Lithium: Wer hebt den Milliardenschatz in Sachsen?

    Riesiges Lithium-Vorkommen:Wer hebt den Milliardenschatz in Sachsen?

    von Thomas Bärsch
    |

    Im Erzgebirge schlummern Millionen Tonnen Lithium. Genug, um 30 Jahre lang jährlich 200.000 Elektro-Autos mit Batterien zu bestücken. Doch wohin mit dem Abraum?

    Auf dem Weg durch das Besucherbergwerk in Zinnwald stoßen sich die Besucher öfter an niedrigen Felsen, sie passieren alte Kammern mit Hacken und Loren, mit denen jahrhundertelang hier Zinn nach oben geschafft wurde. Doch Zinn ist heute fast egal.

    Steigende Nachfrage nach Lithium

    Begeistert zeigt Thomas Dittrich in einem Hohlraum auf schimmernde Fünkchen im Gestein. "Darum geht es", sagt der Geologe der "Zinnwald Lithium GmbH", "das wollen wir haben". Bis hier hoch ins Besucherbergwerk ziehen sich die Lithium-Adern, der 200 Meter mächtige Lagerstättenkörper liegt nochmal weit über hundert Meter tiefer.

    Wir könnten untertage abbauen und die Hohlräume wieder verfüllen. Oben würde man gar nichts merken.

    Thomas Dittrich, Geologe Zinnwald Lithium GmbH

    Sein Chef blickt eher auf die Zahlen, die am Ende der Gleichung stehen. "Wir haben hier genug Lithium für 200.000 Elektroautos pro Jahr", rechnet Torsten Bachmann vor. Über 30 Jahre lang würde die Mine bestehen. Bachmann weiter: "Wir haben eine steigende und gesicherte Nachfrage, wir würden 300 Jobs in die Gegend holen und natürlich hier auch Steuern zahlen."

    Wohin mit dem Abraum?

    Es gibt aber einen Haken. Der Lithium-Gehalt im Gestein liegt bei etwa 0,35 Prozent. Für einen handballgroßen Lithiumbrocken muss ein Kubikmeter Felsen gebrochen werden, 1,7 Tonnen schwer. Wohin mit dem Material, das sich nicht komplett etwa an die Bauindustrie verkaufen lässt?
    Die Zinnwald-Lithium GmbH bringt eine Halde im nahegelegenen Bärenstein ins Gespräch. 60 Hektar, 120 Fußballfelder etwa. Die Einwohner dort finden das nur so mittelgut. Bachmann rechnet mit Widerständen und wird sich mit den Bärensteinern zusammensetzen müssen.
    Zum Beispiel mit Bernd Seifert, einem rüstigen Biobauer, Mitte 50. Weil er nicht ewig ein rüstiger Biobauer bleiben wird, hat Bernd Seifert in seinem Hof Ferienwohnungen ausgebaut. Sie liegen am Rand der geplanten Halde.

    Wer soll die Wohnungen denn anmieten, wenn er hier bis zum Horizont auf Geröll blickt?

    Bernd Seifert, Biobauer

    Zwei Männer mit Schutzhelm (Rückansicht) laufen durch einen Bergbautunnel
    Mit dem Ausbau der Elektromobilität steigt auch der Bedarf an Lithium rasant an. Doch bisher wird der Rohstoff nicht in Deutschland abgebaut. Das könnte sich ändern.18.07.2023 | 6:55 min

    Ein Thema mit Geschichte in der Region

    Geröll im Erzgebirge? Das hat Geschichte: Schon die DDR deponierte hier in den Bergen Schutt. Stand der Wind schlecht, wehte er den Staub der Steine runter ins Tal. An die Fenster, in die Wäsche oder in die Lungen der Bärensteiner. "Es kommt hier zu einer Retraumatisierung", berichtet Anika Wilke von der örtlichen Bürgerinitiative. "Viele fürchten, dass es ihren Kindern mal so geht wie ihnen früher."
    Dazu komme der Flutschutz. Das Tal führe direkt runter zur Müglitz. Die Wiesen würden Regenwasser aufsaugen, ein Geröllfeld dagegen das Wasser runter zur Müglitz leiten - jenes kleine Bächlein, das 2002 praktisch den kompletten Ort Weesenstein von der Landkarte gespült hat.
    Auch das hat hier niemand vergessen. Im Ort regiert die Skepsis. "Woher sollen denn zum Beispiel die angekündigten 300 Arbeiter kommen?", fragt Holger Eden am Abend bei der Bürgerinitiative, "Aus Tschechien? Und werden sie dann hier wohnen und Steuern zahlen? Oder pendeln?"

    Lithium abbauen oder nicht?

    Eine knappe Autostunde entfernt beobachtet Bernhard Cramer die Entwicklung mit Interesse. Er wird hier im Oberbergamt eines Tages entscheiden müssen, ob der Lithium-Schatz gehoben wird oder nicht.
    Aus Geologensicht sei die größte Lagerstätte Europas schon interessant, räumt Cramer ein und verweist auf die Festigkeit des Felsens und dass man deshalb das Lithium unter Tage abbauen könne und nicht ganze Flächen schädigen müsse. Bis jetzt liegt dem Sächsischen Oberbergamt allerdings kein abschließender Antrag vor. Eine Prognose zu seiner Entscheidung will und kann er nicht geben. Versichert aber, dass natürlich auch die Belange der Bürgerinitiative geprüft würden.
    So hängt vieles davon ab, ob und wie Bärensteiner und die Zinnwald Lithium GmbH zusammenkommen. Ende Oktober treffen sie bei einem Sondierungstreffen aufeinander.

    Mehr zum Thema Lithium