Algen auf den Tisch: Junger Zweig der Landwirtschaft
Algen:Ein junger Zweig der Landwirtschaft
von Frauke Ludwig
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Neben Fischen, Garnelen, Austern und Muscheln werden auch Algen in Aquakulturen kontrolliert gezüchtet. Selbst in Deutschland muss kein Meer in der Nähe sein, um Algen anzubauen.
Sie heißen Kombu, Chlorella oder Meeresspaghetti. Und sie landen immer öfter auf unseren Tellern. Algen begeistern als klimafreundliches Superfood. Aber sind sie das wirklich?12.11.2023 | 28:48 min
Algen als Nahrungsmittel sind in Deutschland ein Nischenprodukt. Dabei machen sie annähernd 30 Prozent der weltweiten Aquakultur-Produktion aus. Der Großteil von ihnen wird in China und Südostasien produziert. Aber auch in Europa und in Deutschland nimmt die Algenproduktion Fahrt auf.
Algen voll im Trend: Vegan und reich an Proteinen
Algen können für die hiesige Landwirtschaft eine Alternative oder Ergänzung zur herkömmlichen Erzeugung von Biomasse sein, konstatierten die Uni Hohenheim, das Fraunhofer-Institut und das Karlsruher Institut für Technologie 2022 nach ihrem gemeinsamen Forschungsprojekt FuTuRes.Denn die Nachfrage nach nährstoffoptimierter Kost, sogenanntem "Functional Food", steigt.
Zudem liegen vegane Lebensmittel im Trend. Algen - vegan und reich an Proteinen, Vitaminen, ungesättigten Fettsäuren, Mineralstoffen und Spurenelementen - können diese Märkte bedienen. Jörg Ullmann, Leiter der Algenfarm Klötze in Sachsen-Anhalt, sieht für seine Produkte wachsende Märkte:
Welche Probleme können Algen in Zukunft lösen?08.12.2023 | 23:45 min
Algen seit 2016 in EU "landwirtschaftliche Erzeugnisse"
Grundsätzlich unterscheidet man zwischen den großen, blattartigen Makroalgen - den Tangen - und winzigen, mit bloßem Auge nicht sichtbaren Mikroalgen. Mikroalgen sind Einzeller, die sich per Photosynthese vermehren. Sie können in Gewächshäusern oder unter freiem Himmel mit Tageslicht, Wasser und Nährstoffen gezüchtet werden. Dies geschieht in offenen Becken oder in geschlossenen Glasröhren-Anlagen.
Mikroalgen vermehren sich durch Zellteilung und bilden Biomasse, die, zu Pulver oder Flocken getrocknet, an die Lebensmittelindustrie, den Einzelhandel oder direkt an Verbraucher verkauft werden. Seit 2016 sind kultivierte Algen per EU-Verordnung "landwirtschaftliche Erzeugnisse". Das spielt für Landwirte eine Rolle bei der Versteuerung, Versicherung und z.B. beim Baurecht für Produktionshallen.
Algen sind unverzichtbar fürs Erdklima und können auf unterschiedlichste Weise genutzt werden.05.07.2023 | 6:14 min
Der europaweit größte Zusammenschluss von Mikroalgenerzeugern ist laut Landwirt Ulrich Averberg die Deutsche Algen Genossenschaft, deren Vorsitzender er ist. Elf Anlagen in Norddeutschland gehören ihr an. Gegenüber der günstigen Massenware aus Fernost legen die deutschen Erzeuger ein gesundes Selbstbewusstsein an den Tag und betonen auf ihrer Homepage "kurze Transportwege, faire Arbeitsbedingungen und hohe, transparente Qualitätsstandards".
CO2 für Algenzucht aus Biogasanlagen?
Ein grundsätzlicher Vorteil von Algen ist, dass für den Anbau bzw. die Zucht auch Öd- und Brachland in Frage kommt. Wegen zunehmender Versiegelung von Flächen und der wachsenden Bevölkerung wird fruchtbares Ackerland ohnehin knapper.
Sich als Landwirt für das Standbein "Algen-Aquakultur" zu entscheiden, birgt allerdings finanzielle Risiken. Denn noch ist der Markt in Deutschland klein, die Anfangsinvestitionen aber hoch. Verschiedene Forschungseinrichtungen arbeiten deshalb daran, die Algenzucht in gängige landwirtschaftliche Abläufe zu integrieren, damit Synergieeffekte zu Gunsten von Wirtschaftlichkeit und Umwelt entstehen. Und damit die Kosten sinken.
Beispielsweise könnte das für die Algenzucht benötigte CO2 aus den Abgasen von Biogasanlagen eingespeist werden. Die Hürde: Sobald CO2 für Lebensmittel genutzt wird, muss es besonders rein, also frei von jeglicher Kontamination sein. Eine Nutzung dieser Algen als Futtermittel wäre jedoch möglich.
Fast 100 Start-ups stellten in Hamburg ihre Innovationen in der Lebensmittelbranche vor. Der Trend ist klar: Die Zukunft gehört zunehmend vor allem pflanzlichen Produkten.