Wie Plug-ins ChatGPT und KI vorantreiben | Terra-X-Kolumne
Kolumne
Terra X - die Wissens-Kolumne:Wie Plug-ins ChatGPT und KI vorantreiben
von Gert Scobel
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Seit wenigen Wochen gibt es eine neue Version von ChatGPT, die viele spezialisierte Einzelanwendungen (Plug-ins) integriert hat. Doch nicht alle profitieren davon.
Eine KI ist so stark wie ihre Anwendungen. Selbst wenn sie in den Augen von Wissenschaftler*innen bereits Erstaunliches leistet - der eigentliche Test bleibt die Realität und damit der Alltag. Nach der ersten Schockstarre, die ChatGPT selbst in Fachkreisen verursachte, siegten bald schon Neugier und Pragmatismus.
In der Terra-X-Kolumne auf ZDFheute beschäftigen sich ZDF-Wissenschaftsjournalistinnen und -journalisten wie Harald Lesch, Mirko Drotschmann und Jasmina Neudecker sowie Gastexpert*innen jeden Sonntag mit großen Fragen der Wissenschaft - und welche Antworten die Forschung auf die Herausforderungen unserer Zeit bietet.
Erfolglose Versuche, Entwicklungen zu verlangsamen
Das Memorandum von Musk, Altman & Co mit dem Ziel, innezuhalten und die schnelle Entwicklung zu unterbrechen, erscheint heute nur noch als das, was es wohl von Anfang an war: ein Versuch selbst größeren Einfluss zu gewinnen. Die großen Tech-Konzerne wie OpenAI, Microsoft, Meta, Google oder das insgeheim von Elon Musk gegründete Unternehmen X.AI wollten damals Zeit gewinnen, um ihren eigenen Vorsprung auszubauen und transglobale Regeln zu definieren, um sie anderen aufzuerlegen.
Warum Elon Musks Forderung nach einem Moratorium auf die Weiterentwicklung von Künstlicher Intelligenz ein Marketing-Trick war. 27.04.2023 | 21:05 min
Das plötzliche Interesse für Ethik war Attitüde. Einer der Gründe für den gemeinsamen Versuch war die Konkurrenz der Large-Language-Model-Technologie, die alles andere als ein Geheimnis ist. Die Open-Source-Angebote, die sich am Horizont bereits abzeichneten, drohten das Geschäftsmodell der Großkonzerne erheblich zu stören.
Eine personalisierte KI für jeden
Inzwischen ist die Personalisierung und damit Spezialisierung der große Trend im Umgang mit LLM-Programmen und generativer KI. Open-Source-Produkte sind im Netz frei verfügbar und lassen sich den eigenen Bedürfnisse anpassen - was allerdings ein Mindestmaß an Kenntnissen im Umgang mit dem Training etwa durch Big-Data-Algorithmen voraussetzt.
Intelligent bedeutet nicht kompetent. Wir Menschen fürchten uns vor der Künstlichen Intelligenz, doch die größten Risiken werden dabei übersehen.
von Mercedes Bunz
Mit Plug-ins wird KI userfreundlicher
Es gibt jedoch noch eine zweite Entwicklung, die stark auf dem Vormarsch ist. Von kleineren, bereits professionalisierten Anbietern werden kleinere Programme und Plug-ins entwickelt, die eng umrissene, klar definierte Anwendungen ermöglichen. Schon in den ersten Wochen nach dem ChatGPT-Schock kamen userfreundlichere Anwendungen wie Call Annie auf den Markt, die mit Hilfe von Sprachein- und -ausgabe leicht zu bedienen waren oder wie Bing ohne weitere Kenntnis intuitiv bedienbar sind.
Dagegen erfordert(e) die Nutzung des "klassischen" ChatGPT das Schreiben genauer und detaillierter Eingaben (Prompts), die eine Aufgabenstellung, die gewünschte Methode der Bearbeitung oder die Form der Präsentation des Ergebnisses möglichst genau festlegen.
