Initiative "Humans on Mars":So könnte Leben auf dem Mars aussehen
von Christian Thomann-Busse
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Vor 20 Jahren hat die Esa die Marssonde "Mars Express" gestartet. Ein erster europäischer Schritt zur Erkundung und ein Mosaikteil zur Vorbereitung astronautischer Marsmissionen.
Bemannte Raumfahrt zum Mars könnte es bald geben - davor liegen aber noch einige Herausforderungen.
Quelle: ZDF/Discovery
Der Gedanke vom Leben auf dem Mars hat schon viele Blüten getrieben – unter anderem auch herrlich trashige Filme wie "Weltraumschiff MR-1 gibt keine Antwort" aus dem Jahr 1959. Inzwischen wissen wir – auch dank Mars Express – dass es auf dem Mars vielleicht mal Leben gab. Also vor vier Milliarden Jahren.
Und aktuell? Die Wahrscheinlichkeit geht gegen Null. Zu lebensfeindlich ist die Umgebung:
- Die Durchschnittstemperatur auf dem Mars liegt bei -63 Grad Celsius.
- Da auf dem Mars kein Magnetismus herrscht, wird dort nicht wie auf der Erde die Sonnenstrahlung abgelenkt.
- Die Atmosphäre des Mars besteht zu weniger als 1 Prozent aus Sauerstoff (Erde: 21 Prozent) und zu 95 Prozent aus Kohlendioxid (Erde: 0,035 Prozent).
Sicher ist allerdings: Sollten jemals Menschen den Mars betreten, dann bestimmt nicht mit Handtasche über der Schulter wie in 60 Jahre alten B-Movies.
Aber wie könnte eine Erkundung des Mars durch Menschen tatsächlich aussehen? Und wann könnte das geschehen? Dieser Fragestellung widmet sich die Initiative "Humans on Mars", ein Zusammenschluss aus verschiedenen Fachbereichen der Universität Bremen.
Mitglied dieser Initiative ist das Zentrum für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation (ZARM), das beispielsweise modular aufgebaute Unterkünfte – so genannte Habitate – entwickelt. Module zum Schlafen, zum Arbeiten und auch für die Freizeit der Crewmitglieder.
"Jedes einzelne Modul ist maximal so groß, dass es mit einer Rakete transportiert werden kann. Die Modellversion eines Labormoduls, die am ZARM in Originalgröße gebaut wurde, hat einen Außendurchmesser von fünf Metern und circa sieben Meter Gesamthöhe", sagt Professor Marc Avila, Direktor des ZARM.
Womit auch schon ein Hauptproblem im Raum steht: der Transport solcher Module durch das Weltall zum Mars. Denn: Habitat und der größte Teil der Technik müssen bereits vor Ort aufgebaut sein, bevor Menschen auf dem Mars landen und dort überleben können. Das bedeutet, "dass einer astronautischen Mission bereits mehrere dutzende robotisch besetzte Missionen vorangegangen sein müssen“, so Avila.
Reisen zum Mars nur in bestimmten Zeiträumen sinnvoll
Dabei spielt nicht nur die Frage eine Rolle, ob in absehbarer Zukunft zuverlässige Landungen mit Material und Arbeitsrobotern möglich sein werden. Zeit an und für sich ist bei dutzenden von nötigen Transportflügen eine große Hürde. Es öffnet sich nämlich nur gut alle zwei Jahre ein kurzes Zeitfenster, in dem ein Flug zum Mars sinnvoll möglich ist, was Reisedauer und Treibstoffverbrauch angeht.
Mars und Erde bewegen sich in unterschiedlichen Geschwindigkeiten um die Sonne. Wenn sie sich besonders nah sind, beträgt der Abstand etwa 56 Millionen Kilometer. Die größtmögliche Entfernung beträgt gut 400 Millionen Kilometer. Eine Reise macht nur Sinn, wenn die Distanz am geringsten ist. Immer alle 26 Monate stehen sich Mars und Erde am nächsten. Und selbst bei der günstigsten Variante zieht sich so ein Flug.
Treibstoff für einen Rückflug müsste auf dem Mars hergestellt werden
"Energetisch günstige Flüge sind die sogenannten Hohmann transfers. Sie sind nur alle 26 Monate möglich und dauern ca. 258 Tage, also über acht Monate. Erst nach 458 Tagen, also rund 15 Monaten auf der Marsoberfläche, wäre ein Rückflug mit einem solchen Hohmann transfer von wiederum 258 Tagen erneut möglich", so Marc Avila.
Rendering eines Habitats, wie es auf Mond und Mars zum Einsatz kommen könnte.
Quelle: Zentrum für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation (ZARM)
Alternativ könnte eine Crew auch nach nur einem Monat auf dem Mars wieder den Rückflug antreten. Der Treibstoff dafür müsste übrigens auf dem Mars produziert werden – beispielsweise in Form von Methan oder Sauerstoff. Theoretisch möglich – aber kompliziert, so Avila.
Psychische Herausforderungen bei der Raumfahrt
Sichere Starts und Landungen, der Aufbau eines Habitats durch Roboter, ein Schutz vor starker Sonnenstrahlung oder auch die Frage, wie sich aus Pflanzen oder Bakterien Sauerstoff zum Atmen produzieren ließe – das alles sind Probleme technischer Natur. Bleibt die Frage: Aber was würde ein Aufenthalt auf dem Mars mit einer Crew machen?
Für die Geophysikerin Christiane Heinicke, die am ZARM Habitat-Module für den Mars entwickelt, steht die psychologische Herausforderung der Isolation dabei an erster Stelle: "Die Menschen sind bis zu 400 Millionen Kilometer von der Erde entfernt. Sie sind immer im Inneren des Habitats, können nur für kurze Einsätze nach draußen gehen."
Gleichzeitig sei man fern von Freunden und Familien und auf Kolleginnen und Kollegen auf engstem Raum angewiesen – und müsse auch gut zusammenarbeiten, wenn gerade keine so gute Stimmung sei, sagt Heinicke.
Mission zum Mars auch von politischen Rahmenbedingungen abhängig
Ob und wie das gut gehen kann, wird bereits in abgeschotteten Testumgebungen auf der Erde untersucht. Und im nächsten Schritt dann auf dem Mond. Zwölf Menschen waren bislang dort. Vor Jahrzehnten und unter völlig anderen technischen Voraussetzungen. Und nie für Wochen oder Monate.
Wann es dort losgehen kann? Das hänge, so Marc Avila, nicht nur von Technik, sondern auch von politischen Rahmenbedingungen ab: "Aus wissenschaftlicher Perspektive rechne ich frühestens in zehn bis 15 Jahren mit einem langfristigen Aufenthalt auf dem Mond." Bis Menschen zum Mars reisen, ist es also in jeder Hinsicht noch ein weiter Weg.
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