Frauenfußball im Iran: Mit Kopftuch und Hijab auf den Platz
Fußball-WM 2023:Iran: Mit Kopftuch und Hijab auf den Platz
von Jörg Brase
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Der Frauenfußball spielt in Iran eine Nebenrolle. Die Spiele dürfen nicht im Fernsehen übertragen werden, es fehlen Sponsoren. Mutige Frauen versuchen, das zu ändern.
Die iranischen Nationalspielerinnen spielen unter erschwerten Bedingungen.11.07.2023 | 20:26 min
"Glaubt mir, es gibt in Iran so viele talentierte Mädchen," sagt Azam Akhondi, "aber nichts ist einfach in diesem Land." Sie weiß, wovon sie redet, denn hinter ihr liegt bereits eine lange Karriere mit vielen Hindernissen. Akhondi ist 34 Jahre alt und Torhüterin der iranischen Frauen-Futsal-Nationalmannschaft.
Futsal ist eine in Asien sehr populäre Hallensportart. Gespielt wird auf Hallenfußballfeldern ohne Bande in Fünferteams. Der Ball ist kleiner als beim Feldfußball und hat andere Sprungeigenschaften. Das Spiel ist schnell und dynamisch - und der Iran bei Männern wie bei Frauen eine sehr erfolgreiche Futsal-Nation.
Wenig Geld und Aufmerksamkeit für iranische Sportlerinnen
Azam Akhondi wurde 2018 mit dem Nationalteam Asienmeister, spielte als Profi viele Jahre in der maledivischen und irakischen Futsal-Liga. "Als erste iranische Legionärin," erzählt sie stolz. Nur im Ausland lasse sich Geld verdienen, denn dort würden Frauenspiele im Fernsehen übertragen, dürften Männer als Zuschauer Frauenspiele besuchen.
Das alles sei in Iran verboten, und deshalb sei iranischer Frauenfußball für Sponsoren uninteressant, berichtet Akhondi. Entsprechend gering seien die Gehälter, gerade mal ein paar hundert Euro in der Saison.
Irans Frauenfußball-Nationalmannschaft im Trainingslager in Teheran 2023.
Quelle: Parisa Pourtaherian
Mutiger Kampf für Gleichberechtigung im Fußball
Azam Akhondi kämpft für mehr Gleichberechtigung im iranischen Fußball. Und sie äußert ihre Forderungen und ihre Kritik am Fußballverband mutig und öffentlich, sei es gegenüber Journalisten oder in den sozialen Medien, wo sie sehr aktiv ist. Das kommt nicht immer gut an bei den Funktionären im Verband, aber das scheint der energiegeladenen Akhondi egal.
Sie kennt sich aus mit Männern, die mit selbstbewussten, starken Frauen Probleme haben. Dazu zählte auch einst ihr eigener Vater. Der lehnte es anfangs ab, dass Azam Fußball spielen wollte. Wie es so viele Familien in Iran tun. Doch Azam setze sich durch. Heute ist er stolz auf die erfolgreiche Tochter.
Der Ausweg: Futsal und Fitnessstudio nur für Frauen
Auch das sei ein Hindernis für den weiblichen Fußballnachwuchs, dem Akhondi auf ihre Art begegnete, erzählt sie. Sie gründete in ihrer Heimatsstadt Isfahan ein eigenes Frauen-Fitnessstudio, in dem sie auch spezielle Futsal-Kurse für Mädchen anbietet. Und das rund um die Uhr.
Fragen wie flexible Trainingszeiten für Frauen, Übertragung von Frauenspielen im TV, Angleichung der Gehälter - "das alles sind für iranische Fußballerinnen wichtigere Punkte als die Pflicht, auch beim Training und den Spielen das Haar zu bedecken und einen Sport-Hijab zu tragen," sagt Azam Akhondi.
Iranische Frauen dürfen nur mit Kopftüchern im Freien Fußball spielen.
Quelle: Fotograf hollandse hoogte
Tabu: Weibliche Fußballfans bei Männervereinen
Das Kopftuch sei für sie im internationalen Vergleich ein Nachteil, sagt Sarah Khajavi, Torhüterin der Frauen-Nationalmannschaft im Feldfußball. "Doch wir haben uns damit arrangiert." Nicht arrangiert habe sie sich jedoch mit dem Stadionverbot für Frauen bei Männerspielen. "Es ist mein Recht, meinen Lieblingsverein zu sehen," sagt Khajavi.
Vor wenigen Tagen erst hat der iranische Fußballverband nachgegeben und in einem ersten Schritt Frauen in drei Stadien des Landes bei Ligaspielen der Männer als Zuschauerinnen zugelassen.
Anfeindungen und Drohungen gegen Irans Fußball-Verfechterinnen
Das sei auf Druck der Fifa geschehen, vermutet Fatemeh Ebrahimi, zurzeit die einzige Sportjournalistin in Iran, die sich auf Frauensport spezialisiert hat. Auch sie kämpft für mehr Aufmerksamkeit für Irans Fußballfrauen und für die bessere Bezahlung der Profis. "Dafür wurde ich schon oft angefeindet und bedroht," sagt Ebrahimi.
Es sei ein langer Weg, sagt Ebrahimi, "aber wir werden unser Ziel erreichen."
Jörg Brase ist ZDF-Korrespondent für Türkei, Iran und Afghanistan.