Wie intelligent sind ChatGPT, Bard, Dall-E und Co wirklich? Welche Gefahren drohen, wenn sich diese Technologie weiter entwickelt? KI-Expertin Hannah Bast und Harald Lesch antworten auf Fragen der Zuschauer. 21.06.2023 | 97:40 min
Unzählige Nutzungsmöglichkeiten im Alltag
Zuletzt konnten im Windschatten von ChatGPT unzählige spezialisierte Anwendungen schnell wachsen. Täglich entstehen maßgeschneiderte neue Programme, die ChatGPT nutzen, um bestimme Aufgaben zu erledigen. So können mit einem Plug-in Dokumente, Essays, wissenschaftliche Artikel, Geschäftsberichte oder ganze Bücher in beliebiger Sprache hochgeladen und dann von ChatGPT ausgewertet werden.
Auf diese Weise lassen sich Artikel oder Bücher schnell zusammenfassen und beispielsweise in eine Hausarbeit einbauen. Andere Plug-ins können Lebensläufe oder Kostenvoranschläge generieren, die nächste Reise planen oder Codes generieren, Wikipedia durchsuchen, Dateien verwalten oder Sprachausgaben künstlich in unterschiedlichen Stimmen und Sprachen generieren.
Ein Jahr ChatGPT: Am 30. November 2022 ging die Beta-Version eines Chat-Tools, das auf KI-Basis antwortet, online. Binnen einer Woche hatte ChatGPT eine Millionen Nutzer. Wie hat sich die KI und unser Umgang mit ihr entwickelt? 30.11.2023 | 4:32 min
Quantität vor Qualität
All das klingt verlockend und genial. Meine eigene anfängliche Euphorie wurde jedoch bald gedämpft. Zusammenfassungen sind oft ungenau, häufig werden wesentliche Aspekte von Bedeutung ausgelassen (oder sogar erfunden). Profitieren können am ehesten die, denen es nicht auf Genauigkeit, sondern auf die Menge ankommt.
Hört auf, Daten zu verschenken! Tech-Giganten wie Google und Meta machen unsere Daten zu Geld. Und wir überlassen ihnen diese Daten gerne und freiwillig, sogar umsonst. Was haben wir davon?26.10.2023 | 22:10 min
Datenschutz oft mangelhaft
Doch die Nutzer zahlen auch ihren Preis: Wer sich die Mühe macht, die Bestimmungen zum Datenschutz auf den jeweiligen Seiten zu lesen, wird je nach Temperament ängstlich oder wütend: Denn die Plug-in-Landschaft ist Wildnis, in der es keinerlei gesetzliche Regelungen zu geben scheint. Da es sich um KI-Anwendungen handelt, kann ich daher nur warnen - so verlockend die Angebote auch sein mögen.
Was hochgeladen wird, fließt direkt in die Optimierung und das Gedächtnis der KI der jeweiligen Firma ein. Auch wenn das Angebot jetzt noch kostenfrei sein mag, definieren hochgeladene Informationen und das unbezahlte Training durch Millionen User schon jetzt den Wert und zukünftigen Preis von KI-Tools wie ChatGPT. Ob wir für unsere unbezahlte Arbeit bezahlen wollen, bleibt unsere Entscheidung.
P.S.: Dieser Artikel wurde ohne Mitarbeit einer KI generiert.
Harald Lesch blickt auf das Jahr 2023 und seine Zukunftsfragen: Hat uns die Künstliche Intelligenz überrumpelt? Schaffen wir die Energiewende? Und ist das Klima noch zu retten?28.11.2023 | 29:00 min
...ist Professor für Philosophie und Interdisziplinarität an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg sowie Wissenschafts- und Kulturjournalist. Er moderierte "Kulturzeit"; das ARD-Morgenmagazin und seit 2008 das interdisziplinäre Wissenschaftsformat "SCOBEL" sowie die Literatursendung "Buchzeit" auf 3sat. Besonders interessiert ihn Komplexitätsforschung, die Förderung von Bewusstseinskultur, Wissenschaftskommunikation und die Entwicklung einer Ethik der Informatik und Künstlichen Intelligenz. Seit 2019 ist er mit "SCOBEL" auch als Youtuber aktiv.
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