"Prozess des Jahrzehnts":Droht Google bald die Zerschlagung?

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    "Prozess des Jahrzehnts":Droht Google bald die Zerschlagung?

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    Ein Gerichtsprozess in den USA könnte dem Tech-Riesen Google bald zum Verhängnis werden. Was wirft das US-Justizministerium dem Unternehmen vor und wie könnte der Prozess ausgehen?

    Google-Logo am Londoner Office
    Missbraucht der Technologiekonzern Google seine Marktmacht?
    Quelle: ap

    Das US-Justizministerium und die Generalstaatsanwälte mehrerer Bundesstaaten ziehen gegen Google vor Gericht. Ihr Vorwurf: Die Alphabet-Tochter zementiere mit milliardenschweren Zahlungen ihre Marktmacht indem sie ihre Suchmaschine als Standard einrichten lasse. Analysten zufolge streicht Google jährlich etwa 200 Milliarden Dollar durch Anzeigen in Internet-Suchen ein. Dies sei etwa 40 Prozent der weltweiten Ausgaben für Online-Werbung.
    Experten bezeichnen das Verfahren als "Prozess des Jahrzehnts", der weitreichende Folgen für die gesamte Technologiebranche habe. Am Ende könnte Google zerschlagen werden wie einst der Telekom-Konzern AT&T. Nachfolgend einige Fragen und Antworten zu dem Thema.

    Was werfen die USA Google vor?

    Der Konzern hält der 2020 eingereichten Klage zufolge Konkurrenten unrechtmäßig klein, indem er Milliarden an Apple und andere Partner zahle. Damit stelle Google sicher, dass die eigene Suchmaschine auf den meisten Handys und Webbrowsern standardmäßig installiert sei.
    Die Kläger werfen Google vor, diese Abmachungen hätten "ausschließenden" Charakter und sollten Konkurrenten den Zugang zu Suchanfragen und Online-Klicks verwehren. Schätzungen der US-Regierung zufolge hat Google bei Suchanfragen im Internet in den USA einen Marktanteil von 90 Prozent.
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    Was hält Google den Vorwürfen entgegen?

    Google weist den Vorwurf der Missachtung von Kartellgesetzen zurück. Die Vereinbarungen zur Einrichtung der eigenen Suchmaschine als Standard in diversen Internet-Browsern seien "legitimer Wettbewerb" und kein "unerlaubter Ausschluss". Sie hielten weder Konkurrenten davon ab, eigene Suchmaschinen zu entwickeln noch verböten sie es Browser-Anbietern wie Apple oder Mozilla, andere Produkte zu fördern.
    Stattdessen werde die Google-Suche deshalb häufig als Standard gesetzt, weil sie Kunden "höchste Qualität" biete.
    Außerdem könnten Nutzer den Betreiber der Suchmaschine in ihrem jeweiligen Browser leicht ändern.
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    Was sagt das Gesetz?

    Exklusivitätsvereinbarungen sind gesetzlich nicht prinzipiell verboten und durchaus üblich. Wenn aber ein Unternehmen einen Markt dominiert und mögliche Konkurrenten fernhält, kann eine Verletzung des Kartellrechts vorliegen. In einem solchen Fall muss das beschuldigte Unternehmen nachweisen, dass die Vorteile für die Verbraucher die möglichen Nachteile für den Wettbewerb mehr als aufwiegen.

    Was passiert, falls Google verliert?

    Die Kläger sind nicht auf eine Geldstrafe aus, sondern wollen Googles Geschäftspraxis unterbinden. Sie schlagen daher unter anderem eine Zerschlagung des Konzerns vor. Das US-Justizministerium könnte argumentieren, es wolle verhindern, dass Google sein angebliches Monopol bei Internet-Suchen dazu nutzt, Exklusiv-Deals in neuen Märkten wie Künstlicher Intelligenz (KI) zu schließen.
    Das Verfahren gilt als das wichtigste für die Technologiebranche seit der Klage gegen Microsoft 1998. Ein Gericht urteilte damals, der Software-Konzern habe mit seiner engen Verzahnung des Browsers "Internet Explorer" mit dem Betriebssystem "Windows" den Konkurrenz-Browser "Netscape Navigator" unrechtmäßig behindert. Dank eines späteren Vergleichs konnte Microsoft eine Zerschlagung abwenden.

    Wer entscheidet in diesem Verfahren?

    Geleitet wird der Prozess von Amit Mehta, der 2014 vom damaligen US-Präsidenten Barack Obama ernannt worden war. Er urteilte bereits in einigen größeren Verfahren. So blockierte er 2015 die 3,5 Milliarden Dollar schwere Fusion des Lebensmittel-Großhändlers Sysco mit dem Rivalen US Foods.
    Unlängst verurteilte er einen früheren Berater des ehemaligen US-Präsident Donald Trump wegen Missachtung des Kongresses und einen am Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021 maßgeblich Beteiligten.

    Wie läuft der Prozess gegen Google ab?

    Das Verfahren ist auf mindestens zehn Wochen angesetzt. Ein Urteil ist frühestens 2024 zu erwarten. Der Prozess gliedert sich in zwei Phasen: Zunächst muss das Gericht entscheiden, ob Google Kartellrecht gebrochen hat. In einem zweiten Schritt geht es um die Frage, wie die bisherige Geschäftspraxis des Konzerns künftig verhindert werden kann.

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