Forschungserfolg: 7.000 Jahre alte Alge wiederbelebt
Nach 7.000 Jahren:Forschende haben Algenzellen wiederbelebt
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Wissenschaftler des Leibniz-Instituts Rostock haben einen außergewöhnlichen Erfolg erzielt: Sie konnten eine Kieselalge wiederbeleben, die vor 7.000 Jahren in der Ostsee versank.
Die Kieselalge der Art Skeletonema marinoi
Quelle: dpa
Forschende haben eine mehrere Tausend Jahre alte Alge wieder zum Leben erweckt. Die Kieselalge Skeletonema marinoi sei vor fast 7.000 Jahren auf den Grund der Ostsee gesunken und habe dort ohne Licht und Sauerstoff im Sediment überdauert, teilte das Leibniz-Institut für Ostseeforschung (IOW) in Rostock-Warnemünde mit.
Kieselalge aus "Schlafmodus" geholt
Die Zellen dieser Kieselalge gehörten zu den ältesten Organismen, die aus einem inaktiven sogenannten Dauerstadium erfolgreich wiederbelebt worden seien.
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Viele Lebewesen seien in der Lage, bei ungünstigen Bedingungen in eine Art Schlafmodus überzugehen, um zu überleben, erläuterten die Forschenden.
Dabei wechseln sie in einen Zustand reduzierter Stoffwechselaktivität und bilden dabei oft spezielle Dauerstadien mit stabilen Schutzhüllen und eingelagerten Energiereserven.
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Leibniz-Institut für Ostseeforschung
Dies gelte auch für die Kieselalge Skeletonema marinoi. "Ihre Dauerstadien sinken auf den Grund von Gewässern herab und werden dort im Laufe der Zeit von Sediment überlagert und unter Luftabschluss konserviert."
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Uralt-Alge ist überlebensfähig
Die IOW-Forschenden untersuchten bei ihrem Projekt, an dem auch Wissenschaftler der Universitäten Rostock und Konstanz beteiligt waren, Sedimentkerne, die 2021 bei einer Expedition mit dem Forschungsschiff "Elisabeth Mann Borgese" östlich der Insel Gotland aus 240 Metern Wassertiefe gewonnen worden waren.
Aus neun Proben seien im Labor bei günstigen Nährstoff- und Lichtverhältnissen überlebensfähige Algen aus dem Dauerstadium erweckt und einzelne Stämme isoliert worden.
"Skeletonema marinoi" noch heute in Ostsee weit verbreitet
Die Kieselalgenart Skeletonema marinoi war den Angaben zufolge die einzige Phytoplanktonart, die aus allen Proben wieder erwachte. Die älteste Probe mit lebensfähigen Zellen wurde auf ein Alter von 6.871 Jahren datiert - plusminus 140 Jahre. Expertin Sarah Bolius beschreibt ihren Zustand so:
Erstaunlich ist, dass die wiedererweckten Algen nicht nur "grade so" überlebt, sondern offenbar auch ihre "Fitness", also ihr biologisches Leistungsvermögen, nicht eingebüßt haben.
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Sarah Bolius,Leibniz-Institut für Ostseeforschung
"Sie wachsen, teilen sich und betreiben Photosynthese wie ihre modernen Nachfahren", erklärt Phytoplanktonerpertin Bolius. Skeletonema marinoi seien noch heute in der Ostsee weit verbreitet.
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Algenforschung könnte bei Abschätzung von Klimawandelfolgen helfen
Robuste Ruhestandzellen wie die der Kieselalge sorgen dafür, dass Organismen in mehreren Ökosystemen überleben, heißt es weiter vom IOW. Die Untersuchung der Zellen könne Erkenntnisse über vergangene Organismen, Sauerstoff- und Salzgehalte sowie Temparaturverhältnisse bringen.
Das Vorgehen nenne man "Resurrection Ecology" oder "Auferstehungsökologie", erklärt Bolius. Durch die klare Schichtung des Ostseesediments könne man den Ruhestadien eindeutig bestimmten Perioden der Ostseegeschichte zuordnen. Erwecke man diese wieder zum Leben, könnten die genetischen und physiologischen Charakteristika der Uralt-Algen mit ihren heutigen Nachfahren verglichen werden.
Dieser Blick in die Vergangenheit soll helfen, zukünftige Klimawandelfolgen in der Ostsee besser abzuschätzen.
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Leibniz-Institut für Ostseeforschung
Quelle: dpa
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