Hauptstadt Havanna lebende US-Diplomaten. Später wurden auch anderswo Fälle bekannt, etwa in China, Kolumbien und Österreich.
Neue Recherchen führen nach Russland
Die Ursache der Beschwerden ist unklar. Neue Recherchen des "Spiegels", dem US-Investigativmagazin "60 Minutes" und dem russischen Onlineportal "The Insider" zeigen jetzt: Die Spuren führen nach Russland. Genauer: Zur Spezialeinheit 29155 des russischen Geheimdienstes GRU.
Deren Agenten sollen sich mehrfach an Orten befunden haben, an denen kurz darauf US-Diplomaten oder deren Angehörige über Symptome des "Havanna-Syndroms" klagten. Außerdem sollen sich die russischen Agenten über "potenzielle Einsatzmöglichkeiten von nicht-tödlichen akustischen Waffen" ausgetauscht haben.
Geheimdienstexperte Hänni bei ZDFheute live
Greift der russische Geheimdienst Diplomaten mit Schallwaffen an? Wer steckt hinter der GRU-Spezialeinheit 29155? Und was soll mit den mutmaßlichen Angriffen bezweckt werden?
Darüber spricht Victoria Reichelt bei ZDFheute live mit Geheimdienstexperte Dr. Adrian Hänni und ZDF-Korrespondent Elmar Theveßen in Washington.
Erste Fälle des "Havanna-Syndroms" 2014 in Frankfurt?
Zwar werden die Gesundheitsbeschwerden der US-Diplomaten nach der kubanischen Hauptstadt Havanna benannt, die neuen Recherchen legen allerdings nahe, dass erste Fälle bereits 2014 in Deutschland aufgetreten sein könnten.
Der US-Diplomat Marc Lenzi berichtet dem "Spiegel", dass es auch in Frankfurt am Main Betroffene gab. Manche von ihnen seien bewusstlos geworden. Dem Bericht zufolge habe ein Bediensteter etwas verspürt, das "einem starken Energiestrahl ähnelte". Zum Zeitpunkt der Vorfälle sollen sich auch Mitglieder der GRU-Einheit 29155 in Frankfurt aufgehalten haben.
Kreml weist Beteiligungen der GRU-Gruppe 29155 zurück
Die berüchtigte Einheit des russischen Militärgeheimdienstes wurde 2008 gegründet und ist für Auslandseinsätze zuständig. Ihr werden mehrere Angriffe außerhalb Russlands zur Last gelegt – unter anderem die versuchte Vergiftung des Ex-Doppelagenten Sergej Skripal in Großbritannien im Jahr 2018.
Kreml-Sprecher Peskow wies den Bericht und die darin gegen Russland erhobenen Vorwürfe als "haltlos" zurück.
USA halten russische Verwicklung für unwahrscheinlich
Während die US-Regierung einen Angriff anfangs noch nicht ausgeschlossen hatte, kamen US-Geheimdienste im März 2023 zu dem Schluss, dass es höchst unwahrscheinlich sei, dass ein gegnerischer Staat für das "Havanna-Syndrom" verantwortlich ist.
Die gemeldeten Beschwerden seien stattdessen wahrscheinlich das Ergebnis von Vorerkrankungen, anderer Krankheiten oder Umweltfaktoren. Auch nach den neuen Recherchen hält das US-Außenministerium an dieser Einschätzung fest. Die Geheimdienste würden neue Informationen auswerten, wenn es solche gebe.