Mangroven und Algen: Klimaretter im Wasser | Terra-X-Kolumne
Terra X - die Wissens-Kolumne:Mangroven, Algen: Unsere Verbündeten im Meer
von Julia Schnetzer
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Seit Jahrzehnten hilft uns der Ozean, indem er CO2 aufnimmt. Einige Ökosysteme speichern besonders viel Kohlenstoff und nützen uns gegen die Klimakrise - solange man sie lässt.
Man geht davon aus, dass etwa ein Viertel des vom Menschen durch fossile Energiegewinnung freigesetzten Kohlenstoffs vom Ozean aufgenommen wurde und er uns in den letzten Jahren vor einem schnellen Klimawandel bewahrt hat. Das tut er, in dem sich CO2 ganz natürlich in seinem Wasser löst. Doch auch die Fotosynthese betreibenden Lebewesen an den Küsten wie Gräser, Bäume oder Algen leisten einen erheblichen Beitrag dazu.
In der Terra-X-Kolumne auf ZDFheute beschäftigen sich ZDF-Wissenschaftsjournalistinnen und -journalisten wie Harald Lesch, Mirko Drotschmann und Jasmina Neudecker sowie Gastexpert*innen jeden Sonntag mit großen Fragen der Wissenschaft - und welche Antworten die Forschung auf die Herausforderungen unserer Zeit bietet.
Mangroven geben den Küsten Halt
Mangrovenwälder speichern weltweit um die 24 Millionen Tonnen Kohlenstoff. Das entspricht circa 15 Prozent des weltweiten organisch gebundenen Kohlenstoffs, obwohl sie nur 0,1 Prozent des Festlandes bedecken. Damit sind sie zehnmal effizienter als Wälder in unseren Regionen.
Dies ermöglichen ihre typischen, großen, wellig, nach oben gebogenen Wurzeln, mit denen sie sich tief ins Küstensediment krallen. Damit geben sie nicht nur sich selbst Halt, sondern auch der Küste und dienen als wichtige Wellen- und Sturmbrecher.
Wurzelgeflecht bindet Kohlenstoff
In diesem Wurzelgeflecht bleiben abgefallene Pflanzenteile des Mangrovenwaldes und anderes kohlenstoffhaltiges organisches Material wie Algen, Seegras oder tote Tiere hängen. Dort verfangen oder von Krebsen in ihre Höhlen getragen, wird es durch die spezielle salzige und sauerstoffarme Umgebung nur teilweise abgebaut. So mineralisiert das Material mit der Zeit und der Kohlenstoff bleibt im Mangrovensediment dauerhaft gebunden. Zumindest, solange niemand diese Wälder abholzt.
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Salz- und Seegraswiesen wachsen in die Höhe
Auch Salz- und Seegraswiesen haben positive Effekte. Salzwiesen sind Küstengebiete, die regelmäßig überschwemmt werden. Die salztoleranten Gräser und Sträucher, die dort wachsen, verlangsamen den Fluss des Wassers und sorgen so dafür, dass sich jedes Mal eine feine Schicht Sediment ablagert, die vom Pflanzenwuchs beim Ablaufen der Flut zurückgehalten wird. So wächst die Wiese langsam in die Höhe. In ihrem Sediment liegen Pflanzen-, Algen- und anderen vom Meer angespülte organische Teilchen begraben, die dort, inklusive ihres Kohlenstoffs, für Jahrhunderte gebunden sind.
Seegraswiesen folgen einem ähnlichen Prinzip. Seegräser bilden im flachen Wasser auf sandig oder schlickigem Meeresboden grüne Rasen. Auch sie reduzieren die Fließgeschwindigkeit des Wassers und fangen mit ihren Halmen und Wurzeln Sediment ein, unter dem organisches Material begraben und kaum zersetzt wird. Sie sind so effektiv dabei, dass sie bis zu 18 Prozent des jährlich vom Meer gespeicherten Kohlenstoffs ausmachen. Zumindest solange niemand diese Wiesen stört.
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Mikroalgen absolute Spitzenreiter beim Speichern von Kohlenstoff
Aber auch unter der Wasseroberfläche wird tüchtig gearbeitet. Algen, egal ob groß oder klein, leisten einen erheblichen Beitrag bei der CO2-Speicherung. Makroalgen wie Seetang speichern um die 199 Millionen Tonnen Kohlenstoff pro Jahr. Und die mikroskopisch kleinen Mikroalgen sind noch weitaus tüchtiger: Mit mehr als 830 Millionen Tonnen pro Jahr sind sie Spitzenreiter beim CO2 aufnehmen.
Das liegt allerdings hauptsächlich an der gewaltigen Fläche, die sie besiedeln können. Denn das Meer bedeckt fast 71 Prozent der Planetenoberfläche und all das können die Mikroalgen als Lebensraum nutzen - sogar je nach Klarheit des Wassers bis in 200 Meter Tiefe. Das ist ganz schön viel Platz.
Sterben die Algen ab und sinken tausende Meter in die Tiefsee, dann wird dort der durch Fotosynthese gespeicherte Kohlenstoff für Jahrhunderte bis Jahrtausende gespeichert - solange sich die Umweltbedingungen nicht zu stark verändern.
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... ist promovierte Meeresbiologin. Egal ob als Speakerin, Autorin, Podcasterin oder Streamerin, sie liebt nichts mehr, als ihre Leidenschaft und ihr Wissen über das Meer mit den Menschen zu teilen. Außer Tauchen natürlich, das liebt sie am meisten, am besten mit Haien.
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