Die Wirtschaft strauchelt und fordert Entlastung. Doch Finanzminister Lindner hält an der schwarzen Null fest. Eine gute Idee - oder brauchen wir mehr Investitionen?
Bundesfinanzminister Christian Lindner will im Haushaltsplan 2024 keine weitere Neuverschuldung zulassen.
Quelle: dpa/Bernd von Jutrczenka
Zum dritten Quartal in Folge ist das Bruttoinlandsprodukt (BIP) nicht gewachsen. Verschiedene Konjunkturindikatoren zeigen nach unten, der Internationale Währungsfonds (IWF) erwartet, dass Deutschland in diesem Jahr als einzige Industrienation in eine Rezession rutscht.
Die Wirtschaft fordert deswegen staatliche Entlastungen. Finanzminister Christian Lindner (FDP) will mit dem Entwurf des "Wachstumschancen-Gesetz" beschwichtigen, doch weitere Schulden will er nicht machen.
Prämie für Investitionen in den Klimaschutz
Im Wachstumschancen-Gesetz stehen fast 50 steuerpolitische Maßnahmen, über die die Regierung abstimmen soll. Kernelement ist eine Prämie für Investitionen in den Klimaschutz. Damit soll die Wirtschaft um jährlich 6,5 Milliarden Euro entlastet werden.
Vertretern aus Wirtschaft und Politik ist das nicht genug, sie drängen auf Nachbesserungen. Doch Lindner will die Schuldenbremse einhalten und kein zusätzliches Geld mehr zur Verfügung stellen.
Problem: Sondervermögen und Schattenhaushalte
Mit der Schuldenbremse will die FDP eine solide Haushaltspolitik gewährleisten und das Land vor übermäßiger Verschuldung schützen. Sie zahlt auch auf die Generationengerechtigkeit ein - immerhin müssen jetzt aufgenommene Schulden von den zukünftigen Steuerzahlern zurückgezahlt werden.
Zu große Konjunkturpakete könnten zudem die Inflation weiter befeuern.
Die Schuldenbremse ist eine Inflationsbremse und eine Steuererhöhungsbremse.
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Bijan Djir-Sarai, FDP-Generalsekretär
Kritiker hinterfragen allerdings, wie die Schuldenbremse wirken soll, wenn regelmäßig Sondervermögen und Schattenhaushalte genutzt werden, um zusätzliche Ausgaben zu finanzieren. Das war zum Beispiel zur Abfederung wirtschaftlicher Schäden während der Corona-Pandemie der Fall.
Die Schuldenbremse wurde 2009 in Artikel 115 des Grundgesetzes verankert und hat das Ziel, die Verschuldung des Staates zu begrenzen und einen ausgeglichenen Haushalt zu gewährleisten.
Sie legt fest, dass die Nettokreditaufnahme des Bundes und der Länder maximal 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) betragen darf.
In Ausnahmefällen und außergewöhnlichen Notsituationen (z.B. der Corona-Pandemie oder dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine), können Schattenhaushalte oder Sondervermögen genutzt werden, um zusätzliche Ausgaben zu finanzieren.
Die Schuldenbremse soll langfristige finanzpolitische Vernunft fördern, Zahlungsfähigkeit gewährleisten und, indem übermäßige Staatsverschuldung vermieden wird, auch zur Generationengerechtigkeit beitragen.
Auch für das 100 Milliarden Euro schwere Paket für die Bundeswehr infolge des Ukraine-Kriegs, den "Doppel-Wumms" für bezahlbare Energie in Höhe von 200 Milliarden Euro und den Klima- und Transformationsfonds wurden Ausnahmen gemacht.
Damit soll nun Schluss sein: Lindner will im Haushaltsplan 2024 keine weitere Neuverschuldung zulassen.
Bund der Steuerzahler fordert klimafreundlichen Aufschwung
Der ehemalige Wirtschaftsweise Peter Bofinger findet, Schulden seien nicht gleich Schulden, entscheidend sei der dahinterstehende Zweck. Im Tagesspiegel sagte er, sinnvolle Investitionen in Infrastruktur und Klimaschutz können über Generationen hinweg Nutzen bringen.
So sieht es auch Reiner Holznagel, Präsident des Bunds der Steuerzahler. Gegenüber dem ZDF erklärt er:
Wir brauchen weiterhin einen - das sage ich sehr bewusst - klimafreundlichen und ressourcenfreundlichen Aufschwung.
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Reiner Holznagel, Präsident des Bunds der Steuerzahler
Anderen Ländern wie Spanien und den Vereinigten Staaten ist es gelungen, sich unter anderem durch die richtigen Investitionen aus der Wirtschaftskrise heraus zu manövrieren – die Inflationsrate ist dort im Vergleich bereits deutlicher gesunken, auch die Wachstumsprognosen des IWF sind für Spanien und die USA optimistischer.
Ökonomen: Investieren in Erneuerbare und Digitalisierung
Wirtschaftsvertreter und Ökonomen fordern auch hierzulande Investitionen statt Subventionen, zum Beispiel einen schnellen Ausbau der erneuerbaren Energien sowie Digitalisierung und schlankere Bürokratie in der öffentlichen Verwaltung.
Staat und Unternehmen können die Krise auch als Chance nutzen, sich neu aufzustellen, sagt Wirtschaftsweise Monika Schnitzer im ZDF.
Es geht nicht darum, die alte Struktur zu erhalten, sondern in die neuen Wachstumsbranchen zu investieren.
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Monika Schnitzer, Wirtschaftsweise
Es kommt also auf das Feingefühl an. An den falschen Stellen zu viel Geld auszugeben, hilft nur kurzfristig aus der Krise und belastet zukünftige Generationen. Wird aber klug investiert und Innovation vorangetrieben, kann sich Deutschland auch auf lange Sicht als Wirtschaftsmacht behaupten.
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