Analyse
Stellenabbau bei Bosch:Der nächste Dämpfer für die Autobranche
von Stephanie Barrett
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Die deutsche Automobilindustrie steckt in der Krise. Nun kündigte auch Zulieferer Bosch einen Stellenabbau an. Was bedeutet das für die Zukunft der Branche und ihre Beschäftigten?
Auftragsmangel, fehlende Fachkräfte: um Unternehmen in Deutschland steht es schlecht. Gerade erst kündigte der Automobilzulieferer Bosch an, über 5000 Stellen streichen zu wollen.22.11.2024 | 1:25 min
Die Autokonzerne und vor allem auch die Zulieferer stecken derzeit in einer echten Klemme: Der Zukunftsmarkt rund um die Elektromobilität kommt nur schleppend in Fahrt, und die Milliardeninvestitionen in diesem Bereich zahlen sich - noch - nicht aus.
Auch die Nachfrage nach intelligenten Fahrassistenzsystemen zum autonomen Fahren bleibt deutlich hinter den Erwartungen zurück, deshalb werden Projekte derzeit zurückgestellt. Der Technologiekonzern Bosch tritt deshalb ausgerechnet bei seinen teuer eingekauften hochqualifizierten Softwareentwicklern auf die Bremse und verschlankt die Teams.
Der Technologiekonzern Bosch will Tausende Stellen abbauen, Stephanie Barrett erklärt die Hintergründe. 22.11.2024 | 0:52 min
Schrumpfender Markt und hohe Produktionskosten
Gleichzeitig stehen Zulieferer vor einer weiteren Herausforderung: Die Produktion für Verbrennerkomponenten muss weiterhin aufrechterhalten werden. Das kostet Geld und bedeutet, dass hohe Standort- und Fixkosten bei sinkenden Einnahmen weiterlaufen.
Hinzu kommen externe Entwicklungen: Europas Automobilmarkt schrumpft und steht vor einer Absatzkrise. Nicht nur die Wirtschaftsschwäche des Kontinents sorgt für geringere Nachfrage, auch der demografische Wandel macht weniger Autos nötig. Schon heute besitzen viele junge Menschen kein Auto mehr, für sie hat es als Statusobjekt immer weniger Bedeutung. So hat auch die Mobilität der Zukunft dramatische Folgen für die gesamte Automobilbranche.
Die deutsche Wirtschaft schwächelt. Ein großes Problem sei der Fachkräftemangel – die künftige "Arbeitskräftelücke" werde "zum größten Wachstumshindernis" werden, so ZDF-Wirtschaftsexperte Neuhann.22.11.2024 | 4:19 min
Deutschland hat Pole-Position verloren
Überleben werden nur die Marken, die sich in diesem Wettbewerb durchsetzen. Und hier hat Deutschlands Schlüsselindustrie ihre Pole-Position verloren. Die Standortbedingungen veränderten sich dabei in den vergangenen vier Jahren drastisch. Plötzlich ist Deutschland nicht nur das Land der hohen Energiekosten, sondern auch der hohen Arbeitskosten.
Dabei lag Deutschland nach der Agenda 2010 bei den Lohnkosten weit unter dem europäischen Durchschnitt. Inzwischen zählen Industriearbeiter von Volkswagen mit 62 Euro Personalkosten pro Stunde zu den weltweit am besten bezahlten.
Zum Vergleich: In Spanien liegen die Personalkosten nur halb so hoch. Auch viele andere Länder, wie etwa Tschechien und Slowenien, haben bessere Rahmenbedingungen. Kein Wunder, dass der Zuschlag für neue Werke und Produktionen an Deutschland vorbei geht.
Auftragsmangel und schlechte Exporterwartungen trüben die Stimmung in der deutschen Automobilbranche. "Der Automobilstandort in Deutschland steht im Wettbewerbsvergleich nicht gut da", so Autoexperte Stefan Bratzel. 21.11.2024 | 5:13 min
Sinkende Steuereinnahmen und weniger Arbeitsplätze
In Deutschland wird die Branche schrumpfen, die über Jahrzehnte wichtiger Garant für Wohlstand und Wachstum war. Die Veränderung hat nicht nur Folgen für Deutschlands Wirtschaftsleistung, also für die Steuereinnahmen und damit dafür, was der Staat sich noch leisten kann. Auch Beschäftigte werden bereit sein müssen, größere Veränderungen anzunehmen, flexibel zu sein und unter Umständen einen Umzug in Kauf zu nehmen, weil der Arbeitsplatz an einem anderen Ort liegt.
Für weitere Unruhe sorgt da die Ankündigung von Bosch, schließlich trudeln derzeit gefühlt täglich solche Nachrichten ein.
Vor einigen Wochen hat Volkswagen angekündigt, Standorte zu schließen und Tausende Stellen zu streichen. Nun haben Gewerkschaft und Betriebsrat einen Gegenentwurf vorgestellt. 20.11.2024 | 0:27 min
Bosch beschäftigt weltweit weiter mehr als 400.000 Menschen
Hier lohnt der nüchterne Blick auf Zahlen und Fakten: Weltweit plant Bosch den Stellenabbau von 5.500 Stellen - davon 3.800 allein in Deutschland. Das klingt auf den ersten Blick viel.
Der Technologiekonzern beschäftigt jedoch weltweit rund 430.000 Menschen, mehr noch als Siemens. Da wirkt der Stellenabbau von gut einem Prozent schon nicht mehr so dramatisch. Noch dazu, wenn er über mehrere Jahre sozialverträglich ausgehandelt wird.
Die Politik steht vor der Aufgabe, Rahmenbedingungen und Anreize zu setzen, damit Beschäftigte, die vielfach über großes Know-How verfügen, an anderer Stelle eingesetzt werden können. Das heißt in erster Linie: Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit verbessern.
Quelle: ZDF
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