Urteil: Widerspruch bei Grundsteuer muss möglich sein

    Bundesfinanzhof:Widerspruch bei Grundsteuer muss möglich sein

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    Finanzämter dürfen bei der Grundsteuer zwar recht pauschal zu Werke gehen - liegen sie beim Grundstückswert aber deutlich daneben, müssen Eigentümer auch widersprechen können.

    Doppelhäuser einer Neubausiedlung in Sankt Augustin (Nordrhein-Westfalen) am 26.09.2018
    Neue Grundsteuer: Schwierige Ermittlung der Grundstückswerte.
    Quelle: dpa

    Haben Eigentümer von Immobilien den Verdacht, dass die neue Grundsteuer deutlich zu hoch ist, müssen sie widersprechen können - das hat der Bundesfinanzhof entschieden. Sie müssten die Möglichkeit haben, nachzuweisen, dass der tatsächliche Wert ihres Grundstücks deutlich unter dem vom Finanzamt festgestellten Wert liege, heißt es in zwei Entscheidungen, die das oberste deutsche Steuergericht am Donnerstag veröffentlichte (Az. II B 78/23 und 79/23).
    Allerdings müssen die Betroffenen Abweichungen von mindestens 40 Prozent glaubhaft machen, damit es am Ende auch zu einer Korrektur der Steuer kommt.

    Streit zweier Wohnungseigentümer aus Rheinland-Pfalz

    Konkret ging es um den Streit zweier Wohnungseigentümer aus Rheinland-Pfalz mit dem Finanzamt. Sie hatten gegen den Grundsteuerbescheid im Eilverfahren vor dem Finanzgericht Rheinland-Pfalz geklagt und eingewandt, dass ihre Immobilien sehr viel weniger wert seien - unter anderem wurden dabei schlechte Zugänglichkeit des Grundstücks oder ein sehr schlechter Zustand des Hauses angeführt.
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    Das Landesfinanzgericht hatte ebenfalls Zweifel an der Neuregelung und rief den Bundesfinanzhof an. In dessen Beschluss heißt es nun: Es bestünden "bereits einfachrechtliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der streitigen Grundsteuerwertfeststellungen in Bezug auf die Höhe der festgestellten Grundsteuerwerte", wenn sich die Eigentümer nicht gegen die Einstufung wehren könnten. Der Bundesfinanzhof gab den beiden Eigentümern damit recht.

    Relativ pauschale Einstufung

    In den beiden Fällen wurde die für die Steuer relevante Immobilienbewertung nach dem sogenannten Bundesmodell ermittelt - es wird in etwa der Hälfte der Bundesländer angewandt. Die Einstufung richtet sich dabei relativ pauschal nach dem Bodenrichtwert und dem Mietpreis von 2022.
    Der Eigentümerverband Haus & Grund und der Bund der Steuerzahler erklärten, diese seien "vielerorts fernab jeder Realität und ihre Herleitung nicht nachvollziehbar".
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    Voraussichtlich ein Fall für Karlsruhe

    Die Grundsteuer dürfte damit ein Fall für das Bundesverfassungsgericht werden. Beide Verbände haben angekündigt, ihre Musterklagen vor den Finanzgerichten weiterzubetreiben. "Es wird eine zeitnahe Entscheidung aus Karlsruhe angestrebt", hieß es in deren Mitteilung. Der Beschluss des Bundesfinanzhofs sei ein wichtiges Signal.
    Die Neuberechnung der Grundsteuer war 2018 vom Bundesverfassungsgericht gefordert worden. Die bislang herangezogenen Einheitswerte spiegelten nicht mehr den tatsächlichen Wert der Grundstücke wider, was zu einer ungerechten Verteilung der Steuerlast führe, urteile Karlsruhe damals.
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    Abweichung von etwa 40 Prozent als Richtwert

    Der Bundesfinanzhof entschied nun, dass die Finanzämter zwar pauschale Annahmen zur Berechnung treffen dürfen, weil sich die gut 36 Millionen Grundstücke und Gebäude in ganz Deutschland anders nicht neu bewerten ließen. Wenn die errechneten Werte aber deutlich über dem tatsächlichen Wert lägen - das Gericht nennt eine Abweichung von etwa 40 Prozent -, müssten die Eigentümer die Möglichkeit bekommen, das dem Finanzamt gegenüber nachzuweisen.
    Ist die Abweichung kleiner, ändert sich nichts an der pauschal festgesetzten Steuer. Länder wie Bayern verwenden ein eigenes, einfacheres Bewertungsmodell.
    Quelle: Reuters, AFP, dpa

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