Die grüne Transformation in Deutschland kostet Milliarden und sie kommt nicht schnell genug voran. Auch weil es an privaten Investoren fehlt. Woran es hapert.
Das erste zertifizierte Wasserstoffkraftwerk Deutschlands steht in Leipzig. Private Investoren haben aktuell wenig Interesse an solchen Kraftwerken.
Quelle: dpa
Deutschland hat sich zum Ziel gesetzt, die Treibhausgas-Emissionen bis 2030 um mindestens 65 Prozent zu reduzieren - bis 2045 will man klimaneutral sein. Um diese ambitionierten Ziele zu erreichen, müssen die erneuerbaren Energien ausgebaut werden. Doch nicht nur das.
Es geht auch darum, Übertragungsnetze zu erweitern und Technologien zu entwickeln, mit denen die gewonnene Energie gespeichert werden kann. Und zwar so gespeichert werden kann, dass sie auch für energieintensive Industrien wie Aluminiumhütten oder Zementwerke ausreichend und konstant zur Verfügung steht - eine bislang ungeklärte Frage.
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Bund kann Investitionsbedarf nicht alleine stemmen
Ebenfalls ungeklärt ist, wie dieser Mega-Umbau finanziert werden soll: "Es gibt einen breiten Konsens, dass der Investitionsbedarf für die nachhaltige und digitale Transformation enorm ist", sagt Stefan Wintels, Chef der Kreditanstalt für Wiederaufbau.
5.000 Milliarden Euro - eine Summe, die der Staat nicht mehr alleine wird stemmen können. Daran lassen parteiübergreifend weder Finanzminister Christian Lindner noch Klima- und Wirtschaftsminister Robert Habeck einen Zweifel. Auch nicht über neue Schulden, die ohnehin umstritten sind.
Private Investoren beim grünen Umbau zurückhaltend
Es braucht also andere, die sich an der Mammutaufgabe beteiligen: private Investoren. Doch die stehen bislang nicht gerade Schlange. Aktuelle Berechnungen zeigen, dass derzeit etwa die Hälfte der notwendigen Investitionen fehlt.
Es geht also vor allem um mehr Geschwindigkeit, wenn die KfW jetzt mit Unterstützung der Deutschen Bank zu einer Kapitalmarktkonferenz zur Energiewende in Deutschland einlädt.
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Was hält die Investoren zurück? Warum fließen die Milliarden nicht ausreichend, wo doch außer Frage steht, dass der grüne Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft alternativlos ist?
Renditeaussichten nicht gut genug
Was Investoren derzeit abschreckt, zeigt dieses Beispiel deutlich: Von wasserstoffgeeigneten Gaskraftwerken, die auch in Zeiten, wo der Wind nicht bläst und die Sonne nicht scheint, sauberen Strom liefern könnten, lassen Geldgeber derzeit die Finger. Der Grund ist simpel: Die Renditeaussichten sind bescheiden.
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Denn da die Gasblöcke nur zu wenigen Zeiten Strom produzieren würden, verdienen sie im jetzigen Energieversorgungssystem kein Geld und sind dadurch für Investoren uninteressant. Hier bräuchte es also mehr Anreize, beispielsweise garantierte Einnahmen auch für das Vorhalten bestimmter Strommengen.
Hemmnis für Kapitalgeber: die Finanzarchitektur
Das ist aber nur ein Aspekt - es klemmt noch an anderen Stellen. Stefan Brunnhuber, Soziologe, Nachhaltigkeitsforscher und Mitglied des Club of Rome, wirft in einem Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" eine viel grundsätzlichere Frage auf: Könnte es sein, dass der wichtigste Faktor dafür, dass Nachhaltigkeit gelingt oder scheitert, die Architektur des Geld- und Finanzsystems ist?
Was Brunnhuber meint, erläutert er: "Wenn Sie mit einem institutionellen Investor am Tisch sitzen, dann sagen jene, ob wir einen Baum pflanzen oder ein Loch graben, ist für uns nicht entscheidend. Wir müssen aber Pensionsansprüche für Millionen von Babyboomern sichern."
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Letztendlich geht es Brunnhuber darum, die Finanzarchitektur so zu gestalten, dass eben auch große Vermögensverwalter wie Blackrock oder gar Erdölkonzerne wie Saudi Aramco von sich aus in grüne Zukunftstechnologien investieren - nicht weil sie "Gutmenschen" sind, sondern weil es sich rechnet.
Sparvermögen von 23 Billionen: Totes Kapital fürs Klima
Dafür braucht es nicht zuletzt auch gut funktionierende, starke Kapitalmärkte. Doch zumindest auf EU-Ebene sind diese nicht leistungsfähig genug. Europas Aktien- und Anleihemärkte haben nach Angaben der Europäischen Zentralbank dreimal kleiner als die der USA. Aus diesem Grund fließen jedes Jahr 300 Milliarden Euro an Kapital aus Europa ab.
Deutschland will weg von Gas, Öl und Kohle. Billionen werden für den grünen Umbau nötig sein. Die Geldanlage in die Energiewende rechnet sich derzeit aber trotzdem nicht.
von Frank Bethmann
Diese Milliarden fehlen Deutschland und der EU genauso wie die Gelder, die europaweit auf den Sparbüchern schlummern und nichts zum produktiven und klimafreundlichen Umbau beisteuern. Philippe Oddo, Chef der Privatbank Oddo BHF, beziffert dieses Sparvermögen der Europäer auf 23 Billionen Euro.
Die reine Zahl zeigt, wie wichtig es wäre, diese Gelder zu aktivieren. Doch neben dem Willen fehlt es derzeit auch noch an den Möglichkeiten, über starke Kapitalmärkte in ebenso starke grüne Technologien zu investieren.
Frank Bethmann ist Redakteur im ZDF-Team Wirtschaft und Finanzen.