Huthi-Angriffe: So wichtig ist der Handel über das Rote Meer

    Angriffe durch Huthi-Rebellen:So wichtig ist der Handel über das Rote Meer

    Sina Mainitz
    von Sina Mainitz
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    Große Reedereien meiden nach den jüngsten Vorfällen das Rote Meer. Eine Marine-Allianz soll nun den Seeweg vor Huthi-Angriffen schützen. Die Lage beeinträchtigt den Handel enorm.

    Deutschland ist eine Exportnation. Gerade veröffentlichen die Chefvolkswirte der einzelnen Banken ihre Prognosen für das kommende Jahr. Quo vadis, deutsche Wirtschaft? Welche Chancen bieten sich, mit welchen Risiken ist zu rechnen, wie stark rückläufig ist die Inflation und wie läuft es mit der Konjunktur?
    Die Lage am Roten Meer infolge des Nahost-Konflikts könnte die Prognosen nun wieder ins Wanken bringen. Jemenitische Huthi-Rebellen, die der radikalislamischen Hamas nahestehen, haben mehrere Frachtschiffe attackiert. Sie drohen damit, jedes Schiff auf dem Weg nach Israel anzugreifen, sofern nicht der Transport von weiteren Lebensmitteln und Medikamenten in den Gazastreifen erlaubt wird.

    Experte befürchtet Auswirkungen auf Lieferketten

    Der Krieg im Gazastreifen zieht immer weitere Kreise und belastet nun auch den Transport von Waren auf dem Seeweg. Wichtige Routen zwischen Afrika und Asien sowie über den Suezkanal am Nordende des Roten Meeres von und nach Europa sind betroffen.
    Nach Informationen von Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der ING, gehen durch den Suezkanal
    • zwölf Prozent des Welthandels,
    • sieben bis zehn Prozent des Ölhandels,
    • acht Prozent des LNG (Flüssiggas)-Handels,
    • 30 Prozent aller Container weltweit.
    "Der Ölpreis ist bisher nur leicht angestiegen. Gravierender könnten die Auswirkungen auf die weltweiten Lieferketten sein", sagt Brzeski.

    Transportkosten könnten steigen

    Die Krise könnte sich also einmal mehr auf den Transport von Industriewaren auswirken. Erinnern wir uns: Im März 2021 lief das Containerschiff "Ever Given" bei starkem Wind an einer Uferböschung des Suezkanals auf Grund. Ganze sechs Tage blockierte das havarierte Schiff die Meerenge. Hunderte Frachter stauten sich in beiden Fahrtrichtungen.
    Aus der Luft glichen die Bilder fast einer Massenkarambolage auf hoher See. Die Folge waren monatelange, gestörte Lieferketten, Produktionsengpässe und Millionenverluste Tag für Tag.

    Route rund um Afrika teure Alternative

    So schlimm werde es dieses Mal wohl nicht kommen, vermutet Brzeski, doch gerade für Europa ist die Lage am Roten Meer brenzlig. Fast der komplette, europäische Handel mit Asien erfolgt über das Rote Meer. Wenn dieser Weg aus Sicherheitsgründen derzeit nicht möglich ist, bleibt nur der Seeweg um Afrika herum.
    Der Umweg um das Kap der Guten Hoffnung dauert deutlich länger und ist damit für die Reedereien erheblich teurer. Die Industrie muss sich Sorgen um Waren und Nachschub machen. Vieles wird teurer und darunter leiden letztendlich die Verbraucher.

    Viele Industrienationen stoppen Warentransport durch Suezkanal

    Bereits jetzt haben viele Industrienationen - darunter Deutschland, Belgien, China, Frankreich, Großbritannien, Norwegen, Südkorea und Taiwan - die Fahrten ihrer Containerschiffe durch das Nadelöhr Suezkanal ausgesetzt. Die weltweit größte Reederei, die Schweizer MSC, reagiert ebenfalls und leitet einige Schiffe über das Kap der Guten Hoffnung um. Die Entscheidung werde den Fahrplan um mehrere Tage durcheinanderbringen, heißt es hier.
    Die deutsche Wirtschaft ist als starke Exportnation darauf angewiesen, dass die freie Schifffahrt auf den Weltmeeren funktioniert. Die US-Marine sichert derzeit den wichtigen Seeweg und hat ebenso angekündigt, die Ölproduktion nach oben schrauben zu wollen. Zumindest beim Ölpreis dürfte das für leichte Entspannung sorgen. Weniger entspannt fällt der Ausblick auf die Konjunktur im kommenden Jahr für Deutschland aus.

    Lage im Roten Meer trübt Aussichten für 2024

    Carsten Brzeski von der ING sagt:

    Die Lage im Roten Meer ist ein zusätzlicher Faktor, der das Konjunkturbild für 2024 trübt.

    Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der ING

    "Es kommt immer etwas Neues hinzu, was man nicht auf dem Schirm hatte. Die leichte Rezession, die ich für Deutschland kommendes Jahr sehe, wird nun noch verstärkt." Vieles hänge davon ab, wie lange diese wichtige Handelsstraße ausfalle.
    Sina Mainitz ist Redakteurin in der ZDF-Börsenredaktion.