Direct-Air-Capture: Wie gelbes Pulver CO2 aus der Luft holt

    Direct-Air-Capture-Technik:Wie dieses Pulver den Klimawandel bremsen soll

    von Manfred Kessler
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    CO2 muss reduziert werden. Moderne Technik kann Kohlendioxid aus der Luft holen - im Fokus Direct Air Capture. Welche Hürden es gibt und wie sehr es beim Klimaschutz helfen kann.

    COF-999
    Forscher der University of California haben dieses gelbe Pulver entwickelt, um CO2 aus der Luft zu holen.
    Quelle: Zihui Zhou, UC Berkeley

    COF-999 heißt ein gelbes Wunderpulver, das CO2 aus der Luft holt. Das neue Material soll besonders effektiv sein. Forscher der University of California in Berkeley haben diesen Stoff entwickelt. Das Verfahren nennt sich "Direct Air Capture" (DAC). An den gelben Stoff kann sich das CO2 anlagern.
    Wenn das Pulver gesättigt ist und nichts mehr aufnimmt, wird es auf 60 Grad erhitzt. Dabei wird das Kohlendioxid wieder freigegeben und kann gespeichert oder in der Industrie genutzt werden.
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    Prozesse sehr energieaufwändig

    Solche Verfahren sind im Prinzip nicht neu. Die chemische Industrie nutzt hierfür sogenannte Amine oder Methanole, um das CO2 zu binden. Diese chemischen Prozesse sind aber sehr energieaufwändig.
    Am besten sei es immer noch, Treibhausgase zu vermeiden, meint Professor Dieter Stapf vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Wenn das nicht in genügendem Maße gelänge, müsse das CO2 wieder aus der Luft geholt werden.
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    CO2-Filteranlagen in Island

    Vorreiter für das "Direct Air Capture"-Verfahren ist das Schweizer Unternehmen Climeworks. Die Firma hat in Island die nach eigenen Angaben weltweit größte Anlage gebaut, um CO2 aus der Luft zu filtern. Hierzu wird allerdings viel Energie benötigt, denn es müssen mit Hilfe von Gebläsen riesige Luftmengen bewegt werden.
    In Island liefert ein Geothermie-Kraftwerk diese Energie. Das herausgefilterte CO2 wird in Meerwasser gelöst, in unterirdische Hohlräume gepumpt und im Gestein dauerhaft gespeichert. 36.000 Tonnen Kohlendioxid soll diese Anlage im Jahr aus der Luft herausziehen. Climeworks agiert auf dem Feld der CO2-Abscheidung nicht alleine. 2025 plant die US-Firma Carbon Engineering in Texas eine Anlage, die der Luft pro Jahr 500.000 Tonnen CO2 entziehen soll.
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    Direct Air Capture teuer und energieintensiv

    Die Technologie gilt jedoch noch als teuer und energieintensiv, weil die CO2-Konzentration in der Luft sehr gering ist. Die wenigen Moleküle muss man mit viel Aufwand herausfiltern. Die Schätzungen, was es kostet, eine Tonne CO2 aus der Luft zu filtern, gehen auseinander. Zahlen zwischen 500 und 1.000 Euro stünden da im Raum, sagt Professor Niklas von der Aßen, der sich an der RWTH in Aachen mit Thermodynamik beschäftigt.
    Startups versuchten, auf 500 bis 300 Euro pro Tonne zu kommen. Doch wirtschaftlich kann bisher keine dieser Technologien sein. Nur mit einer höheren CO2-Bepreisung würde es sich rechnen. In Deutschland aber liegt der CO2-Preis zur Zeit bei rund 70 Euro pro Tonne - noch weit weg von dem, was für diese Technik notwendig wäre.
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    CO2 direkt bei Entstehung einfangen

    Wesentlich günstiger ginge es, wenn man das CO2 direkt an den Quellen der Hauptverursacher abscheidet. "Da sind wir dann bei Kraftwerken eher in der Größenordnung von 100 Euro pro Tonne", sagt von der Aßen. Man könne CO2 auch bei der Stahl-, Glas- und Zementherstellung abscheiden. An allen Punktquellen sei die CO2-Konzentration sehr hoch.
    Mit einer Ökobilanz ließe sich quantifizieren, wie viel CO2 man der Atmosphäre entnehme und wie viel CO2 an anderer Stelle durch den hohen Energiebedarf entstehen würde. Da sei natürlich die Ökobilanz bei climeworks in Island mit grüner Geothermie vorteilhaft. Wenn man ein Kohlekraftwerk dafür anschmeißen müsse, mache das keinen Sinn, meint der Aachener Professor.
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    Wo das CO2 speichern?

    Die Anschlussfrage ist auch, was man mit dem herausgefilterten CO2 macht. Es muss irgendwo dauerhaft gespeichert werden. Abscheidung, Speicherung und Nutzung von CO2 soll künftig auch in Deutschland möglich sein. So gut wie alle Experten sind sich einig, dass man zunächst darauf hinwirken muss, die Entstehung von CO2 zu vermeiden und zu reduzieren. Stapf meint aber, dass es ohne DAC nicht gehen werde.
    Das gelbe Pulver COF-999 ist noch in der Laborphase. Experten schätzen, dass es noch einige Jahre bis zur Anwendungsreife dauert. Dann hätte man einen weiteren Stoff, um CO2 effizient aus der Atmosphäre zu filtern.

    Eine Person hält ein Smartphone in der Hand. Darauf ist der WhatsApp-Channel der ZDFheute zu sehen.
    Quelle: ZDF

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